Tadschikistan 23.08. - 15.09.2016
Die letzte Nacht in Kirgistan. Am nächsten Morgen präsentiert sich das Pamir-Gebirge mit Sonnenschein und blauen Himmel. Frohen Mutes fahren wir zur Grenze.
Wir freuen uns auf Tadschikistan und den Pamir
Highway. Aber zuerst müssen wir die beiden Grenzkontrollen passieren.
Immer wieder haben wir von anderen Reisenden gehört, dass diese Grenze
ganz besonders schlimm sein sollte. Bei den Kirgisen wollen wir ja nur ausreisen,
was soll denn da schon schiefgehen?
Wir sitzen im Zollbüro: Der Beamte kommt ganz verschlafen mit zersausten
Haaren ins Zimmer. "Too much drinking yesterday." Aha,
ok, kann uns ja egal sein. Wir wollen nur den Ausreisestempel, dann sind wir
auch schon wieder weg und er kann sich gerne wieder schlafen legen.
Er fragt uns, ob wir denn die "Ökosteuer" bei der Einreise
bezahlt haben. "Ja natürlich." Er will die Zahlungsbestätigung
sehen, doch die haben wir nicht mehr, denn in Wahrheit, haben wir gar nix
bezahlt, weil es so eine Ökosteuer gar nicht gibt. Man munkelt, dass
die kirgisischen Beamten von den tadschikischen Kollegen gelernt haben, die
"reichen" Touristen abzukassieren, denn die sollten darin ja Weltmeister
sein.
"If you don´t have this paper, you have to pay again."
Wir bleiben stur und wollen die 2.500,- Som ( ca. € 35,-) nicht bezahlen.
"Wenn wir nicht bezahlen, dürfen wir nicht ausreisen",
so der unsympathische Beamte. "Kirgistan is such a nice country,
but this is not nice", so Verena zum Beamten. Daraufhin wird er
richtig sauer und wirft sie aus dem Büro. Wieso muss diese Frau überhaupt
hier sein, das ist doch Männersache, das verrät zumindest seine
Miene. Verena verlässt brav das Büro und wartet draußen. Wolfi
erscheint und meint, dass wir doch vorerst mal versuchen sollen, den Ausreisestempel
in den Pass zu bekommen. Er startet den Amigo und fährt zum nächsten
Haus, wo wir die Immigration vermuten. Inzwischen hüpft der Zöllner
wie das Rumpelstielzchen vor seinem Haus rum und schreit: "Come back,
come back. I don`t allow you to drive, I bring you in jail. This is my border,
you have to do what I say. THIS IS MY BORDER!!!!
Da sie hier alle zusammenspielen, bekommen wir natürlich keinen Ausreisestempel
und Wolfi geht retour. Er wird weiter angeschrien von einem sichtlich verärgerten,
ja sogar leicht aggressiven Beamten. Dieser fährt in einen Wortschwall
weiter: "I have a jail here. Your president can write my president,
but nobody will help you here. You are just a tourist."
Verena glaubt in einem verkehrten Film zu sein. Was geht denn hier ab? Die
Männer verschwinden wieder im Büro. Er schreibt nun ein Protokoll,
womit er für die nächste Stunde beschäftigt ist, indem er alle
Fahrzeugdaten und natürlich das Vergehen, das Nichtbezahlen der Ökosteuer,
angibt. Als er endlich fertig ist, nimmt Wolfi das Papier und erklärt
ihm, dass wir nun in die Stadt Osh zurückfahren und dort werden wir weiter
sehen, was passiert.
Nun endlich wendet sich das Blatt, der Beamte folgt ihm hinaus und will ihn
zurückholen. Mittlerweile ist die Situation nicht mehr so angespannt
und der Beamte meint: "You don`t need to drive the long way to Osh,
it is a waste of petrol." Wolfi: "My truck need no petrol,
only diesel and we have enough!!" Der Beamte: "I want the
paper back, I will pay the STRAF for you." "You are a rich man,
but really bad man. I have a wife and 2 kids, only little wodka to drink and
my work in this altitude of 3.500m makes me sick, but I will pay for you.........."
Nun endlich, nach 2 Stunden haben wir die Erlaubnis, seine Grenze zu verlassen.
Erleichtert passieren wir das Grenztor und fahren nun durch das mehrere kilometerlange
Niemandsland. Es geht weiter in die Berge hinein, die Serpentinen hinauf auf
4.200m, wo wir dann vor dem tadschikischen Grenztor stehen.
Das Visum und das spezielle GBAO-Permit im Pass
werden kontrolliert und in einem dicken Buch abgeschrieben. Der Desinfektionsmeister
wartet schon auf uns. Er will für die Reifendesinfektion ca. €40,-,
was uns zu viel ist. Wolfi dreht sich um und trinkt mal in Ruhe einen Kaffee.
Nach einigen Minuten tut sich was, der Beamte winkt ihm zu. Er will auf ein
Mal nur "noch" €5,-. Wir erklären uns einverstanden, weil
wir im Vorfeld schon gehört haben, dass ohne Geld zu bezahlen, nicht
viel geht. Hat der Beamte erst mal das Geld in der Hand, will er auch gar
nicht mehr arbeiten und vergißt auf das Reifen desinfizieren.
Das nächste Haus ist das Zollgebäude. Tadschikistan hat ein eigens
Zollpapier, das wiederum unterschiedlich kostet. Je nach Laune des Beamten
oder nach Sympathiewerten des Antragsstellers. Wir haben heute Glück,
der Beamte scheint in guter Stimmung zu sein. Nach nur einer Dreiviertelstunde
haben wir unser Zollpapier in der Hand, wir bezahlen US$45,- und bekommen
es für den ganzen Zeitraum unserer Visagültigkeit ausgestellt. Wir
freuen uns, haben wir doch schon von anderen Reisenden gehört, dass sie
nur 14 Tage bekommen haben und es immer wieder für Geld in verschiedenen
Städten verlängern mussten. Durch die beiden anderen Abzockstellen
winkt uns der "Beamte" durch, dem wir vorher € 5,- für
das "Desinfizieren" gaben. Wir sind in Tadschikistan und am Pamir
Highway angekommen.
