Namibia 2. Teil

24.03. - 03.05.2020

Währung: 1€ = 19,86 N$
Dieselpreis: 1l = 11,73 N$

Covid 19 Pandemie in Namibia: Es gibt noch immer "nur" 16 Infizierte, von denen bereits 4 Personen als geheilt erklärt wurden. In naher Zukunft sollen Massentests an Einheimischen durchgeführt werden. Die Grenzen zu den Nachbarländern sind geschlossen, nur Lkws mit Waren dürfen passieren, um den Lebensmittelnachschub gewährleisten zu können. Spitäler werden in Windeseile aufgebaut und mit gespendeten Beatmungsgeräten und Intensivbetten ausgestattet. Personal wird geschult und freiwillige Helfer ausgebildet. Jeden Tag gibt es neue Nachrichten über Corona und es hört sich alles akzeptabel an. Im ganzen Land gibt es sehr viel Platz, um Menschenansammlungen zu meiden. Wir haben ein gutes Gefühl und so fällen wir eine Entscheidung: Wir bleiben hier.

Die letzte Nacht an der Küste verbringen wir hinter der Saline am einsamen Strand. Bereits beim Einschlafen hören wir das Gejaule der Schakale. Ganz nah müssen sie sein, doch es ist zu finster, um einen auszumachen. Der morgendliche Blick aus dem Fenster gibt uns Recht, rund um den Amigo frische Spuren. Als wir dann am Frühstückstisch sitzen, marschieren 4 Schakale direkt an uns vorbei, weiter zum Strand, bis sie am Horizont verschwinden.

Es wird Salz im großen Stil abgebaut, dicke Gerätschaften fahren am Gelände herum. Angeblich sollte es Streusalz für Europa sein. Die Salzbecken leuchten in der Sonne herrlich von rosa bis violett.

In wenigen Tagen beginnt die Ausgangssperre für die beiden Provinzen Khomas und Erongo. Eine Email klingelt herein - auf diese Nachricht haben wir gewartet, Franziska von der Nutupsdrift Farm hat unsere Nachricht erhalten und umgehend zurückgeschrieben. Wir seien auf ihrer Farm herzlich willkommen. Das freut uns sehr, denn nun ist die nächste Entscheidung gefallen. Wir fahren in den Süden.
Doch davor besuchen wir die Shoppingmall, um uns mit Lebensmittel für die nächsten Wochen einzudecken. Die Versorgungslage ist in der Gegend, in die wir nun fahren, sehr schlecht. Viele Menschen drängen sich durch die Regale, jeder will für den "Lockdown" zumindest Lebensmittelmäßig gerüstet sein. Germ ist ausverkauft, auch beim Obst ist die Auswahl nicht mehr groß, jedoch gibt es noch genug Wein, bei dem wir zum Glück noch zulangen! Wir besorgen den Amigo ein paar Liter Diesel, man weiß ja nie, falls es Engpässe gäben sollte. Dann endlich können wir die Stadt verlassen.

Nur wenige Kilometer entfernt befindet sich die Düne 7, hier bleiben wir über Nacht. Wolfi schnappt sich sein Board und wir erklimmen den hohen Dünenkamm. Der Aufstieg ist echt anstrengend, der Sand rutscht uns unter den Füßen weg, 2 Schritte vor, ein halber zurück. Je höher wir kommen, desto mehr Wind kommt auf und bringt viele Sandkörner mit sich, sie nageln uns förmlich ins Gesicht. Es sind nur noch wenige Schritte, dann sind wir etwas geschützt und der Wind zieht nun über uns hinweg. Beim Runterboarden bemerken wir leider zu spät, dass wir das Board zu wachsen vergessen haben, es pickt regelrecht am Sand. Mit Schwung raufspringen, auf den Bauch liegend, anschieben, Bauchfleck mit Anlauf, wir probieren alles, aber der Erfolg bleibt aus, trotzdem ist es ein lustiger Abend.

Die Siedlerwebervögel haben ein architektonisches Wunderwerk errichtet. Ein riesiger Gemeinschaftsbau zwischen den Ästen. Leider ist niemand zu Hause. Alle ausgeflogen oder sind sie schon weitergezogen? Es gibt nur wenige Bäume hier in der Halbwüste, deshalb geben sich die Vögel mit Reihenhäuschen zufrieden, denn für Einzelhäuschen ist zuwenig Platz. Alles was irgendwie an einen Baum erinnert, wird zum Nestbau hergenommen, auch Strommasten, die man dann nur mehr an ihren Drähten erkennt.

