Kirgistan 20.07. - 23.08.2016
Kirgistan, Kirgisistan oder Kirgisien, man kann es sich aussuchen, wir halten uns an Kirgistan, denn das ist uns am sympathischsten. Schnell und unkompliziert passieren wir beide Grenzen. Die Zöllner sind zwar neugierig, aber man kann es ihnen nicht verdenken, ist doch hier in dieser Einöde überhaupt gar nichts los. Kaum ist der Grenzbalken passiert und die ersten Kilometer im Lande gemacht, öffnet sich einem sofort das Herz. Schneebedeckte Berge, Wälder und ein Fluß neben der Straße, dazu saftige Blumenwiesen, worauf die Imker mit ihren auf Anhänger gepackten Bienenstöcken, parken. Den ersten Parkplatz für uns finden wir auf einem alten Friedhof neben der Straße. In der Nähe wachsen die berühmten kirgisischen Brennnesseln. Meterhoch ragen sie gen Himmel und würden gerne so manchen veganen Speiseplan bereichern.
Die Stadt Karakol begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein. Beim Tourismusbüro wollen wir uns Infos über die Gegend holen. Kaum steigen wir aus dem Auto, treffen wir die ersten Reisenden oder besser gesagt Durchreisenden. 2 Briten, die mit ihrem Geländewagen von Australien nach UK unterwegs sind. Recht viel Zeit haben sie nicht für ihre Reise und so trennen sich unsere Wege gleich wieder. Wir besorgen uns eine SIM Karte und kaufen am Markt Obst, Gemüse sowie Brot ein. Sauerrahm nennt sich hier Smethana, Ayran ist das Joghurt und der Topfen ist der Shtekery und das alles gibt es in Hülle und Fülle. Mit dem Bröseltopfen werden gleich Kärnter Nudeln gekocht.
Am Sonntagmorgen oder besser gesagt mitten in
der Nacht beginnt der größte Viehmarkt von Zentralasien und den
wollen wir uns nicht entgehen lassen. Tausende Schafe werden hier feilgeboten,
daneben noch Kühe und Kälber, sowie einige Ziegen. Natürlich
findet man auch Ketten und Seile in allen Größen und Variationen,
eben alles, was Hirten so brauchen.
Eine Schieberei ist es zwischen den geparkten Autos und Lieferwägen.
Mehr oder weniger freiwillig werden die Schafe durch die Gassen gezogen, geschoben
oder getragen. Ziel sind die Lieferwägen, zu 90% Mercedes aus den 90er
Jahren oder Sprinter, wo sie dann auf die Ladeflächen bugstiert werden.
Hier fahren gefühlt ALLE Audi 100 die je gebaut wurden. Auch in ihren
Kofferräumen ist Platz genug für Schafe oder Kälber.
Manche der Verkäufer präsentieren ihre Tiere auch in den Gassen,
indem sie mit ihnen dort auf und ab marschieren. Immer wieder fühlen
die Kirgisen am Rücken der Schafe, ob diese wohl auch gut genug genährt
sind, mit einem Blick ins Maul der Tiere werden die Zähne kontrolliert.
Alles will sorgsam begutachtet werden, bevor der Kauf getätigt wird.
Das Geld wechselt den Besitzer, das Tier wird übergeben und landet in
einem der vielen Kofferräume.
Alle sind auf den Beinen, vom Opa und der Oma bis zum Enkerl sind alle anzutreffen,
sie prüfen, handeln und flanieren über den Markt. Etepetete darf
man hier nicht sein, denn der Boden ist recht dicht mit den Hinterlassenschaften
der verschiedenen Tiere bedeckt. Wir kaufen heute nichts, denn die Grillparty
fürs Wochenende haben wir kurzfristig abgesagt ;-)
Wandern ist angesagt und so fahren wir ins Karakol valley und suchen uns dort einen schönen Stellplatz. Fündig werden wir auf einer großen Wiese, gleich neben einem Bach und inmitten von 3 Imkern, die sich ihre Lkws mit Anhängern aufs Grün gestellt haben. Den Sommer werden die Imker hier auf knapp über 2.000m Seehöhe verbringen und jeden Tag mit der Kontrolle der Bienenstöcke beschäftigt sein. Wir sind erstaunt, dass sich in den nächsten Tagen, die wir hier verbringen, nicht eine einzige Biene in den Amigo verirrt. Hier schlagen wir unser privates Basecamp auf und marschieren nun jeden Tag auf einen anderen Gipfel in der näheren Umgebung.
"Aufi, auf`n Berg" - ist unser Motto
für die nächsten paar Tage. Wanderwege gibt es nicht, aber auf der
einer Seite des Tales ist ein Schigebiet und so nutzen wir die Wege die zur
Bergstation auf 3.000m führen und wandern auf diesen zum ersten Gipfel.