PAMIR HIGHWAY
Tadschikistan ist ein Hochgebirgsland, mehr als die Hälfte liegt auf über 3.000m Seehöhe. Der Pamir ist die autonome Region Gorno Badakhshan. Sie nimmt 45% von ganz Tadschikistan ein, aber es leben nur 3% der Gesamtbevölkerung hier. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR ist diese Region in eine schlimme Zeit geschlittert. Das Geld und der Kraftstoff sind ausgeblieben und die Einheimischen mussten sich plötzlich wieder daran erinnern, wie man Getreide ohne Maschinen anbaut. In den 90er Jahren konnte das Überleben nur durch Hilfsorganisationen wieder hergestellt werden. Von da an ging es in dieser Region wieder bergauf.
Die erste Nacht verbringen wir am Karakol See. Das Wetter zeigt sich von der besten Seite und wir haben einen schönen Blick auf den Peak Lenin, nun von der tadschikischen Seite.
Jedoch ist auf diesem Hochplateau, das auf einer
Höhe von 3.500m - 4.655m liegt, nur eingeschränktes Leben möglich.
Ackerbau funktioniert nicht wirklich, die Viehwirtschaft ist auf Ziegen eingeschränkt,
weil auf diesen kargen Weiden und Hügeln kaum Gras wächst. Wir haben
den höchsten Punkt am Pamir erreicht, den Akbaytal Pass mit seinen 4.655m.
Die Straße führt immer dem chinesischen Grenzzaun entlang. Wir
übernachten am Shorkul See. Wolfi steigt den Berg hinauf und hat Glück,
denn er erspäht einige Gamsen. Mit großen, eigenartigen Gesteinsbrocken
im Rucksack kommt er ins Tal zurück. Da muss er ganz schön geschleppt
haben, auch ein Horn von einem Marco Polo Schaf findet noch einen Platz am
Rucksack.
In Murgab, der Provinzhauptstadt machen wir Halt, denn wir wollen Geld wechseln und am Bazar frisches Brot einkaufen.
Seit einigen Jahren gibt es in der Nähe zu
Murgab einen nationalen Grenzübergang zu China. Seitdem überfluten
chinesische Waren den Markt. Die Straße ist nicht mehr so einsam wie
noch vor der Stadt, wir teilen sie mit anderen Lastwagen und vor allem Fahrradtouristen.
So viele Radfahrer.... unglaublich. Viele fliegen mit ihren europäischen
Drahteseln nach Dushanbe ein und fahren in ca. 3-5 Wochen über den Pamir
Highway bis nach Osh in Kirgistan, von wo sie wieder zurückfliegen. Alle
Altersstufen sind vertreten, von den ganz Jungen bis zu den jung gebliebenen
mit über 60 Jahren. Hut ab vor deren Leistung!! Aber alle haben sie eines
gemeinsam - Durchfall. Bei dem täglichen Radfahren kein Honiglecken,
wenn man die Kraft nicht dazu hat. Viele legen unterwegs ein paar Tage Pause
ein, um sich wieder etwas zu erholen. Auch wir bleiben von Montezumas Rache
nicht verschont.......
Auf dieser Hochebene leben viele kirgische Tadschiken, oft noch in ihren traditionellen
Jurten. Ihr Leben ist entbehrungsreich und hart, dennoch sind die Menschen
überaus freundlich. Wir treffen auf Andi mit seiner Familie in einem
Mercedes 310 unterwegs. Sie sind von Deutschland auf dem Weg nach Südkorea,
wo seine Frau geboren ist. Da es auf der Straße sehr ungemütlich
zum Quatschen ist, fahren wir einfach die Böschung runter ins Nirgendwo.
Keine 5 Minuten später kommt schon ein Lokaler und fragt uns, ob alles
ok ist. Wir bieten ihm einen Kaffee an und als er sich überzeugt hat,
dass bei uns alles in Ordnung ist, zieht er wieder von dannen. Kurze Zeit
später schickt er seine Töchter mit einer Schüssel Joghurt
zu uns rüber. Bei dem wenigen, was sie hier zum Leben haben, geben sie
noch...... Unglaublich und beschämend zugleich!!
Da wir in entgegengesetzter Richtung unterwegs
sind, verabschieden wir uns am späten Nachmittag von Andy und Crew. Auf
einer etwas fruchtbareren Ebene finden wir ein nettes Platzerl zum Übernachten.
Neben uns sind die Pamiri damit beschäftigt, das wenige Grün abzuschneiden,
zu bündeln und es nach Hause zu bringen, um im Winter genügend Futter
für ihre Tiere zu haben.
Nach Alichur verlassen wir die inzwischen schreckliche Asphaltpiste. Vom Asphalt ist nur noch wenig zu erkennen, Löcher verschiedenster Größen und Tiefe lassen den Amigo durchschütteln. Mit 30km/h rumpeln wir von einem Loch zum anderen. Wir biegen auf die Verbindungsstraße zum Wakhan-Valley ab. Die etwas bessere Schotterpiste schlängelt sich unermüdlich den Berg hinauf, der Pass liegt auf 4.344m. Hier treffen wir auf 3 Jungs in zerrissenen Jacken, die mit ihren Kühen unterwegs sind. Ob sie nun eine neue Weidefläche für ihre Tiere suchen oder sie nach Hause bringen, wir können es nicht in Erfahrung bringen. Sie fragen, ob wir ein Feuerzeug übrig hätten und Hunger haben sie auch. Verena holt das letzte Brot und ein Feuerzeug finden wir auch noch. Wahrscheinlich haben sie einen breiten Weg bis nach Hause. Die vielen fetten Murmeltiere flitzen von einem Bau zum anderen. Vielleicht brauchen die Kinder das Feuerzeug, um ein Feuer zu entzünden und solch ein Murmeltier zu grillen? Wer weiß?