Wir sind im Kuiseb Canyon in der Namib Naukluft und besuchen den Shelter von Henno Martin und Hermann Korn. Verena hat gerade deren Buch mit dem Titel "Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste" fertiggelesen. "Wie passend", denken wir, denn irgendwie fühlt sich diese Coronaepidemie wie Krieg an. Die beiden Männer haben sich 2,5 Jahre im Canyon versteckt, sich vom erjagten Wild ernährt und sind immer wieder dem wertvollem Wasser hinterhergezogen. Abenteuerliche Geschichten wurden niedergeschrieben - ja theoretisch wären wir nun für den Überlebenskampf in der Wüste gerüstet, jedoch praktisch... Als wir ihre Unterkunft unter dem Felsüberhang entdecken, entscheiden wir uns dann doch dagegen. Das Schlafzimmer ist viel zu windig... ;-)


Also bleiben wir nur eine Nacht, bekommen Besuch von einem Bergzebra und einer Herde Oryx. Mit einem Sundowner in der Hand, beobachten wir den wunderschönen Sonnenuntergang. Der Schatten legt sich über die Wände des Canyons und es wird schnell kalt.

Die Pisten sind in bestem Zustand und gerade ist ein Grader am Arbeiten, die "Pads" werden gut gewartet. Es macht Spaß mit hoher Geschwindigkeit darüber zu glühen und eine kilometerlange Staubwolke nach sich zu ziehen. Links geht es auf die Coronafarm... nein da wollen wir definitiv nicht hin. Gerade aus weiter, vor uns kleine Hügel und Bergkämme, zwischendurch ist es nun etwas grüner, die Gräser wehen silbrig im Wind, der Sand in verschiedensten Farben nimmt zu. Eine wunderschöne, doch auch irgendwie unwirtliche Landschaft.


Vor uns ein voller Luftraum? Jede Menge Geier und auch am Boder viele Vögel... was ist da los? Die Geier machen sich über einen toten Vogel Strauß her. Als wir mit etwas Abstand davor stoppen, ist Schluß mit dem Mahl. Keiner reißt mehr Fleischstücke vom Kadaver, alle warten angstvoll ab. Wir beobachten sie noch eine Weile, dann lassen wir sie weiter ihren Schmaus beenden. Verschwendet wird hier nichts, auch wenn es wie in diesem Fall tragisch ist, Zäune fordern Opfer.

Die ganze Strecke seit Walvis Bay sind wir alleine auf der Piste unterwegs und als wir dann Solitaire erreichen sehen wir gleich 4 Menschen, wir wissen gar nicht mit wem wir uns zuerst unterhalten sollen :-)
Im Cafe an der Tankstelle sollte es den besten Apfelkuchen geben, davon wollen wir uns überzeugen. Jedoch hat das Cafe geschlossen, die Touristen sind verschwunden. Wir kommen mit einem Farmer ins Gespräch. Er war gerade im 150km entfernten Rohoboth um Viehfutter einzukaufen, das nun 3 Wochen, solange der Lockdown dauert, reichen sollte. "Heuer hat es bis jetzt nur 11mm geregnet", erzählt er uns. Die Trockenheit ist ein großes Problem, obwohl gerade Regenzeit ist, bleibt das dringend benötigte Nass aus und das nun schon seit Jahren.


Nun haben wir die Provinzgrenze erreicht, wo der Lockdown heute um Mitternacht beginnen sollte. Südlich davon kann man ohne Einschränkungen fahren und reisen, jedoch haben viele Guestfarmen und Campingplätze geschlossen. Das weltberühmte Sossusvlei hat geöffnet und das ist unser nächstes Ziel.
Pünktlich zum Sonnenaufgang stehen wir am Eingangstor, wo sich an normalen Tagen zig Fahrzeuge tummeln, sind wir heute die einzigen. Sossusvlei ist eines der touristischen Highlights von Namibia. 60km sind es nach dem Tor noch zu den bekannten Dünen mit den trockenen Seen. Herrlich leuchtet der rote Sand, während die Sonne langsam höher steigt. Endlich erreichen wir den Parkplatz, ab hier müssten wir in ein Geländewagentaxi umsteigen, denn die letzen 4 km Offroadpiste ist nur für allradbetriebene Geländewägentaxis zugelassen. Alles ist leer, kein Mensch zu sehen, wir lassen Luft aus die Reifen, fahren los und plötzlich so ein Taxi neben uns. "Not allowed to drive here", hören wir aus dem Fenster rufen, doch wir können sie überreden, uns selbst fahren zu lassen.


