Namibia 5. Teil
30.06. - 14.07.2020
Pünktlich um 9.00 Uhr stehen wir am Galton
Gate vom Etosha NP. Wir lösen unser Tagesticket von 80,-N$/Person und
Tag und 10,-N$ für das Fahrzeug. Nur wenige Meter weiter und wir sehen
schon die ersten Giraffen. Vorne übergebeut, um an den kleinen Akazienbaum
zu gelangen. Wir freuen uns auf das erste Wasserloch. Im ganzen Park sind
Wasserstellen verteilt, die meisten von ihnen werden mit Solarstrom betriebene
Wasserpumpen gespeist. Hier sammeln sich die meisten Wildtiere fast täglich,
um ihren Durst zu löschen.
Jede Menge Zebras sind gerade am Saufen. Jedes Tier hat ein individuelles
Streifenmuster, angeblich gleicht keines dem anderen. Dazwischen sonnen sich
die Springböcke, die hier überhaupt nicht scheu sind. Auf der Nutupsdrift
Farm, wo wir den Lockdown verbracht haben, haben uns die Tiere schon über
hunderte von Metern gerochen und die Flucht angetreten. Im Etosha kann man
sie fast vom Auto aus streicheln ;-)
Eine Riesentrappe, der größte flugfähige Vogel, läuft von uns weg. Eine tote Schlange am Boden. Immer wieder bleiben wir stehen und beobachten durch unser Fernglas Gnus, Oryxe, Strauße, Kuhantilopen, Kudus und die größte Antilopenart - die Elenantilope.
Die erste Nacht verbringen wir im Camp Olifantsrus. Von Sonnenaufgang bis
zum Sonnenuntergang darf man auf den ausgewiesenen Pisten im Etosha auf Safari
gehen. Sobald die Sonne untergeht schließen sich die Tore vom Camp und
man sollte innerhalb der Umzäunung des Camps sein, andernfalls drohen
hohe Geldstrafen und der Parkverweis. Wir dürfen uns einen Platz aussuchen
- wir sind ohnehin die einzigen Touristen. Alle NWR Camps in Namibia haben
ein "Covid-19 Spezialangebot". Anstatt ca. €20,- für das
Campen pro Person pro Tag, kostet es bis Ende August nun €5,-. Also werden
wir uns einige Tage Zeit lassen, um den ca. 23.000km²großen Park
von West nach Ost zu queren.
Im Hof steht ein Megakran. In den 1980er Jahren wurden Elefanten zu Fleischkonserven
verarbeitet, um der Überpopulation Herr zu werden. Kritische Stimmen
haben dieses Unterfangen bald eingestellt. Grauenhafte Vorstellung!
Die beleuchteten Wasserlöcher an den Camps
sind der volle Hammer. Zum Sonnenuntergang findet sich eine Kuhantilopenfamilie
ein. Sie knien sich beim Saufen mit den Vorderläufen nieder.
Aufgewirbelter Sand in der Ferne und schon kommen sie angetrabt. Eine 16köpfige
Elefantenherde steht rund um das Wasserloch und saugen gierig einige Liter
in ihre Rüssel. Wolfi steht den Elefanten nur 2m entfernt gegenüber,
gesichert durch ein Panzerglas. Die Sonne ist bereits untergegangen, das rote
Licht, welches die Tiere angeblich nicht stört, geht an. Jedoch fühlen
sie sich nicht sonderlich wohl, denn nachdem sie ihren Durst gestillt haben,
sind sie auch schon wieder weg. Normalerweise brauchen die Elefanten immer
sehr lange am Wasserloch, sie genießen das kühle Nass und den Staub,
den sie mit ihren Rüsseln aufnehmen - zumindest beobachten wir das sehr
oft an den vielen Wasserlöchern.
Ein durchgehendes Waschbrettmuster auf der Piste
- es geht recht holprig weiter in den Westen des Parks. Akazien- und Mopanesträucher
entlang des Weges. Zwischendurch immer wieder Grasflächen, naja eigentlich
ist es schon Heu. Nur die gedrehten Hörner der Springböcke ragen
aus dem Gras. So gut getarnt sind sie.
Beim Sonderkop Wasserloch machen wir Mittag. Es hat schon seine Vorteile,
mit einem großen Womo unterwegs zu sein, wenn man noch dazu vom Fahrerhaus
zur Wohnkabine einen Durchgang hat, denn im gesamten Park ist das Verlassen
des Fahrzeuges strikt verboten. Wenn man dieses Privileg nicht hat, gibt es
ausgewiesene Picknickplätze, eingezäunt mit einem Tor zum Schließen,
welche man ansteuern muss, um aussteigen zu dürfen.