Nach einem Polizei-Checkpost fahren wir den Pamir-Fluß
entlang, der sich seinen Weg durch die Felsen gebahnt hat. Am anderen Fussufer
ist schon Afghanistan!! Während einer Kaffeepause beobachten wir durchs
Fernglas die Afghanen, wie sie mit ihren Schafen umherziehen. Das ist also
der berühmte Wakhan Korridor, der als Pufferzone zwischen den Russen
und den Briten vereinbart wurde. Dies passierte im 19. Jahrhundert und nun
gehört dieser schmale Streifen Land zu Afghanistan. An manchen Stellen
keine 20km breit, verhindert er den direkten Kontakt von Tadschikistan zu
Pakistan. Wenn es hier eine Straße durchgeben würde, wäre
das eine kostengünstige Alternative für China ;-)
Die Straße windet sich in vielen Kurven Richtung Südwesten und
immer wieder begleiten uns Eisvögel auf unserem Weg flußabwärts.
Nur wenige Menschen leben hier und wenn, dann ist es meist ein Sommerlager
mit ummauerten Plätzen für ihre Ziegen, die hier des Nachts sicher
untergebracht werden. Die kleinen Gehöfte sind kaum auszumachen, da die
Mauern aus Steinen aufgeschlichtet sind und auch die Steinwohnhäuser
und deren mit Lehm bedeckten Dächer sich in diese karge Landschaft nahezu
unsichtbar einfügen. Man muss schon genauer hinsehen, um es als Bauernhof
zu erkennen. Bevor wir ins Wakhan Tal kommen, schlagen wir unser Nachtlager
auf. Vor uns ist bereits das Bergmassiv mit den schneebedeckten Gipfeln des
Hindukusch zu erkennen.
Es ist bereits Abend, als ein Auto neben uns zum
Stehen kommt. Die Köpfe der Männer sind alle über die geöffnete
Motorhaube gebeugt und es wird Wasser nachgefüllt. Sie versuchen das
Auto zu starten, doch vergebens. Nach einiger Zeit kommt einer der Männer
anmarschiert. Ob wir denn nicht so nett sein könnten und das Auto hinten
am Amigo anhängen könnten, um es so vielleicht zu starten. Wir räumen
zusammen, starten den Amigo und hängen das Auto hinten dran. Wolfi fährt
mehrere Runden im Kreis, leider ist der Platz sehr beschränkt, sodass
wir keine höhere Geschwindigkeit erreichen können. Das Auto springt
nicht an, da hat es mehr was... Mittlerweile ist es stockdunkel und wir können
ihnen auch nicht mehr helfen, so gehen wir ins Bett.
Als wir am Morgen munter werden, sind sie schon wieder fleißig am Problem
suchen. Die Nacht war kalt und so bringen wir ihnen erstmal einen heißen
Tee, um sich etwas zu erwärmen. Die 4 Männer haben im Auto geschlafen.
Da wir ja ohnehin ins Tal unterwegs sind, könnten wir ja nochmals auf
der Straße versuchen, das Auto vielleicht doch noch zum Laufen zu bringen.
Doch alle Bemühungen helfen nichts. Also nehmen wir sie ins Schlepptau,
hoffentlich knallt es uns nicht hinten drauf....
Die Straße ist eng und steil. Wir müssen sehr vorausschauend fahren
und hupen schon lange vorher, damit der Gegenverkehr ausweichen kann. Es geht
mehrere Hügel hoch und dann wieder runter. Unsere Befürchtung, dass
sie uns vielleicht hinten reinfahren könnten, ist total unbegründet,
denn sie bremsen durchgehend, damit genau das ja nicht passiert. Bald glühen
die Bremsen am Fahrzeug und um nicht noch mehr Schaden zu verursachen, hängen
wir sie nun ab, sobald es bergab geht. Das Auto rollt dann so weit, wie es
eben kommt. Dann wird es wieder hinten am Amigo drangehängt, um es den
nächsten Hügel raufzuschleppen. So geht es nun die nächsten
50km dahin.
Nun treffen die Flüsse Pamir und Wakhan zusammen
und werden zum Fluß Panj. Wir sind noch immer auf knappe 2.000m Seehöhe.
Wir fahren durch viele kleine Dörfer. Bedingt durch den Fluß und
ihren genialen Bewässerungskanälen ist hier Ackerbau möglich
und man meint, durch fruchtbare Oasen zu fahren. Das Tal ist wunderschön.
Der Panj ist gleichzeitig die Grenze zu Afghanistan. Auch auf der anderen
Flußseite leben die Afghanen nicht anders, als hier die Tadschiken.
Durch die Abgeschiedenheit und die nur schwer erreichbare Gegend, wurden sie
vom Krieg einigermaßen verschont.
Wir sind entzückt, als wir durch die ersten Dörfer fahren. Nach
den vielen Tagen durch die eintönige, trockene, karge Landschaft des
östlichen Pamirs, fühlen wir uns hier nun richtig wohl. Im ersten
Dorf machen wir einen Halt. Den Zorkan, so heißt der Fahrer vom kaputten
Auto, muss hier ein paar Pakete abladen. Die Menschen warten schon freudig
auf ihre Ware. Kurz bevor wir weiterfahren, nimmt er auch noch Passagiere
mit. Also macht er auch noch Taxidienst, obwohl er gar nicht fahren kann,
sondern von uns abgeschleppt wird. So ein Schlitzohr, wahrscheinlich wird
er sogar noch Geld dafür verlangen.... Aber recht hat er, irgendjemand
muss ja auch die Reperatur bezahlen! Wir müssen über soviel Dreistigkeit
einfach nur lachen!
Nächsten Halt machen wir bei einer Art "Betstelle"
oder wie ein Marterl bei uns in Österreich. In der Mauer sind halbkreisförmige
Öffnungen, in die Zorkan seine Hand reinsteckt. Wahrscheinlich wird er
nun Gott danken, dass er seine Abschleppung unbeschadet überstanden hat
und sogar ohne Motor nach Hause kommt. Hörner von Steinböcken, Ziegen
und manchesmal auch von Marco-Polo Schafen zieren diese Stellen, sie sind
ein Glückssymbol.
Auf den Flachdächern der Häuser liegen Marillen und Feigen zum Trocknen.
Während wir nur die geschwefelten Früchte nach Europa geliefert
bekommen, werden hier nur die ungeschwefelten Marillen verzehrt. Speziell
die, welche den Kern noch drinnen haben, schmecken hervorragend.