Eine unbeschreibliche Ruhe ist hier oben, nur die Adler hört man ab und
zu. Knapp oberhalb der blühenden Edelweiße machen wir Mittagspause.
Am nächsten Tag wird der Gipfel auf der anderen Seite in Angriff genommen.
Steile Serpentinen geht es hoch, eigentlich ein Ziegenpfad. Wir treffen auf
ein Sommercamp von Hirten, die Tochter ist mit ihren 2 kleinen Brüdern
alleine zu Hause, während die Mutter hoch oben am Berg die Ziegen und
Schafe hütet.
Am Gipfel angekommen finden wir wieder eine Edelweiß Wiese. Alles voll
mit diesen haarigen Blumen. Die Jause schmeckt doppelt so gut und der traumhafte
Ausblick bis weit auf den Issykul See tut seiniges dazu.
Wir fahren nach Karakol zum Markt und stocken unsere Vorräte auf. Am Wochenende findet etwas östlich der Stadt ein Festival statt, dort wollen wir hin. Nur noch Wasser tanken und es kann los gehen. Aber einfacher gesagt als getan, erst nach einigem Suchen werden wir neben der Straße fündig. Die Tankstellen haben hier kein Wasser, in der Stadt sieht man keine öffentlichen Brunnen mehr und auch nirgendwo einen Wasserhahn. Da muss man schon ein wenig suchen, bis man etwas findet.
Das Festival findet in einem kleinen Dorf statt. Die Location ist wunderschön, auf einem Hang mit Blick auf die fruchtbare Ebene und die dahinterliegenden Berge die Kirgistan von Kasachstan trennen. Die letzten 2 Tage hat es geregnet und so führt uns eine Gatschpiste den Berg hoch, oben ankommen sind wir nicht das erste oder einzige Wohnmobil. Es parkt bereits ein Mercedes 1017er in der Wiese. Dessen Besitzer Andrea & Achim lernen wir dann etwas später kennen. Das Festival hat bereits angefangen und wir kommen gerade noch rechtzeitig, als der Bürgermeister ein paar Wörter an das Publikum richtet.
Schon geht es los mit dem Manas. Das ist die kirgisische 1000 Jahre alte Legende von einem mutigen Mann, der alle Stämme vereinen und die Chinesen hinter die Berge zurücktreiben konnte. Normalerweise dauert diese, nur über Erzählungen überlieferte Geschichte, mehrere Tage. Wir bekommen nur einen kurzen Auszug von wenigen Minuten präsentiert. Es ist eine Art Singsang, vorgetragen von einem Mann und drei Kindern, die das Erbe so weiter führen.
Es werden uns kirgisische Traditionen vorgeführt.
Säuglinge wurden früher in eine Holzwiege gelegt und die linke Hand
mit einem Band festgebunden, damit die Eltern sicher gehen konnten, dass es
mal ein "Rechtshänder" werden wird.
Heutzutage trägt keine der Frauen mehr den Elechek, ihre trationelle
Kopfbedeckung. Früher als alle Kirgisen noch Nomaden waren, konnte man
bei einem Zusammentreffen mit anderen Nomadenfamilien sofort auf Grund des
Elechek erkennen, zu welchem Clan man zugehörig ist und sogar welche
Stellung man dort inne hat, das alles konnte man aus der Wickeltechnik lesen.
Es gibt allerlei verschieden Musikdarbietungen und Tänze, bevor Mittags
in den Jurten das Essen serviert wird. Typische kirgisische Köstlichkeiten,
aus Milch, Joghurt, Brot und Ziegenfleisch zubereitet.
Nachmittags gibt es die allseits beliebten Pferdespiele.
Es geht hoch her beim Pferdewrestling, denn die Burschen kämpfen um ihre
Ehre. Gewinner ist derjenige, der länger im Sattel bleibt. Bei einem
Kampf fällt sogar ein Spieler mitsamt Pferd zu Boden und als dann noch
sein Gegner über das liegende Pferd reitet, ist der überrumpelte
Mann nicht mehr zu halten. Sofort sind alle Jungs hier und es kommt zu einer
wilden Auseinandersetzung. Es dauert etwas, bis der Schiedsrichter die Masse
beruhigen kann und das Spiel seinen Fortgang nimmt. Ganz geklärt wird
die Angelegenheit erst später, deutlich abseits der neugierigen Zuschauer...
Es werden Pferderennen veranstaltet, bei kyz kumay (kiss the girl) musste
früher der Bursche seine ausgesuchte Braut mit dem Pferd einholen und
ihr einen Kuss abringen.