Während Verena die Thunfischnudeln zubereitet,
trifft sich vor dem Küchenfenster die ganze Vielfalt Namibias Tierwelt.
Das Wasserloch ist groß genug für die unzähligen Strauße,
Zebras, Springböcke, Oryxe und Streifengnus. Der Sekretär Vogel
stackst ganz wichtig umher.
Eine kleine Giraffenherde kommt näher. Ganz vorsichtig, immer wieder
links und rechts blickend, machen sie einen Schritt nach dem anderen nach
vorne. Endlich nach vielen Minuten ist es so weit, das erste Giraffenmännchen
spreizt die Vorderbeine und lässt seinen langen Hals runter zum Wasser.
Die extreme Achtsamkeit rührt daher, wenn ein Löwe nun einen Angriff
starten würde, hätte die Giraffe in dieser Stellung keine Chance
zu entkommen. Es würde zu lange dauern, bis sie bereit zur Flucht wäre.
Die nächste Nacht verbringen wir am Okaukuejo Camp. Viele einheimische Touristen sind hier, das Spezialangebot in den Bungalows am Wasserloch, wo man vom privaten Balkon aus, die Wildtiere beobachten kann, lockt. Es sind sogar einige Camper am Platz. Aber wir haben keine Zeit zum Ratschen, denn das nächste Wasserloch ruft. Oft treffen zum Sonnenuntergang Elefanten ein, heute jedoch leider nicht.
Ein kleines schnelles Abendessen und wir sind schon wieder mit dicker Jacke, Haube und Decke zurück am Wasserloch. Dieses abendliche Spektakel ist besser, als jedes Freilichtkino. Die Darsteller sind meist die Spitzmaulnashörner. Mit einer fiepsenden Stimme, die so gar nicht zu diesen mächtigen Tieren passt, wird mit dem Nachwuchs kommuniziert. Kommen die Bullen, die meist Einzelgänger sind, wird das Wasserloch schon mal lautstark und mit stossendem Horn von der Mutter verteidigt. Ein mutiger Waffenkibitz stellt sich in die Mitte der sich gegenseitig anfauchenden Nashörner. Das kleine Vogerl breitet ihre Flügel aus und schimpft lautstark darauf los, dass sogar die mächtigen Tiere beeindruckt sind, denn tatsächlich weicht eines der Nashörner vom Vogel zurück, unglaubliches Kino! Das kreischende Organ ist wahrscheinlich die "Waffe" des Vogels, daher wohl der Name ;-) Vielleicht tut es den Nashörnern sogar in deren sensiblen Ohren weh?!
Elefanten sind die Hauptdarsteller. Wenn die kommen, müssen alle anderen
Tiere vom Wasserloch verschwinden, besonders wenn Jungtiere dabei sind. Dann
werden alle Seiten von halbstarken Elefantenbullen gesichert. Kommt jemand
zu nahe, werden gleich die Ohren weit ausgestellt und trompetet. Wenn die
alten Bullen ans Wasserloch kommen, reicht schon das Stehenbleiben und das
Großmachen ihrer Ohren, vielleicht noch etwas Ohrenwackeln und die Nashörner
nehmen Reißaus.
Es ist spannend, man weiß nie, wie der Film weitergeht und welche Nebendarsteller
noch auftauchen werden. Wenn trotz Handschuhe die Finger den Auslöser
der Kamera nicht mehr betätigen können, ist es soweit - es braucht
Glühwein. Im entlegenen Opuwo haben wir Rotwein eingekauft (welcher sich
hervorragend für Glühwein eignet) und der wärmt uns schon sehr
bald auf.
Weite Grasebene vor uns, die Büsche sind
verschwunden. Heute drehen wir eine Runde um die nächstgelegenen Wasserstellen
und kehren am Abend wieder zum gleichen Camp retour. Am Rande der Salzpfanne
sollten öfters die Löwen gesichtet werden. Ein Safaribesucher erzählt
Verena, dass sie gestern beim Okondeka Wasserloch 12 Löwen gesehen haben.
Ganz neidisch hört sie sich das an und kurz darauf sind wir zu dem besagten
Wasserloch unterwegs. Doch wir haben dieses Glück nicht, denn es lässt
sich kein Löwe blicken.