Endlich erreichen wir Vrang, das Heimatdorf von
Zorkan. Als Dankeschön lädt er uns in sein Haus ein. Ein traditionelles
Pamirihaus, das schon seit Jahrhunderten nach dem gleichen Prinzip gebaut
wird. Ein großer Raum mit 5 Säulen, die die islamischen Propheten
darstellen sollen. In der Mitte des Daches ist eine quadratische Öffnung
ausgespart, in der das Dachfenster eingelassen ist. "Das sind spezielle
Motive, die die 4 Elemente ehren", erklärt uns Zorkan. Der
am meisten erhöhte Platz ist dem Dorfältesten und religiösen
Führern vorbehalten. Uns weist er einen Platz in der nächsten Nische
zu , die ebenso erhöht ist. In der Nacht werden hier die Matratzen ausgerollt,
die Decken und Pölster ausgebreitet, die nun unter dem Tag in einem Kasten
gestapelt werden. Hier schläft die ganze Familie.
Seine 14jährige Tochter spricht ein klein wenig Englisch, sie zeigt Verena
die Küche, das Reich der Frauen. Hier richt es schon gut, denn sie hat
für uns ein Nudelgericht gekocht, frisches Brot gebacken und in verschieden
Schüsseln sind Joghurt, Butter und Sahne angerichtet. Als der Tee fertig
ist, führt sie mich wieder zu den Männern.
Ganz stolz zeigt uns Zorkan sein Fotoalbum, er hat vor einigen Jahren in einem
tadschikisch/französischen Film eine kleine Rolle gespielt.
Als wir uns verabschieden, bekommen wir noch einen ganzen Sack voll frischer
Marillen aus seinem Garten geschenkt. Hmmh, die schmecken richtig gut!
Die Menschen in diesem Tal sind unglaublich freundlich. Wenn wir vorbeifahren, lassen sie oft alles liegen und stehen, drehen sich in unsere Richtung, lächeln und winken. Uns fallen fast die Hände im Auto ab, von so vielem Winken. Es ist gerade Erntezeit, der Weizen wir händisch geschnitten, gebündelt, bevor er dann gedroschen wird.
Zwischen den Dörfern, wo kein Wasser aus den Bergen kommt, fahren wir durch karge Landschaft und treffen sogar auf Sanddünen.
Das breite Tal wird nun enger und schließlich fahren durch eine recht enge Schlucht, wo nur noch der Fluß und die Straße Platz haben. Afghanistan ist nur noch 10m von uns entfernt, nur der Fluß Panj trennt uns. Kein Grenzzaun, kaum Militär. Wir hören von den Einheimischen, dass hier viele Drogen geschmuggelt werden. Die Kühe waten von einem Land zum anderen und man braucht nicht viel Bemühungen, um von der einen auf die andere Seite zu gelangen. Die Tadschiken haben eine gute Beziehung zu den Nachbarn und sie können auch ohne Probleme über die 4 Grenzbrücken marschieren, wenn sie denn geöffnet sind.
Wir erreichen Khorog, die Provinzhaupstadt des
östlichen Pamirgebirges. Hier geht es rund, viele Menschen, viele Autos,
wenig Platz zum Parken. Dennoch werden wir fündig und stellen uns auf
einen kleinen Parkplatz in der Nähe des Basars. Wir bummeln durch die
Stadt, kaufen uns ein köstliches Pilaf, Plov oder auch Reisfleisch genannt
und stocken unsere Gemüse- und Obstvorräte etwas auf. Morgen wollen
wir weiterfahren.
Als wir am nächsten Morgen dann munter werden, sind wir eingeparkt. Wir
parken am Busbahnhof, ohne das wir das wussten.Niemand stört sich sonderlich
daran und irgendwie zwängen sich alle am Amigo vorbei. Toyota-Taxis sammeln
hier die Leute und ihre Einkäufe ein, die Dachträger biegen sich
bis auf Dach durch. Aber erst wenn die Jeeps wirklich randvoll gefüllt
sind und ein jeder Platz doppelt belegt ist, fahren sie los in die umliegenden
Dörfer. Ein Wahnsinn, was die Autos hier aushalten müssen und das
alles ohne jährliche TÜV Prüfungen...
Wir frühstücken erst mal gemütlich, denn an ein Rauskommen
ist gar nicht zu denken. Wir sind komplett eingeparkt. Als Mittags der Platz
etwas leerer wird, nützen wir die Gelegenheit, um vom Platz wegzukommen
und gleich darauf Khorog zu verlassen.
Es liegen noch 608km vor uns bis nach Duschanbe, der Hauptstadt des Landes. Das Wakhan Tal ist hier zu Ende und wir treffen wieder auf die M41, den Pamir Highway. Die Bushaltestellen sind besonders schön dekoriert. Der Schriftzug bedeutet PAMIR
Die Schlucht wird wieder enger. Unglaublich, es muss sehr viel Zeit, Mühe und auch Geld gekostet haben, hier eine Straße in die Felsen zu sprengen. All die Fernfahrer müssen sich auf dieser schmalen Piste abquälen, da bekommt der Beruf des Lastwagenfahrers gleich noch eine andere Bedeutung. Man muss nämlich nicht nur fahren können, sondern auch Mechaniker sein, denn Werkstätten gibt es erst in der Hauptstadt wieder. Es gibt zwar Tankstellen mit Zapfsäulen, doch oft keinen Strom oder defekte Zapfanlagen, also wird händisch getankt. Meist gibt es Diesel direkt aus den Tanklastwagen in ein Messgefäß und dann in den Tank.
Auf der afghanischen Seite gibt es auch eine Straße,
doch um einiges abenteuerlicher, als auf der tadschikischen Seite. In dieser
engen Schlucht hat es bisher nur einen primitiven Eselspfad hoch oben im Felsen
gegeben. Die Gefahrenstellen in den senkrechten Felswänden wurden mit
Baumstämmen, Ästen und Steinen etwas entschärft. Man muss schon
ziegenähnliche Fähigkeiten besitzen, wenn man diesen steilen, schmalen
Pfade rauf- und runterklettern möchte. Mit "ich gehe mal schnell
ins nächste Dorf" ist da gar nichts. Man braucht Stunden und viel
Mut auf diesen Steigen. Leider kommen die Passagen nicht auf den Fotos...