Ulak tartysh ist der beliebteste Sport, wo 2 Mannschaften gegeneinander antreten.
Fast so wie bei uns beim Fußball, nur das ein kopfloses Schaf anstatt
eines Fußballes zum Einsatz kommt und alle Spieler auf Pferden sitzen.
Am Ende wird das Schaf vor eine Jurte gelegt. Die Bewohner müssen das
Schaf kaufen und daraus ein köstliches Gericht für alle Spieler
zaubern.
Derweil kocht das Pferdegulasch schon seit Stunden und Wolfi und Achim wollen natürlich probieren. Sofort werden sie in die Jurte eingeladen und so sitzen sie zwischen den Veranstaltern und Teilnehmern und bekommen Pferdefleisch serviert.
Am Spätnachmittag, wir machen es uns zwischen
unseren Lkws gemütlich, als die Festivalbesucher an uns vorbei ins Dorf
gehen. Viele, vor allem Männer, haben keinen geraden Gang mehr, sondern
torkeln die Wiese runter. Aber davor machen sie noch Halt bei uns, um ein
paar Worte zu wechseln und um eventuell noch einen kleinen, letzten Schluck
Vodka zu ergattern...
Kurz bevor die Sonne untergeht, besuchen
uns noch ein paar von den Veranstaltern. Sie schlagen uns einen Tausch vor.
Wir sollen in die Sättel der Pferde hüpfen, während sie unsere
Campingstühle testen. Verena ist noch nie auf einem Pferd gesessen und
schaut recht schreckhaft, als einer der Burschen dem Pferd mit der Peitsche
eines auf den Hintern gibt und dieses losmarschiert. Zum Glück ist das
Pferd ziemlich langsam und so traben die beiden eine zeitlang dahin. Wolfi
hat mehr Mut und traut sich sogar ein Kunststück zu.
Den ganzen Sonntag regnet es und so machen wir
einen Sitzmarathon mit Andrea & Achim, ganze 12 Stunden sitzen wir im
Amigo, ratschen und trinken unser Lager leer.
Dieser Teil von Kirgistan hat eine große Ähnlichkeit mit Österreich,
nicht nur landschaftlich, sondern auch wettertechnisch. 2 Tage schön,
2 Tage Regen usw. Am nächsten Tag leuchtet die Sonne wieder vom Himmel
und so machen wir uns auf den Weg ins Jeti Ögüz Valley im Tian-Shan
Gebirge. Dieses Gebirge mit ihren 100 Gipfeln zwischen 5.000 und 7.000m bildet
unter anderem die natürliche Grenze zu China. Die nächsten 2 Tage
sollten schön und sonnig bleiben.
Beim Schranken müssen wir 200,- Som Eintritt bezahlen, dann geht es weiter
durch eine enge Schlucht in den großen Talkessel auf 2.200m. Neben einem
Bach finden wir ein nettes Plätzchen zum Parken.
Der Wanderweg führt uns hoch zum Wasserfall, dabei passieren wir einige
Jurtencamps. Es ist einiges los , denn viele Kirgisen aus der Stadt verbringen
ihren Urlaub auf der Alm. Hinter uns hören wir Pferdegetrappel, 2 Jungs
wollen uns einen Ritt zum Wasserfall verkaufen, es geht doch etwas steiler
hinauf. Nein danke, wir wandern lieber.
Viel Vieh ist hier auf der Alm, Kühe, Pferde, Schafe und Ziegen. Jeden
Morgen kommt ein Pick up, mit einem großen Milchtank auf der Ladefläche,
ins Tal gefahren. Die Bauern warten schon bei der Sammelstelle, um ihre Milch
abgeben zu können.
Wir wandern entlang vom Fluss das Tal hinein. Es sind eigentlich nur internationale
Touristen, die man wandern sieht. Die Einheimischen fahren mit ihren Autos
so weit es nur irgendwie geht, um dann zu picknicken. Man kann aber auch eine
Aussichts- und Abenteuertour in einem Lkw buchen. Da fährt man dann auf
einem Allrad Lkw über Stock und Stein und durch Flüsse bis auf die
höchsten Almen. Nach 8km sehen wir endlich die schneebedeckten 7.000er.
Hier machen wir unsere Jausenpause, bevor wir wieder retour gehen.
Die gut genährten Schafe sind gefragt. Wir beobachten einen Vater mit seinen Jungs, der ein paar Schafe vom Hirten abkauft. Für ein ausgewachsenes Schaf bekommen die Hirten ca. 70,- €. Viel Geld, doch dafür schmeckt das Fleisch ausgezeichnet, denn die Tiere ernähren sich ja nur von Almkräutern. Die Jungs fesseln den Schafen die Füsse, um sie anschließend leichter in den Kofferraum des wartenden VW Jetta hieven zu können.