Wir sehen die ersten Impalas, sehr schöne Antilopen, schmecken auch hervorragend
;-) Wenn sie ihren kurzen Schwanz in die Höhe strecken, wird er schön
buschig, was dann wunderschön aussieht.
Wir fahren an der 4.731km² großen Pfanne entlang. Sie ist meist trocken, nur nach heftigen Regenschauern während der Regenzeit ist sie kurzzeitig überflutet. Kleine Wasserpfützen am lehmigen Boden sind heute noch zu sehen. Die Vögel haben ihren Spaß darin. Das Salz in der Pfanne wird von den Tieren gebraucht. Schabrackenschakale streifen durch das lange Gras am Ufer.
Wir beschließen den Kaffee am nächsten
Wasserloch zu trinken und sind gespannt, welche Tiere wir dort vorfinden werden.
Als wir beim Nuamses Wasserloch eintreffen, auf den ersten Blick sieht es
vereinsamt aus. Keine Wildtiere zu sehen. Da hört die Verena ihren Wolfi
schon sagen: "I werd narrisch, schau do!" 3 Löwinnen mit 2
Jungen saufen gerade. Mit ihrem hellen Fell sind sie kaum vom Gras zu unterscheiden.
Die Freude ist groß. Stundenlang beobachten wir die prächtigen
Tiere. Sie machen einen vollgefressenen Eindruck. Die 3 Weibchen, wovon eines
trächtig sein muss, legen sich zwischen den Felsen in den Schatten und
pennen. Wenn das Kleine sie anstupft, rollt sich die Mutter auf den Rücken,
streckt die Hinterbeine in die Höhe und schläft weiter. Die Jagd
muss erfolgreich gewesen sein. Die beiden Kleinen toben herum und spielen
miteinander. So cool zum Anschauen. Der Löwe hat sich seit unserer Ankunft
nicht mehr gerührt. Wir haben ihn noch stehend unter dem Baum erblickt.
Aber seitdem liegt er mit allen vieren ausgestreckt am Rücken und lässt
es sich gut gehen.
Die Sonne neigt sich immer mehr dem Horizont, eigentlich sollten wir uns auf
dem Weg zum Camp machen, bevor die Tore geschlossen werden. Doch wir können
uns nicht von ihnen trennen. Noch 5 Minuten, nochmals 5 Minuten und wieder
5 Minuten Aufschub bis wir schließlich die Löwenfamilie verlassen.
Gerade noch rechtzeitig fahren wir im Halali Camp ein. Nach dem Einchecken rollen wir direkt zum Wasserloch. Mit unserem Müsli in der Hand sitzen wir 1. Reihe in der tribünenartigen Arena, wo man einen tollen Blick auf das Wasserloch hat. Nur von einer kleinen Steinmauer getrennt von den Wildtieren. Welcher Film erwartet uns heute? Wir werden nicht enttäuscht, es wird wieder ein spannender Abend mit vielen verschiedenen Akteuren. Um 23.00 Uhr treibt uns die Kälte ins Bett.
Beim Mittagessen an einem schön gelegenen Wasserloch gibt es Besuch von einer Elefantenherde. Ein Weißbürzel Singhabicht hat sich eine Schlange geschnappt. Den Kopf hat er von der Kapkobra schon verspeist, auch die Gedärme pickt er bei lebendigem Leib heraus, die Schlange windet sich noch sehr lange. Es muss ein qualvoller Tod für sie sein, wahrscheinlich gleich qualvoll wie für ihre Opfer, die sie beißt. Ist das die Gerechtigkeit der Natur?
Rund um die Fischerspfanne sind ganz viele Vögel
unterwegs. Die Gabelracke ist seit Tagen unser Begleiter. Sehr viele dieser
farbenfrohen Vögel sind jeden Tag zu sehen. Die Tokos picken ganz eifrig
Fressbares vom Boden.
Vor uns trabt ein Elefant auf der Piste. Es sind nur noch wenige Meter bis
zum nächsten Camp, also wird er zu dessen Wasserloch unterwegs sein?!
Seinen Rüssel reibt er am Termitenhügel, wahrscheinlich wird er
ihm wohl jucken.
Genau rechtzeitig zum Sonnenuntergang treffen wir uns tatsächlich mit
dem Elefantenbullen am Wasserloch beim Namutoni Camp. Als ob wir uns verabredet
hätten.
Achja, die Sonnenuntergänge. Die sind manchmal so unglaublich schön,
dass man an eine Inszenierung des Tourismusministeriums glauben könnte.