Doch nun soll eine Straße die Dörfer miteinander verbinden. Wir
hören Explosionen und dann noch eine. Bei genaueren hinsehen, erblicken
wir die Männer im Felsen, wie sie gerade das Dynamit entzünden.
Es staubt und wir fahren näher ran, um das Ergebnis der Sprengung zu
sehen. Die Afghanen winken und deuten, "Ach sind die freundlich",
denken wir uns, doch sie wollen uns nur warnen, denn auch sie bewegen sich
etwas schneller, als üblich wieder zurück hinter eine Biegung. Na
dann fahren wir doch auch etwas weiter, gerade noch rechtzeitig, den die Zündschnur
war nicht besonders lang. Ein lauter Kracher und schon fliegen die Gesteinsbrocken
auf unsere Seite des Flußes. Dann folgt der Staub, zum Glück stehen
wir gut im Wind!! Auf der anderen Seite beginnen die Afghanen schon mit langen
Eisenstangen das gelockerte Gestein vom Fels zu lösen und in den Fluß
zu befördern. Gleichzeitig werden schon wieder neue Löcher in den
Fels gebohrt, um Sprengladungen anzubringen. Zig-Meter lange Druckluftschläuche
führen von den Kompressoren zu den Schremmhämmern, um mit Nachdruck
die Felswand zu bearbeiten. 15 -20m tiefer wird dann eine Straße daraus.
So viele Meter braucht es um eine 4-5m breite Fahrbahn ohne Überhang
in die Wand zu bauen. Das ist noch richtige Handarbeit!!
Während es auf unserer Seite nun sehr dünn
mit Abwechslung gesät ist, tut sich in Afghanistan indess eine wunderschöne
Landschaft auf. Viele Dörfer, die in die Ausläufern der Berge gebettet
sind. Einige wenige Autos auf den Straßen, doch die meisten Afghanen
sind zu Fuß unterwegs. Die Kinder, beladen mit Schultaschen - der Weg
zur Schule ist weit. Man kann den Menschen bei der Feldarbeit zusehen oder
beim Tränken der Tiere im Fluß.
Manchesmal hat man das Gefühl, dass man ihnen fast direkt in die Wohnungen
blicken könnte. Obwohl wir das Land nur von der anderen Uferseite her
beobachten können, haben wir hier ein paar Impressionen aus Afghanistan:
Bei Kalaikhum verlassen wir die afghanische Grenze.
Ca. 500km sind wir ihr entlang gefahren. Wir wollen nun über die etwas
abenteuerliche Nordroute nach Duschanbe fahren. Die Südroute verspricht
Staub, Staub und noch mehr Staub, so haben wir es von den Radfahrern gehört.
Heute ist es aber schon zu spät und so verbringen wir die Nacht nach
dem Städtchen an einem wunderbar, glasklaren Fluß. Hier treffen
wir noch ein britisches Pärchen, die mit ihren Fahrrädern auf Hochzeitsreise
sind.
Nachdem wir tags drauf die Polizeikontrolle
passiert haben, geht es weg vom Fluß und in eine schmale Schlucht hinein.
Man braucht das sogenannte GBAO-Permit, damit man den Pamir Highway befahren
darf, welches wir bereits auf der Botschaft mit dem Visum beantragt und bekommen
haben. Diese Genehmigung wird nun an solchen Checkposts kontrolliert. Außerdem
werden die Passdaten in ein großes Buch eingetragen und ab und zu nach
Zigaretten gefragt. Die Straße windet sich vielen engen Serpentinen
hoch auf den Paß. Links die Felswand, rechts Nix und das ziemlich tief
runter. Nun finden wir doch auch noch am Pamir etwas selektivere Strecken.
Wir erreichen den 3.252m hohen Khaburabot Pass. Die Landschaft ändert sich schlagartig, keine schroffen Berge mehr, stattdessen sanfte Hügel. Am Pass sind einige Hirten mit ihren Tieren unterwegs. Hier gibt es auch die höchstgelegene Bushaltestelle der Welt. Ob sie stark frequentiert ist?? Auch ein Schild mit Achtung Minen sehen wir hier oben mitten im nichts, warum in Teufels Namen legt hier einer Minen aus??? Ob die vielen Schafe wissen, wo sie hinsteigen dürfen?
Die Pferde werden bereits von der Alm abgetrieben. Mit etwas Fantasie könnte man meinen, man sei im Wilden Westen. Der Canyon, die Cowboys und die vielen Pferde, der Staub.... Die Straße ist ziemlich schmal und so dauert es eine ganze Weile, bis der uneheliche Sohn von John Wayne seine Pferde auf die Seite getrieben hat und wir sie überholen können.
In der Mittagspause beobachten wir, wie ein Lastwagen langsam heranrollt und schräg auf die Straße hinparkt, mit den offenen Türen des aufgesetzten Seecontainers an den Hügel hin. Hinter den Büschen im Schatten warten bereits 2 Hirten mit ihren Schafen zum Abtransport. Gut gemästet drängen sie sich aneinander. Sie werden abgeholt und zum Schlachter gebracht. Die Hirten setzten die Herde in Bewegung und einige sind auch gleich drinnen, doch ein paar wenige widerspenstige Schafe brechen immer wieder aus und laufen in die verschiedensten Richtungen davon. Die Hirten hinther, um sie wieder in die richtige Richtung zu lenken. Doch sie sind schnell und so können sie jede Hilfe gebrauchen. Wolfi versucht sich nun als Hirte und er kann ganz schön zick-zack laufen, um die Viecher wieder zum Lkw zurückzuscheuchen. Irgendwann sind alle drinnen.
Diese Nordroute ist nur im Sommer befahrbar. Im
Winter ist die Straße gesperrt, wir vermuten wegen zuviel Schnee. Ja
wirklich hier könnte mann sich ein tolles Schigebiet vorstellen. Mit
wenigen Liften wären sehr viele Hänge erschlossen, doch wer soll
hier schifahren???