Endlich sind wir am Sossusvlei! Ein Vlei ist eine Senke, in der sich nach Regenfällen das Wasser sammelt. Als diese Vleis zuletzt mit Wasser gefüllt waren, ist schon einige Jahre aus. Die Dünen rundherum zählen zu den höchsten der Welt. Nur eine kurze Wanderung und wir sind am Deadvlei, von dem wir schon unzählige Fotos gesehen haben... und das noch dazu ganz alleine. Normalerweise muss man hier um ein Foto kämpfen, auf dem man alleine mit den Sandbergen abgelichtet ist. Autobusse voll mit Touristen tagtäglich, der Normalzustand. Heute haben wir die tolle Landschaft ganz für uns alleine - was für ein Privileg
Irgendwie ist es eine gespenstische Stille, kein Laut, kein Flugzeug am Himmel nicht mal ein Vogel zwitschert. Wir erklimmen einen Dünenberg, wandern dort die nächsten Stunden herum und genießen den Ausblick auf das Vlei. Traumhaft schön!!! Käfer und Eidechsen ziehen filigrane Muster in den Sand und wir entdecken Oryxspuren denen wir folgen. Jetzt noch der Anblick eines über die Düne schreitenden Oryx, das wäre ja doch der Hammer! Doch leider ist es uns nicht vergönnt. So genießen wir die Aussicht, bis uns die Hitze zum Umkehren zwingt.

Während dem Mittagessen wird es laut, Spatzen kommen immer näher und fordern frech Futter. Sie haben Hunger, denn die Essensbrösel der ausbleibenden Touristen fehlen ihnen, umso mehr freuen sie sich über unseren Biomüll und einigen Schalen Wasser, die in wenigen Minuten geleert sind.

Während des Luftaufpumpens sehen wir dann das Oryx, zwar nicht auf der Düne, wie in den Dokus, sondern unter einem Baum im Schatten liegend. Hat jetzt wohl Urlaub, wenn die Touristen ausbleiben. Wir beäugen uns gegenseitig, bis wir den Motor starten und aus Sossusvlei rausfahren.
Im Sesriem Canyon folgen wir dem Flußbett. Der Fluss Tsauchab hat sich in 3 Millionen Jahren in das Konglomeratgestein gegraben. Leider ist jedoch bald mal Schluß mit Wandern, weil große gefüllte Wasserlöcher uns den Weg versperren.

Irgendwie haben wir das Gefühl im falschen Film gelandet zu sein. Kein Auto, kein Mensch.........sind wir die einzigen, die noch übrig sind? Wir sinieren so vor uns hin... denken an "Mad Max" oder "Book of Eli" doch plötzlich sind wir schlagartig munter - uns kommt ein Auto entgegen. Fahren wir eh auf der richtigen Seite? Ein Toyota mit holländischen Kennzeichen. Wir stoppen, reden über die Motorhaube hinweg (sicher ist sicher) also sind wir doch nicht die einzigen auf der Welt ;-) und auch nicht die einzigen Touristen, die hier im Land geblieben sind. Kerensa und Boris kommen vom Naukluft Park, wo wir hin wollen. Wir tauschen unsere Nummern aus und wollen in Kontakt bleiben.

Mittlerweile ist die Rückholaktion der Deutschen voll angelaufen. Letzte Woche haben wir uns bei der österreichischen Botschaft in Pretoria (Südafrika), welche auch für Namibia zuständig ist, online registriert. Damit sie Bescheid wissen, dass wir hier sind, falls es Schwierigkeiten im Land geben sollte. Uns wurde sogar ein Platz im letzten Flugzeug nach München angeboten, welchen wir aber dankend abgelehnt haben. Wir bleiben hier und hoffen, dass es das Land nicht allzu hart treffen wird.

 

Im Namib Naukluft Park wollen wir eine Wanderung unternehemn. So lange wir noch etwas rumreisen dürfen, wollen wir die Freiheit noch genießen und eine weitere Schönheit Namibias entdecken. Der 10km lange Olive Trail ist Ziel unserer Begierde. Wanderschuhe an, den Rucksack gepackt - so kann es los gehen. Mit weißen Fußabdrücken markiert, zieht sich der Weg den Kamm entlang hoch. Es muss wohl hier etwas mehr regnen, denn wir entdecken verschiedene Pflanzen, eine Maus lugt aus der Felsspalte hervor. "Verena bleib stehen, schau da vorne" - ein Zebra schaut uns mit neugierigen Augen an. Jedoch ist es so scheu und schon bald verschwindet es den Berg hoch.
Immer mehr Wolken ziehen heran, auch gut, dann ist es nicht so heiß zwischen den Felsen, denn der 2. Teil der Wanderung führt uns durch einen Canyon. Die meiste Zeit sind wir nun im sehr steinigen Flussbett unterwegs, wir kraxeln über Felsblöcke und schließlich ist da auch noch eine abenteuerliche Wand zum Überwinden mit einer Eisenkette zum Festhalten.
Plötzlich frische Kotspuren mitten am Pfad die ganz nach Leopardenlosung aussieht. Die menschenähnliche, welche überall rumliegt ist von den Pavianen. Hier zwischen den Felsen gibt es sicherlich kleinere und größere Höhlen, das perfekte Versteck für eine Großkatze. Hoffentlich ist sie nicht allzu hungrig!!!