Abermals vertreibt uns das schlechte Wetter aus
den Bergen. Jetzt sind wir schon seit gut 2 Wochen am Issykul See und haben
ihn immer nur aus der Ferne gesehen. Deshalb machen wir uns auf den Weg zum
Nordufer des Sees. Dort sollen sich die mondänen Badeorte der Urlauber
befinden. Doch vorher besuchen wir gleich den ersten Strand, der am Weg liegt.
Ein kleine Badebucht mit glasklarem, kalten Wasser. Es ist recht frisch und
wir freuen uns über die heiße Quelle nebenan, um die Gänsehaut
wieder loszuwerden.
Der Issykul See ist mit 170km Länge der zweitgrößte Gebirgssee
der Welt. Die Kombination aus extremer Tiefe, thermalischer Aktivität
und dem leichten Salzgehalt lassen den See nie gefrieren, obwohl es im Winter
sehr, sehr kalt wird.
Kirgistan ist ein muslimisches Land und so hätten wir es uns nicht gedacht,
so freizügig am Strand rumlaufen zu können. Manche Frauen kommen
mit Kopftuch und weiten Kleidern an und nachdem sie die Umkleidekabine verlassen
haben, stehen sie einem im sexy Badeanzug oder Bikini gegenüber. Was
es nicht so alles gibt?? :-)
Marillen, Zwetschken, Sanddorn und Ribisel werden neben der Straße angeboten. "Eine schwarze Ribiselmarmelade wäre wieder mal gut, schon ewig lange nicht mehr gehabt." Gesagt, getan und abends ist die Marmelade schon abgefüllt.
In Cholpan Ata legen wir eine Pause ein. Das ist
DER Badeort der Reichen und Schönen!!! Sie kommen aus Bishkek, aus Kasachstan
und Russland hierher angereist, um den See und die herrliche Aussicht auf
das Tian Shan Gebirge zu genießen. Der Weg zum Strand ist voll mit Verkaufsbuden,
wo man Lebensmittel, Souveniers, Badeutensilien usw. erwerben kann. Als wir
den Sandstrand erreichen, staunen wir nicht schlecht: Bibione lässt grüßen...
Wolfi meint, dass es hier aussieht, wie in Yugoslawien zu den Anfangszeiten
vom dortigen Tourismus.
Wir probieren uns durch die eingelegten Schwammerl und Pilze die sie anbieten
und den Plov - ein Reisgericht mit Karotten, Kichererbsen, Rosinen und Schaffleisch.
Wir haben uns mit Andrea & Achim in Tamchy
verabredet. Es ist Freitag und morgen sollte hier ein Adlerfestival stattfinden.
Die Leute vom Touristeninfo schicken uns an den gut gefüllten Strand.
Aber wo am Strand, der ist doch mindestens 1km lang? Niemand weiß etwas
von einem Fest. Das wird doch wohl kein Touri-Nepp sein? Am Ende des Strandes
parken wir uns ein und warten auf die beiden Deutschen.
Am nächsten Tag nach dem Frühstück machen wir uns auf die Suche
nach dem Fest. 2 Teppiche am Boden, ein aufgebauter Lautsprecher und einige
Touristen drumherum, lassen uns vermuten, dass hier das Fest stattfinden sollte.
Leider ist die Vorführung sehr enttäuschend, jedoch die Pferdespiele
am Nachmittag werden genau vor unseren Lkws ausgetragen und wir sitzen 1.
Reihe.
Im Dorf beschlagen sie gerade ein Pferd und wir beobachten wie sie das selbstgebastelte
Hufeisen mit den Nägeln am Huf befestigen.
Gemeinsam geht es weiter nach Kegeti zum Burana
Tower. Dieser Turm ist das Wahrzeichen von Kirgistan. "Ist doch etwas
mickrig", denken wir uns beim Anblick des schiefen Turms. Eine kirgisische
Frau, die in Deutschland lebt, erklärt uns, dass dieser Turm früher
zur Erspähung von Feinden gedient hatte. Er soll dazumal viel höher
gewesen sein. Ein dunkler, enger Gang führt uns auf das Dach.
Die Grabsteinmännchen finden schon mehr Anklang bei uns. Wie überdimensionierte
Gartenzwerge ......
Viele kirgisische Frauen haben Goldzähne. Sobald sie lachen, glänzt es aus dem Mund. Wir fragen uns wozu? Ist das die Brautaussteuer? Wenn man in Geldnöten ist, lässt man sich die dann einfach ziehen und zu Geld machen? Oder sollte damit vielleicht das Begräbnis bezahlt werden? Wir spekulieren rum und haben keine Antwort darauf. Als Verena ein deutschsprechendes Mädchen darauf anspricht, meint sie, dass Gold in den 90er Jahren billiger gewesen sein sollte als Keramik. Ist die Antwort wirklich so einfach?