Im Obikhingou-Tal an der Nordseite vom Pass wütet die Natur ohne Rücksicht
auf Verluste. Der Fluss hier kann ganz schön reißend sein und vor
kurzem hat er wieder gewütet, das halbe Tal ist verschüttet oder
vermurt. Ganze Straßenabschnitte und Brücken sind unter großen
Felsbrocken verschüttet. Eine neue Straße zu errichten braucht
viel Zeit und großes Gerät, da die Bagger und Schubraupen hier
dünn gesät sind. Wir müssen oft über diese Steinlawinen
fahren, die nur sehr notdürftig zurecht gemacht wurden. Wir wollen nicht
jammern, den der Amigo ist doch für diese Wege gebaut, aber die Menschen
die hier leben, fahren ganz normale Pkws.... Wo die ganze Straße und
auch der Hang fehlt, wird ein paar Meter weiter eine neue Straße in
den verbleibenden Hang geschoben. Wahrscheinlich wird es auch diese Straße
nach dem nächsten Frühjahr nicht mehr geben. Den Bewohnern bleibt
immer weniger Fläche zum Ackerbau, da diese einfach abbricht, in die
Tiefe fällt und vom reißenden Fluß mitgenommen wird. Mit
einer gewissen Angst haben die Menschen hier wohl zu Leben gelernt.
Wir treffen auf die Asphaltstraße, die Hauptverbindung von Duschanbe nach Kirgistan. Es geht nun dem Vaksh Fluß entlang. Kaum haben wir ein Tal hinter uns, kommen wir schon in das nächste Tal. Irgendwie haben wir den Eindruck, als ob Tadschikistan nur aus Tälern, Bergen und Flüssen besteht und das stimmt ja auch zum größten Teil. Es ist das wasserreichste Land in Zentralasien. Kurz darauf fahren wir auch schon beim Mega-Staudammprojekt Rogun vorbei. Hier soll mit 330m Höhe der höchste Staudamm der Welt entstehen. Da dieses Projekt von Tadschikistan alleine nicht zu bewältigen ist, haben die Russen angeboten beizustehen. Unter anderem auch, weil sie hier ein riesiges Aluminiumwerk besitzen. Doch sie sind abgesprungen, da sie zu wenig Mitspracherecht erhalten hätten. So stehen die Tadschiken nun alleine auf weiter Flur und darum gehen die Arbeiten zur Vollendung nur langsam voran. 30.000 Familien müssen dafür umgesiedelt werden, an die 1000 sind bereits vertrieben worden, ohne eine Hilfe für den Neuanfang zu bekommen. Ja, andere Länder, andere Sitten. So etwas wäre in Europa undenkbar... Zum Teil wird es dieses Tal, in dem wir gerade durchfahren, in ein paar Jahren nicht mehr geben.
DUSCHANBE
Nach ca. 1000 km Pamir Highway erreichen wir Duschanbe,
die Hauptstadt des Landes. Wir sind auf der Suche nach einem geeigneten Parkplatz,
schließlich werden wir hier wahrscheinlich die nächsten 2 Wochen
verbringen. Für unsere Weiterfahrt brauchen wir einige Visa, für
Usbekistan, Kasachstan und Russland.
Wir werden fündig, in der Nähe der Oper, gibt es einen geeigneten
Platz neben einem Wohngebiet. Kaum Straßenlärm, viel Platz und
ein kleiner See zum Spazieren gehen mit Apollo ist auch nicht weit weg. Nur
die Nachbarskinder sind etwas lästig. Sie kommen immer in Horden, fassen
alles an, was nicht angeschraubt ist. Hier wird ein bißchen gedreht
und da herumhantiert, vielleicht könnte man ja was gebrauchen...
"Mr. Wolfi, Mrs. Wolfi .......hello, hello, Mrs. Wolfi.......!"
Und so geht es die ganze Zeit. Hoffentlich werden sie ihr Interesse an
uns in den nächsten paar Tagen verlieren.
Wir radeln zur kasachischen Botschaft, die im Süden der Stadt liegt.
Es ist wenig los und so können wir unsere Beantragungsformulare gleich
abgeben. 4 Tage soll es dauern. Ja, unsere Pässe können wir mitnehmen
und sollen dann in 4 Tagen zum Visa einstempeln wieder vorbeibringen. Das
passt gut so, uns bleibt noch Zeit, um zur usbekischen Botschaft, die im Norden
der Stadt liegt, zu radeln. Dort herrscht viel mehr Betrieb. Eine Menschenmenge
hat sich im Hof gesammelt, alle wollen in die Botschaft. Die Security hält
die aufgebrachte Menge in Zaun. Es wird geschrien, gestossen, gedrängt
und diskutiert... Wir müssen zuerst in das Nebengebäude, da werden
die Formulare gegen eine kleine Gebühr von einem Angestellten ausgefüllt.
Endlich sind wir an der Reihe. Leider spricht der Angestellte kein Englisch,
so dauert alles etwas länger. Verena muss jedes Wort auf ein Papier vorschreiben,
das er dann in den Computer tippt. Zwischendurch genehmigt er sich einen Beruhigungstabak,
man soll sich doch nicht stressen lassen. Doch von nun an verstehen wir ihn
kaum noch. Den Tabak schiebt er ganz auf die Seite, so dass seine Wange nun
einen dicken Wanst hat und da muss der Tabak wohl bleiben, bis die Wirkung
wahrscheinlich eintritt. Das Sprechen ist nur noch schwer möglich und
das Erraten seiner Fragen erst recht. Irgendwann haben wir alle Papiere ausgefüllt,
bezahlen seinen Dienst und finden uns inmitten der Menschenmenge wieder. Wir
wedeln mit unseren europäischen Pässen in der Luft, vielleicht wird
der Security-Fuzzi auf uns Aufmerksam. Wir haben Glück, 10 Minuten vor
12 Uhr werden wir in das Büro eingelassen. Wir dürfen alles abgeben
und sollen nach 1 Woche wieder kommen, dann erfahren wir, ob und welches Visum
wir bekommen. Den Pass dürfen wir mitnehmen. Läuft ja wie am Schnürchen,
so können wir schon morgen zu den Russen gehen und dort beantragen, denn
es sollte angeblich 10 Tage dauern, bis das Transit Visum nach Georgien ausgestellt
ist.