Das Naukluft Massiv ist mit verschiedenstem Gestein und unterschiedlichsten Farben aufgeschichtet, überlappt und verworfen worden. Sehr schön anzusehen und ziemlich beeindruckend. Bald darauf häufen sich die Knochen, wir vermuten von Zebras. Jawohl, etwas später am ausgedörrten und ausgehöhlten Skelett kann man es gut erkennen.
Die Klippspringer beäugen uns ganz vorsichtig, drehen dann ab und springen den felsigen Berghang hoch. Hinter dem nächsten Hügel: Die 5köpfige Kudufamilie steht unter einem schattigen Baum und wartet ab, was wir machen. Wir gehen vorsichtig einen Schritt vorwärts, schon laufen sie davon.

Den Camping im Park haben wir für uns ganz alleine. Ohne im Vorfeld gebucht zu haben, bekommt man normalerweise keinen Platz. Nun bietet uns das nette Personal einen Sonderpreis an, denn wir seien die einzigen Gäste. Oh - Danke! Überall sehen wir Warnhinweise wegen der Paviane. Die Duschen sind versperrt, damit die frechen Tiere nicht zum Wasserhahn kommen. "Schon oft haben sie in Campingautos eingebrochen indem sie die Dackluken aufreißen," erzählt uns Mary von der Reception. Also parken wir unseren Amigo am nächsten Tag neben der Reception, während wir einen kleinen Spaziergang zum Wasserloch machen. Glasklares Wasser kommt hier vom Berg runter - welch eine Augenweide in der so trockenen Umgebung.

Links und rechts der Piste entlang Zäune. Jeder hat seine Farm eingezäunt. Ist ja auch irgendwie verständlich, besonders wenn es sich um eine Game Farm (Wildtierfarm mit Jagd) handelt. Kauft man Wildtiere zu, so möchte man diese auch behalten und nicht davonrennen sehen. Doch der Zaun schützt auch nur bedingt.
Andererseits sind diese Zäune gewaltige Hindernisse für viele Wildtiere. Oft sehen wir die Überreste von Springböcken die über den Zaun springen wollten, dabei hängengeblieben und qualvoll verendet sind.
Vor uns laufen 2 Zebras, sie kommen von der Piste nicht weg, links und rechts der Zaun. Wir fahren ganz langsam, halten Abstand. "Nein", brüllt Verena. Das eine Zebra kommt mit einem Sprung gut über den Zaun, das andere verhängt sich mit den Hinterläufen darin. Was tun? Wolfi stoppt, will mit einer Beißzange den Zaun aufschneiden und dem Zebra so aus der mißlichen Lage befreien. Während wir noch diskutieren, ob das eine gute Idee ist, kann sich das Zebra von selbst befreien. Glück gehabt! Man sieht zwar frisches Blut am Boden, jedoch macht es einen recht fitten Eindruck, während es davonläuft.

"Beim metallenen Aasgeier auf dem Schild müsst ihr abbiegen", so die Wegbeschreibung von Franziska. Die Zufahrt zur 20.000 Hektar großen Farm ist 12km lang. 12km Offroad. Das Land ist trocken, nur dorniges Gebüsch wächst auf dem kargen Boden. Von weitem sehen wir die großen Eukalyptusbäume, mittendrin steht das Farmhaus. Wir werden freundlich aufgenommen. Franziska, gebürtige Deutsch-Namibianerin, ist zum Studieren nach Deutschland gegangen, viele Jahre dort geblieben, bis sie die Elternfarm nach dem Tod ihres Bruders übernommen hat. Ihr Mann Peter ist gebürtiger Engländer, jedoch schon in Teenageralter mit seinen Eltern nach Namibia gezogen und geblieben.
Außer den beiden gibt es noch 8 Ziegen, 2 Schafe, 4 Hunde, 3 Katzen, 40 Hühner und ein paar kleine Schildkröten. Hier wollen wir die nächsten Wochen verbringen, uns ins Farmleben integrieren und die Coronakrise sowie den zu erwartenden Lockdown aussitzen.

Die Farm ist komplett autark. Strom beziehen sie von der Sonne, die über Solarpanele die Batterien auflädt. Das Wasser kommt aus der arthesischen Quelle, die in den 60er Jahren durch Zufall entdeckt wurde. Seitdem sprudelt das Wasser aus 200m Tiefe unaufhörlich.