Die Sonne ist gerade beim Untergehen, als 5 Autos neben unseren Lkws halten. Mindestens 35 Menschen hüpfen heraus und die Party beginnt. Ein Familienmitglied fliegt in einigen Tagen in die USA und der Abschied muss gefeiert werden. Die Tochter hat als Au-pair-Mädchen in Deutschland gearbeitet und spricht hervorragend unsere Sprache. Wir sind herzlich zum Fest eingeladen, es gibt Essen und Wodka. Gerne gesellen wir uns zu ihnen. Eine Frau geht mit einem Fladenbrot in der Hand herum. Darauf liegen große Stücke Schafsfleisch. Für die Gäste nur die besten Stücke!! In einem Plastikbecher wird immer wieder Wodka nachgeschenkt und angeprostet."Nicht zitzerlweise, sonder ex muss man trinken", so die Einheimischen. "So geübt sind wir doch nicht!" Nach jedem Schluck streckt der Opa die Hand nach Verenas Becher aus. Will er nachsehen, ob sie wohl wirklich ausgetrunken hat? Nach 5maligen Handausstrecken gibt sie ihm schließlich den Becher und bekommt im Gegenzug seinen. Als Verena daraus trinkt, merkt sie schnell, dass da nur Saft drinnen ist. Na sowas, haben sie dem Opa keinen Vodka mehr gegeben und deshald wollte er unbedingt Verenas Becher. So ein Schlitzohr!
Bishkek, die Hauptstadt. Auf dem ersten Blick
ist sie nicht ansprechend, aber wir haben Zeit genug für mehrere Blicke.
Wir müssen hier das Visum für Tadschikistan besorgen, geben unserem
Visumsantrag ab, bezahlen 55,-US/Person und dürfen 2 Tage warten. Derweil
geben wir Bishkek eine Chance und sehen uns die Stadt etwas genauer an.
Mächtige Gebäude, häßliche Bauruinen, viele Kriegsdenkmäler
und riesige Parkanlagen mit altem Baumbestand und bunten Blumen.
Neben unserem Parkplatz wird Limousinenservice
für den schönsten Tag im Jahr angeboten. Verschiedenste Automarken
in Stretch-Version. Vielleicht ein goldener Audi oder lieber eine Autokutsche,
man hat die Qual der Wahl. Ein neuer Mercedes S-Klasse 500 AMG kostet USD
500,- inklusive Chauffeur für die Hochzeit. Der Puch G mit Chauffeur
dagegen ist richtig günstig mit USD 15,- die Stunde. So mieten sich die
Brautleute nicht selten einen weißen S 500 für sich und für
die Gäste werden schwarze Mercedes G bereitgestellt....
Wir lieben Märkte, so auch den Osh-Bazar in Bishkek, wo man tagelang durchschlendern könnte und trotzdem noch nicht alles gesehen hat. Alles was man zum Leben braucht, wird hier angeboten. Es ist nur anfangs etwas schwierig, die richtige Gasse im großen Labyrinth zu finden. Besonders die Markthalle mit den Lebensmitteln hat es uns angetan. Das frische Brot duftet schon von weitem. Allerlei Wurstwaren, verschiedene Käsesorten, getrocknete Früchte, Nüsse und Gewürze. Auch Tierfutter wird zwischen den Säcken mit Mehl und Reis angeboten.
Bestens ausgerüstet kann es wieder ins nächste
Tal gehen. Nur wenige Kilometer hinter der Hauptstadt geht es für uns
ins Ala-Archa Tal hinein auf 2.100m. Leider ist Wochenende und dementsprechend
viele Städter kommen zum Picknicken in den Naturpark. Der Kofferraum
der Autos ist vollbeladen mit Säcken voll Lebensmitteln, einigen Litern
Bier und Wodka, den Griller, Decken und Pölster für den Boden, Klamotten
und Schuhe für jedes Wetter. Man würde meinen, dass sie tagelang
unterwegs sein würden. Doch all dieses Gepäck ist nur für das
Picknick, einige Stunden lang am Nachmittag, betimmt. Ja, die Familien sind
etwas größer, als bei uns.
Der Nachbar fährt gerade seine bestimmt über 10kg schwere Wassermelone
mit einer rollenden Einkaufstasche den Berg hinauf.
Mit einer kleinen Jause im Rucksack marschieren wir los, den Berg hinauf.