Unser nächster Nachbar ist Bäcker, den ganzen Tag haben wir den
unwiederstehlichen Geruch von frischgebackenen Brot in der Nase. Nun gibt
es täglich zum Frühstück ofenfrisches Gebäck. Lecker!
Duschanbe hat nur ca. 800.000 Einwohner und noch leicht "ländlichen"
Charakter. Es gibt viele Grünflächen und Parkanlagen, in denen man
sich einen schattigen Platz suchen kann. Jeden Tag hat es um die 35°C
und mehr und nach den kalten Wochen in den Bergen, fühlt es sich ganz
schön heiß an. Es gibt viele Prachtbauten und breit angelegte Straßen.
Eigentlich ist es eine schöne Stadt.
Als wir schon einen Tag früher als erwartet den Anruf des kasachischen Botschafters erhalten, mit der Bestätigung des genehmigten Visums, freuen wir uns. Doch leider streikt gerade das Computersystem, als es um das Ausdrucken für Verenas Visum geht. Wolfi hat nun das erste Visum schon eingeklebt, während Verena nochmals auf die Botschaft muss, nachdem das System wieder gerichtet ist. Der Konsul ist so nett und behält das Visum für Verena zurück, bis wir den Pass von den Russen retour bekommen. Wir schwingen uns auf das Fahrrad und fahren in den Westen der Stadt, denn dort befindet sich die russische Botschaft. Im Vorfeld haben wir schon online die Anträge ausgefüllt und stehen nun mit all unseren Papieren am Schalter. 5 Tage Zeit werden wir für unseren Transit nach Georgien bekommen und wir können es nächste Woche am Dienstag abholen. Die Pässe werden einbehalten. Wau, das geht ja flotter als gedacht!!!
Auf unserem Parkplatz erleben wir eine Überraschung.
Unglaublich viele Polizisten schwanzeln um den Amgio rum und fordern uns auf,
dieses Gelände zu verlassen. Warum?
Am 9. September ist Unabhängigkeitstag, ein Jubiläum - 25 Jahre!
Und dafür werden "ausländische Präsidenten" erwartet.
Die Feier sollte unter anderem nebenan in der Oper sein und es werde hier
alles abgesperrt. Ja, wir haben schon mitbekommen, dass die große Feier
vor der Türe steht, denn so sauber wird Duschanbe schon lange nicht mehr
gewesen sein. Tausende Straßenkehrer und mindestens ebenso viele Gärtner
sind schon seit Tagen damit beschäftigt, die Stadt auf Vordermann zu
bringen. Die große Straße ist auch schon seit Tagen gesperrt,
es wird geschmückt, dekoriert und geprobt was das Zeug hält, Beleuchtungen
angebracht und Straßenstände aufgebaut.
Nun sollen wir weg von hier, wohin bitte? Wir sollen dem Polizeiauto folgen,
er bringt uns zu einem Parkplatz, wo wir parken könnten. Ok, kaum haben
wir die Ringroad erreicht, meint der Polizist, wir könnten uns nun hier
neben der Hauptstraße hinstellen. Das ist doch nicht sein Ernst! Wir
drehen um und suchen uns selber einen Platz, der nicht so weit außerhalb
der Stadt liegt, sodass wir auch noch mit dem Fahrrad ins Zentrum radeln können
und vor allem einen etwas ruhigeren und sicheren Parkplatz. Auf dem Weg ins
Zentrum fällt uns ein kleiner Park auf, eine Schranke versperrt den Weg.
Doch diese ist unversperrt. Also fahren wir rein. Keine halbe Stunde später
steht wieder ein Polizeibeamter vor unserer Türe. Er grüßt
nur freundlich und das war`s, schaut gut aus, denken wir uns, aber nicht lange...
Diesmal kommt ein zivil gekleideter Beamter mit ein paar Leuten von der Armee
und erklärt uns, dass wir hier nicht parken können, denn der Palast
für die Staatsgäste liegt gleich gegenüber vom Park. Schließlich
bekommen wir die Erlaubnis - ganz am nördlichen Ende dieses Parks wäre
es möglich, da sind wir weit genug weg und können keinen Überraschungsangriff
starten.... Wir packen unsere Sachen und bahnen uns einen Weg durch die Bäume
zum Ende des Parks. Passt - hier bleiben wir. Keine Stunde später fängt
es zu Stinken an, dass es uns fast den Magen umdreht. Ein Blick aus dem Fenster
reicht und wir wissen, wieso. Die armen Leute der Stadt gehen hier am Ufer
des Flußes zum Darm entleeren. Wasser ist gleich daneben, ist doch praktisch.
Indische Verhältnisse, mitten in der Hauptstadt! Nein, diese Geruchsbelästigung
wollen wir die nächsten paar Tage nicht ertragen müssen. Also machen
wir uns mit den Fahrrädern auf die Suche nach einem anderen Platz.
An der zentrumsnahen Hauptstraße finden
wir einen bewachten Parkplatz. Ist ja ideal! Kein Problem, wir sollen kommen.
Doch als wir im Amigo anrollen, dürfen wir auch hier nicht parken, denn
die Polizei ist gerade am Räumen des Geländes, zu nahe am Präsidentenpalast.
Doch der Parkwächter ist ein ganz ein Netter und erklärt uns einen
weiteren Parkplatz, wo es eigentlich möglich sein müsste. Hinter
dem neuen Basar gibt es einen großen Platz und dahin sind wir nun unterwegs.
Nach stundenlanger Herumsucherei haben wir nun einen Platz weit weg vom Präsidenten
und Co.
Als wir uns dann später mit den Fahrrädern auf den Weg ins Zentrum
machen, ist die Stadt leer. Keine 2 Meter hinter unserem ersten Stellplatz
bei den nervigen Kindern, ist die Polizeisperre errichtet worden. Na wenn
sie uns da nicht unter Kontrolle gehabt hätten??? Wo denn dann!! Aber
wie halt fast überall auf der Welt sind die Uniformierten auch hier nicht
zum Denken ausgebildet worden... Alle Zufahrtsstraßen sind abgeriegelt.