Die Sonne geht auf, der Wecker klingelt. Kaum die Augen offen, sind wir schon unterwegs zum Groot Okevi Wasserloch. Dort wollen wir frühstücken und dabei die Tiere beobachten. Doch so weit kommen wir gar nicht. Tüpfelhyänen liegen auf der Piste, die Schakale umkreisen den Busch. Was ist da los? Und dann erblicken wir sie. 2 Löwinnen, die mit ihren Jungen die erlegte Beute verzehren. Unter einem Busch versteckt, sind sie mit Fressen beschäftigt. Die Kleinen laufen ganz emsig umher. Bestimmt 10 Hyänen und noch mehr Schakale warten ganz geduldig, bis die Könige des Nationalparks ihr Fressen beendet haben. Wir sind fasziniert.
Heute ist unser letzter Tag. Bis Mittag müssen wir den Park verlassen
haben, sonst wird noch ein Tagesticket fällig. Als ob die ganze Palette
an verschiedenen Tieren vorbeikommt, um Tschüss zu sagen, denn auf dem
kurzen Weg zum Von Linquist Gate können wir uns von Giraffen, Steinböcken,
Zebras & Co verabschieden.
Am Campingplatz in Tsumeb widmen wir uns dem Amigo. All die rausgepäppelten Schrauben müssen wieder ihren Platz finden. Alle Schrauben an Schränken und Läden werden nachgezogen. Solch grausige Rumpelpisten fordern ihren Tribut. Amigo wird abgeschmiert und unten rum kontrolliert. Dabei entdeckt Wolfi eine Undichtheit beim vorderen Achsschenkellager. Das rechte haben wir erst in Windhoek erneuert, nun gehört vielleicht das linke gemacht. Aber das hat Zeit, erst in einigen Wochen in Windhoek werden wir uns darum kümmern.
Wir stehen an einem tollen Wiesenplatz inmitten hoher Bäume. Das türkisblaue Wasser des Pools mit olympischen Format leuchtet einladend rüber, aber zum Schwimmen ist es zu kalt. Leider! Der Braaiplatz ist ein Hammer, sehr cool designt. Es gibt nun jeden Tag Gegrilltes - Boerwurst, Steaks, Fisch and Riesenchampignons.
Wenn die Sonne untergegangen ist, sitzen wir
warm angezogen rund um das Feuer. Den letzten Abend versüsst uns Darren,
ein Neuseeländer mit seinem Landy in Afrika unterwegs. Unter anderem
kommen wir auf das Border permit zu sprechen. Jenes Papier, welches wir an
der Grenze bezahlt haben, um Namibias Straßen benützen zu dürfen.
Tatsächlich steht da ganz unten klein gedruckt, dass es nur 3 Monate
gültig ist. Wenn die Polizei uns aufhält und das abgelaufene Papier
sieht, sollten wir eine Strafe von 5.000,-N$ entrichten. Das ist doch etwas
hoch.
Gleich am nächsten Morgen erkundigen wir uns an der Rezeption wo es in
Tsumeb eine Road Administratory gibt. Etwas außerhalb der Stadt, gleich
gefunden, reihen wir uns in die Warteschlange ein, um dann am Schalter die
Nachricht zu erhalten, dass wir das Border Permit nur in Windhoek, in Walvis
Bay und an den Grenzübergängen verlängern kann. Alle Orte sind
weit weg, oje... Nun ist guter Rat teuer und so verlassen wir die Stadt auf
kleinen Straßen, denn auf der Hauptroute, wenn man stadtauswärts
fährt, passiert man einen großen Kontrollpunkt.
Aufgrund Corona gibt es nun bei allen größeren Städten solche
Kontrollstellen und man weiß nie, was die so alles sehen wollen. Der
erste Versuch endet in einer Sackgasse, beim zweiten Versuch landen wir mitten
in Tsumebs Township. Acha, hier endet auch der Asphalt und die Straße
wird zur wilden Piste, sehr eng mit tiefhängenden Stromkabeln. Die Leute
schauen uns an, als ob wir Außerirdische wären. Wahrscheinlich
werden da nicht sehr viele Weißnasen durchkommen. Alles geht gut und
schon bald erklimmen wir auf einer illegalen Auffahrt die Umfahrung und sind
unterwegs nach Grootfontein. Auch diese Stadt lässt sich auf einer kleinen,
gut ausgebauten Piste umfahren. Bevor wir die Provinz verlassen, biegen wir
in die C44 rechts ab Richtung Kalahari.