Im engen Tal biegen wir links den Hang hinauf. Steil, steiler am steilsten
- das Wandern in Kirgistan ist nicht ganz so gemütlich, wie wir es von
Österreich gewohnt sind. Ein schmaler Pfad führt den Wasserfall
hinauf, wo wir uns die Jause schmecken lassen. Neben uns geht es tief hinab
zum Fluss, wo das Wasser vom Gletscher nur so herunterdonnert. Der weitere
Weg zum Gletscher besteht nur noch aus großen Felsbrocken, über
die man klettern muss. Unser alter 4Beiner tut sich etwas schwer und so entscheiden
wir uns für den Abstieg.
Am Parkplatz ist die Hölle los. Unterschiedliche Musik aus verschiedenen
Richtungen dröhnt in unseren Ohren, manche Einheimische tanzen schon
auf der Straße - der Vodka hat seiniges getan. Uns stört es nicht
weiter, wir sind müde und ziehen uns gleich ins Wageninnere zurück.
Auch auf der nächsten Wanderung müssen wir nach 5km umdrehen, da
der Weg nur noch über einen steilen Geröllhang mit rutschenden Gesteinsbrocken
führt. Apollo ist mittlerweile 11 Jahre und für seine Hüften
nur mehr schwer machbar. Aber ihn einfach zu Hause zu lassen, während
wir seinem Lieblingshobby, dem Wandern nachgehen, bringen wir nicht über
das Herz. Sobald wir morgens den Rucksack packen und unsere Wanderschuhe anziehen,
fängt er vor Freude zum Fiepsen und Rumhüpfen an und hört erst
auf, wenn wir losmarschieren.
Apollo streicheln gegen Adlerhalten. Das ist mal ein Tausch! Sofort stimmen wir zu. Ganz schön schwer das Tier. Verena geht lieber etwas auf Sicherheitsabstand, denn als Wolfi den Adler am Hals kraulen will, schnappt er gleich nach seinem Finger. Ein edles, aber freches Tier!
So, nun soll es endlich weiter gehen in den Süden von Kirgistan. Bald beginnen die Berge, aber davor müssen wir noch bei einer Mautstelle Gebühren entrichten. Während die Einheimischen ein automatisches Ticket bekommen, kramen sie für uns extra einen Block von ganz unten hervor. Anstatt 275,- SOM (ca. USD 4,-) sollen wir gleich USD 60,- bezahlen. Sowas unverschämtes. Wir bieten ihnen 500,- SOM an, mit denen sie sich aber nicht zufrieden geben. Der junge Kassier ignoriert uns und will nicht mehr mit uns reden, nachdem er uns deutlich gemacht hat, dass wir halt umdrehen sollen, wenn es uns zu teuer ist. Dieser kopierte Block ist ja wirklich eine Frechheit, denken wir uns. Doch was machen? Polizei und Ticketverkäufer machen gemeinsame Sache, um ihr Einkommen etwas aufzubesseren. Wir bleiben stur und stehen mehr als 1,5 Stunden an der Mautstelle. Nach dem wir dann einem anderen Kassier USD 10,- bezahlen, dürfen wir endlich passieren und fahren nur noch ein paar Kilometer, bis wir einen schönen Nächtigungsplatz finden.
Die Straße schlengelt sich neben einem Fluss durch eine Schlucht und
geht dann in Serpetinen den Berg hoch bis zum Tunnel, der den Pass entschärft.
Die Ampel hat rotes Licht, aber nur für Lkws und so warten wir die 15min
bis es auf grün schaltet. Der holprige Tunnel ist unbeleuchtet und mittendrinn
eine Baustelle, die man kaum sieht, denn die Luft ist zum Schneiden dick von
den vielen Abgasen. Auf der anderen Seite vom Pass gehen wieder viele Kurven
runter auf eine Hochebene, auf der einige Jurten aufgebaut sind. Nicht nur
Jurten, sondern auch ausrangierte Wohnwägen, Baucontainer oder Zirkuswagen
- die Nomaden nehmen mit alles Vorlieb. Als Reisender fühlt man sich
gleich wohl und gut aufgehoben zwischen den "Gleichgesinnten".
Die Menschen leben von ihren Pferden, Ziegen und Schafen und deren Milchprodukten.
Es werden getrocknete Joghurtbällchen hergestellt und am Straßenrand
feil geboten. Diese sind nicht so nach unserem Geschmack, sehr salzig und
etwas "rauh" im Abgang.
Schon von weitem winkt uns die Polizei an den
Randstreifen. Unser Vergehen: Kein Licht eingeschaltet. "Driving-licence,
but original!"wollen sie sehen. Wolfi reicht die internationalen
Fahrzeugpapiere rüber und wird dann einmal ignoriert, denn der Beamte
ist ganz fleißig am Schreiben. Kurze Zeit später bekommt er einen
Strafzettel in die Hand, auf der ein Bußgeld von 20.000,- Som (ca. €
280,-) steht, zahlbar bei einer Bank in Osh. Wolfi kann sich das Lachen nicht
verhalten und lächelt den Beamten an. "If you transfer the money,
you get your driver licence back", so der Beamte zu ihm. Wolfi nimmt
den Strafzettel, dreht sich um und geht zum Auto. Where do you want to
go? ruft der Polizist plötzlich nach, es kommt Bewegung in die Sache.