Mit Bussen und Autos haben sie Straßensperren errichtet. Bewaffnete
Soldaten stehen rund um ihre Radpanzer, im Abstand von exakt 30m stehen Uniformierte
entlang der Straße, sicherlich Tausende. Kein Auto, kein Mensch darf
auf die Straße. Man muss z.T. weite Umwege in Kauf nehmen, wenn man
zu einem bestimmten Platz will. Den ganzen Tag geht es schon so, obwohl die
hohen Gäste erst am Abend erwartet werden......
In der Stadt gibt es viele Parks mit richtiger Wiese, bunten Blumen, Rosenhecken und hunderten von Springbrunnen. Am Abend, wenn es etwas abgekühlt hat, kommen die Familien zum Flanieren. Heute am Unabhängigkeitstag sind sie besonders hübsch zurecht gemacht.
Mitten im Park steht ein 165m hoher Fahnenmast. Dieser war noch vor einigen Jahren der höchste der ganzen Welt, ist aber nun von Saudi Arabien abgelöst worden. Er hat ca. 30 Millionen Dollar gekostet - eine Summe, die man sich gar nicht vorstellen kann. Nur für einen Fahnenmast. Das Geld könnte man leicht anderswo und viel gescheiter ausgeben, denn Tadschikistan ist noch immer eines der ärmsten Länder weltweit. Eine deutsche Tageszeitung beschreibt es treffend, wir wir finden: "Je ärmer das Land, desto größer der Fahnenmast - Skurriler Wettkampf von Despoten aus Zentralasien und Nahost" Eine unglaubliche Story!! -----
Wir feiern mit den Bewohnern von Duschanbe ihren Unabhängigkeitstag. Um 21.00 Uhr gehen von verschiedenen Plätzen gleichzeitig Megafeuerwerke sehr hoch in den Himmel. 15 Minuten lang wird der Himmel von den verschiedensten Farben beleuchtet.
Kaum sind die Feierlichkeiten vorbei und die hohen Gäste verschwunden, werden wir von den Polizisten belästigt. Konnten wir ihnen noch ein paar Tage zuvor, gar nicht weit genug weg vom Geschehen sein, sind sie nun um unsere Sicherheit besorgt... Wie rührend! Zwei leicht betrunkene Beamte wollen uns vom Parkplatz verweisen: "Too dangerous, too many thieves around." In Wirklichkeit erhoffen sie, wahrscheinlich einen Schluck Alkohol von uns, zu ergattern. Als sie merken, dass wir ihnen nichts anbieten und auch sonst kein Interesse an ihren Aktionen zeigen, wollen sie nun ins Innere vom Amigo blicken. Als der Apollo um das Eck rausschaut, hat sich auch das erledigt und sie lassen uns endlich in Frieden.
Ein Feiertag jagt den anderen. Am Montag ist ein religiöses Fest, an dem die Muslime an ihre Verstorbenen denken. Wahrscheinlich so ähnlich, wie bei uns Allerheiligen. Frauen laufen mit wundervoll verzierten Kuchen und Torten herum. An jeder Ecke riecht es nach frisch gebackenen Brot, das sie zum Verkauf anbieten. Ziegen werden in den Hinterhöfen getötet, entfellt, ausgenommen und geschlachtet.
Endlich ist Dienstag und sämtliche Feiertage
vorbei. Der Präsident gab dem Land 4 Tage frei, HURRA!! Zumindest den
Kindern, Studenten, Lehrern und Beamten. Denn fast alle anderen können
es sich eh nicht leisten, 4 Tage lang ohne Einnahmen. Endlich haben auch die
Botschaften wieder geöffnet und wir bekommen um 9.00 Uhr unseren Pass
von den Russen. Nun fahren wir zu den Usbeken und hoffen, dass unsere Visa
genehmigt wurden, bzw. schon fertig sind, denn es könnte ja auch bis
zu 14 Tage dauern, bis die Bestätigung aus Tashkent hier ist.
Vor der usbekischen Botschaft ist wieder die Hölle los. Doch wir haben
Glück, alles passt, wir bezahlen 75,- USD/Person und warten im Hof nur
noch 2 Stunden, bis das 30tägige Touristenvisa in den Pass geklebt wird.
Ab ins MERVE, ein türkisches Restaurant, welches wunderbare Gerichte
serviert, denn das haben wir uns verdient! Nachmittags gibt uns der kasachische
Konsul noch das fehlende Visum für Verena und nach 9 Tagen haben wir
nun endlich unser usbekisches, kasachisches und russisches Visum im Pass.
Wir sind glücklich, denn nun können wir unsere Reise fortsetzen.
Usbekistan ruft!
Den letzten Abend verbringen wir ein paar Kilometer vor der Grenze . Neben der Straße entdecken wir einen Platz voll mit Steyr und chinesischen Mercedes Lkws. Der Druckregler will nicht so recht und in Duschanbe war er partout nicht aufzutreiben. Vielleicht haben sie hier ein Ersatzteil? Verena kümmert sich um die schmutzige Wäsche, während Wolfi zum Gelände mit den Lkws marschiert. Es ist ein Depot von der Straßenmeisterei und sie helfen uns sofort und unkompliziert. Wir brauchen eine große Seegeringzange, die wir selbst nicht besitzen, um den Druckregler zu öffnen und nachzusehen, warum er nicht richtig will. Etwas Teflonband unter den O-Ring und dann wieder zusammenbauen. Es dauert zwar etwas, bis wir ihn wieder beieinander haben, aber er ist dicht und schaltet auch brav wieder ein und aus, wenn der richtige Druck erreicht ist. Wolfi wird noch nach Hause chauffiert und von einer Bezahlung wollen sie überhaupt nichts wissen! Zum Glück haben wir noch ein paar Red Bull aus Thailand und Schokolade aus Kasachstan im Auto, die wir ihnen noch vorbei bringen - dankeschön fürs Helfen!