Damit uns nicht langweilig wird, nehmen wir uns den Garten an, das machen wir beide sehr gerne und es gibt genug zu tun. Die beiden Gewächshäuser sind meterhoch mit Unkraut überwuchert. Doch bevor wir dorthin gelangen, roden wir den Urwald rundum, damit wir sehen, wohin wir steigen. Nicht, dass wir aus Versehen auf eine Kobra treten. Umstechen, die Unkrautwurzeln aus der Erde holen, Kompost einarbeiten, Beete anlegen, einsäen, gießen und die Mausvögel vertreiben, denn die fallen nun regelrecht über die Tomaten her, die vorher unsichtbar unterm Unkraut verborgen waren. So beschäftigen wir uns vormittags für ein paar Stunden, der Rest des Tages ist für uns.

Am Spätnachmittag, nach Wolfis meist verspäteten Mittagsschläfchen und dem Kaffee geht´s los auf unsere Walkingrunden, so lernen wir die Farm kennen. Hin und wieder sehen wir eine Herde von Springböcken, die jedoch immer schnell fliehen. Auf dem großen Grundstück sind einige Wasserstellen, an denen sich das Wild einfindet. Viele Kothauferl, noch mehr Spuren - Wolfi probiert sich als Fährtenleser und studiert fleißig das ausgeborgte Buch über die Tiere im südlichen Afrika.
Wenn wir ostwärts marschieren, ist es etwas steinig mit vielen kleinen Dornenbüschen. Dort werden wir jedesmal lautstark von der Vogelmama begrüßt. Wahrscheinlich hat sie in den Büschen ihr Nest und will unsere Aufmerksamkeit auf sich lenken, indem sie lautstarkt schnatternd wegfliegt und dabei eine Schleife dreht.


Verstreute Tierknochen, abgefallene Stacheln vom Stachelschwein, Trophäen von Springböcken und Warzenschweinen, am Boden liegende Eier eines großen Vogels, welcher kein Nest baut.
Der Boden ist unglaublich trocken, heuer hat es bis jetzt 20mm geregnet - das ist viel zu wenig für die Regenzeit die seit Dezember herrscht. "Seit 9 Jahren fällt immer zu wenig Wasser", erzählen uns die beiden. 120-180mm seien normal und man kann farmen. Viele haben ihren Farmbetrieb auf Ziegen oder Guesthausbetrieb umstellen müssen. Ziegen sind sehr anspruchslos. Sie lieben dorniges Gestrüpp, welches hier genug gibt.

Wenn wir den Ziegen das grüne Unkraut ins Gehege werfen, warten sie ein paar Tage, bis es dürr ist, dann fressen sie es erst - also geben wir es lieber den Hühnern. Den Ziegens Leibspeise sind die "Ohrwaschelkaktus" und Wolfi macht es Freude, sie jeden Morgen mit einem Schubkarren voll mit diesen Leckereien zu verwöhnen. Bärli und Schwänli sind besonders keck und wollen immer die ersten Happen, dafür lassen sie sich dann kraulen, an der Nase gefällt es ihnen besonders. Bock Bruno stinkt wie ein Iltis, kein Wunder, pisst er sich doch immer wieder auf seine eigenes Maul... Am Wochenende lernen wir Ziegenfleisch kennen, Franziska bratet eine hervorragend schmeckende Ziegenkeule. Eine Premiere für uns.

Weit und breit sind keine hohen Bäume, also kein Wunder, dass sich die Vögel hier rund ums Farmgebäude wohlfühlen. Jeden Tag können wir den Bussard beobachten, wie er seine Kreise zieht und sich dann beim alten Strommasten niederlässt und die Umgebung beobachtet. Auch die Springböcke kommen ganz nah heran. Das kostbare Wasser an den Wasserstellen rund um das Farmgebäude lockt sie an, so können wir sie gut aus unserer Haustüre beobachten.
Schlangenalarm: Beim Wasser Aufdrehen, sieht Wolfi eine braune Kobra unter den Blättern hervorschlängeln. 2 Stunden später schlängelt sich eine schwarze Schlange die Palme hoch. Franziska, die die Schlange mit einer 2m langen Schlangenzange fangen will, tippt auf eine schwarze Mamba, die giftigste Schlange Namibias. Leider entwischt ihr die Mamba aus der Zange und verschwindet zwischen den verdörrten Blättern der Palme. Nach 10 Minuten Feintuning an der Zange sehen wir diese dann nicht mehr. Nichts geworden mit dem Einfangen und Wegbringen.
2 Tage später am Spätachmittag erspähen wir eine ca. 1,5m lange Kapkobra, welche die Piste quert, sie verschwindet unter einem Dornenbusch. Also zählen wir momentan 3 Schlangen auf der Farm. Ein nicht so tolles Gefühl, aber man kann es nicht ändern und irgendwann gewöhnt man sich einfach dran.