Wir befinden uns in Buschmannland. In Grashoek besuchen wir das Ju!Hoansi Living Museum. (Das Rufzeichen wird für einen Klick verwendet - Klicksprache) Erst am späten Nachmittag rollen wir im abgelegenen Dorf ein. Der Motorenlärm lässt die Kinder aus allen Richtungen anlaufen, um uns mit lautstarken Gebrüll Willkommen zu heißen. Sofort sind wir umringt. Etwas abseits stehen die Erwachsenen und meinen, Elias, der Administrator des Museums wird gleich kommen. Angrenzend gibt es einen einfachen, sehr schön gelegenen Campingplatz, etwas abseits vom Dorf. Von all den Angeboten, die zur Auswahl stehen, entscheiden wir uns für den "Action day" am nächsten Tag.
Die Buschmänner oder San, wie sie im südlichen
Afrika genannt werden, haben über Jahrhunderte als Jäger und Sammler
gelebt. Männer haben Wild gejagt und Frauen Früchte, Knollen und
Wurzeln gesammelt. Alles was sie zum Leben brauchten, hat ihnen die Natur
gegeben. Kleidung aus dem Leder, Tiersehnen und Knochen für Werkzeug
und Waffen, Medizin aus Bäumen und Sträuchern. Wie so viele Urvölker
waren sie eins mit der Natur.
Große Landstriche wurden ihnen weggenommen, der fruchtbare Boden wird
für die Viehwirtschaft gebraucht, große Flächen werden zu
Nationalparks umgewidmet und Jagen ist darin natürlich verboten. Also
wurde den San, wie so vielen Urvölkern dieser Erde, die Lebensgrundlage
genommen. Sie sind zur Sesshaftigkeit gezwungen. Einige haben sich in Rinderhaltung
unterweisen lassen und andere leben von den Touristen, wo sie unter anderem
im "Living Museum" ihre Kultur und alte Lebensweise vermitteln.
Das Living Museum ist ein Freilichtmuseum mit lebendigen Darstellern.
Vor dem Sonnenuntergang spazieren wir ins Dorf. Bei den ersten Hütten
sitzen einige Erwachsene am Boden, vor ihnen ein großes Tuch, auf dem
ein Spiel aufgezeichnet ist. Die Spielsteine sind aus Flaschenverschlüssen
in verschiedenen Farben und Formen ausgeschnitten. Bei genauerer Betrachtung
sehen wir, dass es sich um "Mensch ärgere dich nicht" handelt.
Mit zischenden Lauten wird gewürfelt und man freut sich, wenn man dem
Gegenüber wieder mal einen Stein raushauen kann, wie es halt weltweit
üblich ist. Daneben sitzt eine junge Mutti mit ihrem Baby. Es weint bitterlich
und lässt sich nur schwer beruhigen. Vielleicht hat es Bauchweh, denn
eine gelbliche Brühe stürzt aus dem kleinen Babymund. Eine alte
rauchende Frau daneben, wischt etwas Sand über das Gekotzte, weg ist
das Malheur.
Ein kleines Feuer brennt vor einer Hütte, das Abendessen wird in einem
schweren Gußeisentopf zubereitet. Daneben sitzt ein junges Mädchen,
das halbe Gesicht mit einer schwarzen Paste bemalen. "What`s that?"
Medizin gegen Husten, ist ihre Antwort.
Wolfi ist begeistert von den selbgebastelten Autos aus Draht. Die Autoreifen
sind aus kleinen Dosen oder Plastikverschlüssen. Am Plastikröhrchen,
das als Achse dient, ist ein langer Stab befestigt, mit dem man das Auto lenken
kann. Die Jungs sind ganz stolz auf ihre Arbeit und liefern sich gleich ein
Rennen, während die Mädels ganz schüchtern neben Verena stehen
und sie neugierig betrachten.
Die Sonne ist weg und es wird auch schon kalt.
Am nächsten Morgen um 10.00 Uhr kommen die
Buschmänner anmarschiert. Die Sonnenstrahlen sind noch etwas mager, wir
erwarten sie in Jacke, Socken und Schuhe. Die San stehen bibbernd und mit
einer Gänsehaut überzogen, nur mit ihren Felllendenschürzen
bekleidet, neben uns. Daran haben wir gar nicht gedacht, dass es so kalt sein
könnte.
Der erste Programmpunkt ist Feuer machen. Nur mit zwei Stück Holz und
etwas Sand reiben und das sehr heiße Sägemehl über trockenes
Gras geben, bis es entflammt. Das Feuer tut gut, die San sitzen rundum und
wärmen sich, so bleiben wir erstmal mit ihnen sitzen bis die Sonne höher
steigt und die Temperaturen besser werden. Zeit haben wir ja und die San auch!