"To Osh, paying the fine!" antwortet Wolfi "NO,
no you can pay here!" darauf der Polizist und nimmt Wolfi den Strafzettel
wieder ab. Als Wolfi dann die Hand nach seinen Führerschein ausstreckt,
wird dieser ihm kommentarlos gegeben.
Vielleicht haben sie ja beim Nächsten mehr Glück? Jedem der 3 Beamten
wird ein Handschüttler gegeben, dann fahren wir weiter. Immer ein gutes
Gefühl, neue Freunde gefunden zu haben;-)
Am Toktogul See treffen wir auf Naturwissenschaftler
aus Deutschland und Österreich. Sie haben eine Süd-Kirgistan Expedition
gebucht und werden mit Allrad Lkws durchs Land gefahren.
Am Südufer vom See finden wir ein nettes Platzerl zum Übernachten.
Es ziehen dunkle Wolken auf, der Wind bläst sehr stark und bald darauf
fallen ein paar Regentropfen, das war es dann aber auch. Am Himmel sind gleichzeitig
3 wunderschöne Regenbogen zu sehen und wir beobachten das Gewittter,
das sich nördlich vom See austobt.
Am Kürp Say Reservoir leuchtet das Wasser wunderschön türkis. In den Felsen wurde eine Straße reingehauen, die entlang des Stausees führt. Wir sehen noch die Strommasten aus dem Wasser ragen, die sie vor der Flutung nicht demontiert haben.
Es geht bergab und es wird immer wärmer, mittlerweile zeigt unser Außenthermometer 33°C. Wir sind im Fergana Tal angekommen. Das Tal erstreckt sich weit nach Usbekistan hinein. In der UdSSR, als die ganzen Stan Länder in einem Staat vereint waren, wurde das Straßennetz von den Russen erbaut. Nach der Unabhängigkeit der einzelnen Staaten wurden wieder Grenzen gezogen und einige Straßen können nun nicht mehr passiert werden. So wurde eine neue Straße angelegt, die sich in vielen Kurven entlang der Grenze schlingelt. Immer den Stacheldrahtzaun in Reichweite. Wir sehen die usbekischen Soldaten auf ihren Wachtürmen patrouillieren.
Wir machen einen Abstecher nach Arslanbob, wo
es den größten zusammenhängenden Walnusswald der Erde gibt.
Neben dem Bergdorf donnert der Fluss, als braune Brühe runter, da muss
es im Gebirge ganz schön rundgegangen sein. Wir parken uns auf eine nette
Wiese an den Fluss. Morgen wollen wir zu dem Walnusswald hochsteigen. Ein
gewaltiges Bergmassiv rahmt das Dorf ein.
Am Basar geht es rund, kaum kommt man durchs Gewühl. Die Menschen sind
fleißig am Kaufen und Verkaufen. Im Touri-Info wollen wir uns nach dem
Weg erkundigen. Der hilfsbereite Mitarbeiter hat viele österreichische
Freunde. Vor nicht allzu langer Zeit war er seine Freunde in Kärnten
besuchen und mit ihnen in den österreichischen Bergen unterwegs. Er will
uns zum Mittagessen einladen, doch wir kommen zu spät, weil wir uns im
Waldetwas verlaufen haben . Die Touri-Info
hat schon geschlossen. Schade!
Bis zum kleinen Wasserfall ist der Weg markiert. Dann wollen wir den Felsenweg
zum Aussichtspunkt hochsteigen. Der Wald ist 11.000 ha groß. Uns kommt
vor, dass die Bäume wenig Nüssen tragen. Teilweise ist der Baumbestand
schon sehr alt. Dicke Stämme ragen in den Himmel. Wenn am Stamm eine
große Wulst heraus wächst, wird es als "Baumkrebs" bezeichnet.
Diese Wülste werden markiert und niedergeschrieben und immer wieder kontrolliert.
Wenn der Minister sein OK gibt, wird man diese Wulst wegschneiden und teuer
verkaufen. Man findet sie dann als Innenverkleidung bei sehr exklusiven Autos
wieder.
Mitte September ist Erntezeit, ganze 1.500 Tonnen Walnüsse werden dann
geerntet. Also schon bald.....
Wir entdecken auch Bäume mit Cherryplumps (Kirschzwetschken), sie sehen
aus wie Kirschen, schmecken aber nach Pflaumen.