Nachmittags dürfen die Ziegen und Schafe frei herumstreunen, pünktlich zum Sonnenuntergang stehen sie dann vor dem Gehege und wollen rein. "Sie fühlen sich hinterm Zaun in der Nacht wohler", so Franziska. Es ist schon mehrmals vorgekommen, dass der Leopard eines der Tiere in der Nacht geholt hat oder vormittags der Gepard.

Franziskas Bruder hatte einige hundert Rinder. Wenn man von der Rinderzucht leben möchte, braucht man schon einige Hektar. Im Norden, wo es um einiges mehr regnet, benötigt ein Rind ca. 8ha bei guten Regen (400-600mm), bei schlechten Regenjahren (200-300mm) 20 ha um satt zu werden. Hier im Süden sind die Regenmassen viel geringer, also müssen die Farmen noch größer sein oder man stellt auf Schafe und Ziegen um. Von der einst stattlichen Herde von ca. 300 Schafen sind nur noch 2 geblieben. Man freut sich über jeden einzelnen Tropfen, der vom Himmel fällt. Doch der ist so dunkelblau, dass weit und breit nichts von Regenwolken zu sehen ist. Bald endet die Regenzeit, der Winter kommt in großen Schritten und dann ist es mit dem Regen vorbei.
Heute Morgen haben wir 11°C, brrr. Mit dicken Socken und dünner Jacke sitzen wir am Frühstückstisch. Sobald die Sonne etwas höher steht, wird es dann auch gleich wärmer, um bis zum Nachmittag wieder an die 30°C zu erreichen.

Nur wenige Schritte entfernt steht das einhundert Jahre alte Farmhaus, das heute als Ferienhaus an Touristen vermietet wird. Ein alter Feigenbaum steht im Eck, der Braaibereich ist gleich nebenan. Im Eck vom Grundstück ist das Kinderhaus, heute würde man Kinderzimmer sagen - weit weg vom Elternschlafzimmer.

Die Unterkünfte der ehemaligen schwarzen Mitarbeiter stehen etwas abseits. Es drängt einem den Gedanke an ein Freilichtmuseum auf. Die Feuerstelle macht den Anschein, als ob sie erst gestern benutzt worden wäre. Die Hausbank hat auch schon bessere Zeiten gesehen...

Die artesische Quelle erlaubt Franziska eine gewisse "Wasserverschwendung" in Form von einem kleinen Pool, die Bewässerung vom Garten und den vielen Zierpflanzen.
Mit Windrädern, die es auf jeder Farm gibt, wird das Wasser an die Oberfläche und dann in einen Wasserbehälter gepumpt. Dafür braucht man nur Wind und der bläst hier meistens. Überall, wo es in Namibia möglich ist, wurden Dämme errichtet, in denen das Regenwasser gestaut und verteilt wird. Es wurden Pipelines und Kanäle in regenärmere Gebiete verlegt. Um das Wasser über große Entfernungen zu pumpen, wird viel Energie benötigt, an der es in Namibia fast ebenso sehr mangelt, wie an Wasser.

Franziska hat einen Solarkocher. Gesehen haben wir diese schon sehr oft, doch noch nie selber darauf gekocht. Diese Erfindung ist für Namibia wie geschaffen, jeden Tag blauer Himmel und Sonnenschein. Kochtopf rauf und keine 5 min später, bruzeln schon die Zwiebel darin. Lammteile und Gemüse rein und so schmort das Stew für die nächsten Stunden. Alle 15 min müssen wir den Kocher der Sonne nachdrehen, um die optimale Sonneneinstrahlung zu bekommen. Lammstew, Rindsgulasch, Eintopf... alles mögliche probieren wir aus und die Gerichte schmecken köstlich. So ein Solarkocher hat schon was... jedoch etwas unhandlich für uns ;-)

Die Gänse und Hühner haben ihre Freude mit uns. Morgens werden wir schon schnatternd und gackernd von ihnen begrüßt nur der Gänserich faucht. Sie sind die vollen Nutznieser der Unkrautvernichtungsaktion im Garten. Franziska erzählt uns vom Legestreik, welchen ihre Hühner derzeit abhalten. Mit gutem Zureden, jeder Menge Grünzeug, sowie einigen Leckerlis in Form von verfaulten Auberginen, überreifen Cocktailtomaten, sowie kleingeschnittenen Liebstöcklstengeln und Petersilie bringen wir die Mädels auf Linie - oder war es der Regen? Was auch immer mittlerweile legen die Chicken jeden Tag 8-10 Eier.
Derweil haben wir uns schon zum 2. Gewächshaus vorgearbeitet. Unter dem hohen Gras kommen Auberginen, Zucchinis, Kürbisse, Einlegegurken, Petersilie, Basilikum und Tomaten zum Vorschein.
Ein Bild von Vorher und Nachher!