Bogen und Pfeile sind ihre Jagdinstrumente, sie sind aus Sehnen, Knochen,
Pflanzen und Ästen hergestellt. Als Spitze diente ein Stachel vom Stachelschwein.
Bei der Hetzjagd, die bis zu 40 Stunden gedauert hat, wurde die Spitze unter
anderem mit einem Gift von gesammelten Larven bestrichen.
Als allen warm ist marschieren wir los. Verschiedenste Bäume, Sträucher und Wurzeln werden uns gezeigt und erklärt. Diese Wurzel ist zum Einreiben bei Muskelschmerzen und tatsächlich riecht es genauso wie unsere gute Salbe aus Thailand. Diese Erdknolle kann wie eine Kartoffel zubereitet werden, jene Rinde ist gegen Tuberkulose. Wir lauschen ganz neugierig und ebenso der Nachwuchs des Dorfes, der uns begleitet. So wird nicht nur den Touristen einiges erklärt, sondern auch den Kindern ihre alte Kultur und Lebensweise näher gebracht, damit sie nicht in Vergessenheit gerät. Teilweise wird die Medizin auch heute noch angewendet, denn das nächste Krankenhaus ist weit weg. "Die Rinde von diesem Baum ist gut gegen Durchfall", erklärt uns der Buschman in seiner Klicksprache, die mit verschiedenen Schnalz- und Klicklauten durchzogen ist. Elias, der perfektes Englisch spricht, übersetzt uns das Gesagte.
Wir fühlen uns sehr wohl unter den lieben, immer lachenden, Menschen. Sie strahlen solch eine Ruhe und Harmonie aus. Es wirkt gar nicht gekünstelt oder gestellt, es kommt eine große Freude beim Demonstrieren ihrer Fertigkeiten rüber. Die Frauen zeigen uns, wie sie traditionellen Schmuck herstellen. Früher wurde er ausschließlich aus klein gehackten Straußeneierschalen hergestellt, welche auch als Zahlungsmittel verwendet wurden. Heute werden allerlei Samen, Blüten, Wurzeln, Holzstücke oder auch Bohnen auf die Armbänder und Ketten gefädelt. Neben dem Campingplatz müssen die Äste und Bäume als Verkaufsshop herhalten. So können sie sich ein kleines Zubrot verdienen. Wolfi darf derweil einen Bogen basteln und bei der Jagd auf ein aus Gras gebasteltes Warzenschwein geht er als Gewinner hervor.
Nach ein paar Stunden Pause geht der Programmpunkt am Abend weiter. Tanz und Musik - wir sind beeindruckt. Auch heute noch werden kranke Menschen neben das Feuer gebettet. Der Medizinmann tanzt sich in Trance, um Kontakt mit den Ahnen aufzunehmen und eine Antwort auf die Frage, welche Krankheit und Behandlungsform für den Patienten anzuwenden sei, zu bekommen.
"Miwii" den lieben San - was so viel wie Danke heißt. Wir wünschen ihnen, dass bald wieder Touristen ins Land dürfen, um ihr Living Museum zu besuchen und somit ein Einkommen zu haben. Uns hat es sehr gut gefallen!
Der Weg führt uns durch die Distrikthauptstadt
Tsumkwe. Viele San hängen rund um die Tankstelle herum. Einige warten
auf Arbeit, andere darauf, dass der Tag vergeht. Durch ihren Kultur- und Lebensraumverlust
sind leider viele von ihnen in die Alkoholabhängigkeit gerutscht. Wir
halten uns nicht lange auf, sondern verlassen die Ansiedlung südwärts
zur Nye Nye Pan.
Wir lassen Luft aus den Reifen, denn der Sand ist weich und tief. Die Akazienbüsche
kratzen am Amgio entlang, dass es einem kalt über den Rücken rieselt
und immer wieder schlägt es die Seitenspiegel ans Fahrzeug. Ja, die meisten,
die hier langfahren sind mit Geländewägen unterwegs...
Die Pfanne hat noch Wasser und hunderte von Flamingos suchen nach Futter.
Die Streifengnus löschen ihren Durst und wir genießen das Schauspiel
auf unserer heutigen Veranda mit einem kalten Bier. Richig kalt wird es dann
auch spät in der Nacht, denn wir erleben hier die kälteste Nacht
in Namibia, das Thermometer zeigt -4,5°C
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