Bis nach Osh ist es nicht mehr weit und nachmittags
treffen wir dort ein. In der Stadt statten wir Patrik, einem Schweizer der
hier lebt und Motorradtouren anbietet, einen Besuch ab. Denn dort liegt ein
kleiner Brief für uns. Das Ersatzteil für die Heizung ist eingetroffen.
Ein paar Tage später baut Wolfi den Teil ein und die Heizung funktioniert
wieder, juchuuu!
Herr Lenin begrüßt Wolfi mit einem Handshake. Gegenüber im
großen Park werden Hochzeitsfotos gemacht. Die Frauen wunderschön
zurechtgemacht, eine kleine Musikgruppe heizt die Stimmung an, es wird getanzt
und natürlich Wodka getrunken. Während das Brautpaar eine lange
Gerade entlang marschiert und hinter ihnen eine Mercedes-Formation nebeneinander
herfährt, kreisen Drohnen mit Kameras am Himmel, um ja alles festzuhalten.
Auch haben wir heute einen wichtigen Termin, ein Österreicher-Treffen
findet statt. Ute & Thomas aus Vorarlberg, sind heute eingeflogen, nachdem
sie eine 2monatige Pause in der Heimat eingelegt hatten. Evi & David aus
Tirol mit Motorrädern in Zentralasien unterwegs, sind ebenso hier in
Osh. Also gehen wir am Abend alle gemeinsam essen. Es wird spät, denn
es gibt viel zu erzählen. Da müssen wir uns doch glatt morgen wieder
treffen!!!!
Osh ist die 2. größte Stadt Kirgistans,
doch man hat den Eindruck eher in einer ländlichen Kleinstadt zu sein.
Fast alles ist zu Fuß erreichbar. Die Grenze zu Usbekistan ist nur wenige
Kilometer entfernt und in Osh leben an die 40% usbekische Kirgisen. Der Islam
ist hier schon sehr viel präsenter, als im Norden von Kirgistan. Öfter
hören wir den Muezzin rufen.
Wir erklimmen Salomons Thron, einen Hügel im Zentrum der Stadt. Viele
einheimische Frauen in jedem Alter quälen sich hunderte von steilen Stufen
hoch, um über die Fruchtbarkeitsrutsche, eine spiegelglatt gerutschte
Felsrinne, zu rutschen. Darauf hoffend, dass ihre Gebete erhört werden,
denn Kinder sind das wichtigste Gut einer kirgisischen Familie. Wir wollen
"nur" die Aussicht genießen und keine Fruchtbarkeitsrituale
ausprobieren ;-)
Der Basar in Osh ist zentralasiatisch angehaucht.
Von jedem Land soll es hier etwas geben. Wir schlendern über den Markt
und decken uns mit Köstlichkeiten aus der Region ein, damit wir in den
Bergen von Tadschikistan nur ja nicht verhungern. Unsere Tage in Kirgistan
sind gezählt.
Bald nach der Stadt geht es wieder in die Berge.
Zuerst über einen 2.400m hohen Pass, dann weiter über einen 3.600m
hohen Pass. Ja es steigt ganz schön an und plötzlich sehen wir das
Pamirgebirge vor uns. Wie eine unüberwindbare Wand, ein natürlicher
Grenzwall und alle Gipfel sind schneebedeckt. Irgendwo zwischen den hohen
Bergen muss die Straße nach Tadschikistan hochführen.
Wir treffen nochmals die beiden Tiroler, sie wollen schon morgen über
die Grenze, während wir uns hier noch etwas akklimatisieren wollen. Wenn
man erst mal in Tadschikistan ist, fährt man auf einer Hochebene von
4.000m entlang.
Der Himmel ist blau, das Wetter ist gut, also
beschließen wir kurzerhand doch noch zum Basislager vom Peak Lenin zu
fahren. Eine etwas mulmige Brücke führt uns über den Fluß,
dann den Weg weiter bis auf eine Höhe von 3.500m. Doch leider nehmen
wir die falsche Piste und gelangen so zu einigen kleinen glasklaren Seen.
Ein Jurtencamp ist aufgebaut, das Base Camp ist nur noch 2km entfernt, doch
auf der anderen Seite vom Fluß. Naja, dass kann schon mal vorkommen....
;-) Hoffentlich haben wir morgen früh wieder schönes Wetter, denn
dann sollte der 7.000er zum Greifen nahe sein. Mit einer Besteigung wird es
leider nichts....;-)
Auch am nächsten Morgen versteckt sich der Mt. Lenin hinter einer dichten
Wolkendecke.
So packen wir zusammen und machen uns auf den Weg Richtung Tadschikistan.