Ostern ist es - Verena bäckt einen Reindling. Fleisch und Kren sehen wir nur auf gesendete Osterjausenfotos. Das süße Germteiggebäck schmeckt auch mit Kaffee hervorragend.

3 Wochen sind wir nun auf der Farm. Langsam gehen unsere Vorräte zu Neige. Einkaufen wäre wieder mal angebracht. Doch der Supermarkt ist 160km entfernt. Der Lockdown sollte mit dem heutigen Datum (16.04) beendet sein, doch der Präsident Gangop hat ihn nochmals für 17 Tage verlängert und gleich auf das ganze Land ausgeweitet. Also werden wir uns am Freitag auf den Weg machen, bevor die Ausgangssperre auch für diese Provinz gilt.
Keine 20 Kilometer auf der Piste und die Landschaft ist viel grüner. Sogar einige kleine Tümpel haben sich gebildet. Die vereinzelten Regentropfen, die wir eines Abends bemerkten, sind hier in Form von gutem Regen niedergegangen.
Ein namibianischer Farmerwitz erzählt von zwei Farmern, welche sich an ihrer Grundstücksgrenze treffen.
"Der Eine kommt mit sonnenverbranntem Gesicht und durchgeschwitzem Hut, der Andere mit Regenjacke."



In Mariental beim Supermarkt wartet bereits eine Menschenschlange davor. Es darf nur eine gewisse Anzahl an Kunden gleichzeitig in den Markt. 40 min später und 50 Menschen vor uns, stehen wir noch immer am gleichen Platz. "War vor uns nicht die Dame mit der roten Jacke und hinter ihr der junge Mann mit dem blauen T-Shirt?" Tatsächlich schwindeln sich immer wieder Menschen zwischenrein. Ein Aufpasser des Supermarktes überprüft den Sicherheitsabstand. Mit tadelnder Miene und ausgestreckten Händen zeigt er den Abstand zwischen den Menschen. Alle gehen ein paar Schritte zurück und ordnen sich brav ein. Kaum dreht er sich um, stehen die Menschen wieder in Trauben zusammen, ratschen und lachen. Irgendwie ist das "social distancing" bei der schwarzen Bevölkerung schwer umzusetzen. Uns reicht es, wir scheren aus der Schlange aus und drängen uns auch vor. Direkt vor dem Eingang liegen umgekippte Verkaufswagen, das ist der Abstandmesser. Die junge Mutter vor uns ist endlich an der Reihe, gibt brav ihre Tasche bei der Gepäckdeponierstelle ab, damit sie den Supermarkt betreten darf, wird dann aber von einem "Sicherheitsabstandkontrolleur" aufgehalten, denn das auf dem Rücken gebundene Baby ist im Supermarkt nicht erlaubt. "No family shopping!", das ist aber jetzt wohl ein Witz, oder!? Soll sie ihr Baby etwa auch bei der Gepäckdeponierstelle abgeben? Wir haben echt Mitleid mit ihr, hat sie doch bestimmt schon einige Stunden gewartet, um endlich an die Reihe zu kommen.
Im Supermarkt wird fleißig nachgeschlichtet. Das Angebot ist reichhaltig und so füllen wir unseren Wagen. 10kg Mehl, 5kg Kartoffeln, 5kg rote Rüben, 5kg Zwiebeln, 3kg Joghurt.... der Einkauf muss für die nächsten Wochen reichen. Während dem Lockdown herrscht Alkohol- und Zigarettenverkaufsverbot. Bekanntgegeben wurde dies mit dem Tag des Beginns der Ausgangssperre und somit hat es fast alle kalt erwischt, zum Glück haben wir noch genug Wein. Zigaretten dürfen nach 3wöchiger Sperre wieder verkauft werden.
Der Tankstelle statten wir einen Besuch ab, der Diesel ist günstiger geworden und auch der Kurs des N$ ist gefallen, Bingo für uns! Die Sonne ist schon im Gebiet des "Sundowners", als wir die Farm erreichen. Es war ein langer Tag und wir sind etwas müde. Doch um das rettende Bett zu erreichen, müssen wir vorher noch den Großeinkauf verräumen.

Die Sonnenuntergänge sind traumhaft schön, besonders heute, wo einige Wolken am Himmel sind, leuchtet es in verschiedensten Rottönen. Auch der Mond erscheint irgendwie größer als sonst.


Die Wettervorhersage meldet Regen. Doch die Wolken sind noch weit entfernt. In der Nacht hören wir tropf, tropf, tropf, kontinuierlich regnet es die ganze Nacht. Wir erfreuen uns am Regen für die trockene Erde, deren Bewohner und mit allen Tieren, die das kostbare Nass dringend brauchen. Auch am nächsten Abend fallen wir mit Regentropfen in den Schlaf und am Freitag haben wir Wetterschicht, als es Vormittags zu regnen beginnt und für eine halbe Stunde schüttet. Insgesamt regnet es 26mm... Der Vorplatz der Farm ist ein See - viele Pfützen haben sich in den Senken gebildet.
Die Piste raus zur Straße ist nur mühevoll passierbar, denn der lehmige Boden ist matschig und tief. Man kann zusehen, wie das Wasser wie ein Schwamm vom Erdreich aufgesogen wird, das Gras ist über Nacht gewachsen und die kleinen gelben Blumen werden mehr. Unglaublich wie lange die Pflanzen ohne Wasser überleben können und plötzlich durch ein paar Tropfen wieder zum Leben erweckt werden. Die Dornenbüsche bekommen neue Blätter, rote und blaue Blümchen kämpfen sich den Weg hoch aus dem Erdreich. Im farmeigenen Vlei steht sogar für mehrer Tage das Wasser und der steinerne Nessi schwimmt wieder.

Die Hunde bellen, ein eigenartiges Tiergeräusch dringt an unsere Ohren. Die Sonne ist noch nicht mal aufgegangen, doch die Tierlaute wecken uns. Was ist da los? Immer wieder hören wir ein komisches Grunzen. Am Vormittag erzählt uns Franziska, dass sie mit der Taschenlampe einen Pavian hoch im Baum erblickt hat. Normalerweise sind diese Tiere im Rudel unterwegs und schlafen Nachts. "Hoffentlich ist er nicht tollwütig", meint sie. Sollte nicht das erste tollwütige Tier sein, welches hier tagsüber mit einem schaumenden Maul aufgetaucht ist. Vorsorglich wird das Gewehr hergerichtet. Im Laufe des Tage hören und sehen wir nichts vom Pavian und als wir unsere Walkingrunde drehen, sehen wir seine Spuren in den Norden hoch verschwinden.

Wir haben wieder mal ausgiebig Zeit, uns dem kulinarischen Hobby zu widmen. Verena versucht sich am Laugengebäck, leider ist das Natron nimmer ganz taufrisch, doch sie schmecken herrlich! Besonders gut mit indischem Linsenaufstrich oder zum Wurstsalat mit mexikanischen Minigurken. Kürbiscremsuppe ohne Kernöl, Kürbiskuchen, Schweinsfischerl mit Gorgonzolasauce, Rotkraut. Gefallen finden wir am rohen Rote Beete Salat mit Feta an einem herrlichen Dressing. Der Garten liefert Auberginen, Radicchio, Blattkohl, Paprika und etwas Endiviensalat.
Bei Franziska und Peter sind wir auf Springbockgulasch, gebratener Ziegenkeule, Schweinekoteletts und Boerwurst am Grill eingeladen.

Die Wilderer werden immer frecher. Nicht einmal einen Kilometer vom Farmhaus entfernt, finden wir zufällig eine Wildfalle. Tritt das Tier in die Schlinge, ist es hoffnungslos verloren. "Entlang des Grenzzauns sind solche Fallen nichts ungewöhliches", erzählt uns Peter. Wir demontieren die Falle und entsorgen sie.

Die Wochen vergehen, bald ist es soweit und der Lockdown sollte aufgehoben werden, also würde einem Herumreisen im Lande nichts mehr im Wege stehen. Der Garten ist ziemlich fertig geworden. Fast alle Samen sind aufgegangen und zu stattlichen Pflänzchen herangewachsen, in den nächsten Monaten sollte die Ernte reichhaltig sein.
Tatsächlich erfahren wir dann aus dem Internet, dass ab dem 5. Mai die landesweite Ausgangssperre aufgehoben wird. Nur noch wenige Tage bis zur wiedergewonnen Reisefreiheit, auch wenn die Landesgrenzen geschlossen bleiben. Doch viele interessante Begegnungen, Sehenswürdigkeiten, Naturwundern, Pisten oder besser gesagt Pads innerhalb dieses schönen Landes liegen noch vor uns.

 

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