Russland und Kasachstan 27.06. - 20.07. 2016

 

 

Zuerst müssen wir mal aus der Mongolei ausreisen. Wir stehen vor dem Tor der mongolischen Grenze, eine Fahrzeugkolonne hat sich bereits gebildet und nichts geht weiter. Der Grund dafür: Die Grenze öffnet erst um 10.00 Uhr und jetzt ist es 9.30 Uhr. Endlich, die Autos vor uns starten den Motor und es tut sich was. Meter für Meter kämpfen wir uns vorwärts. Es werden immer nur wenige Fahrzeuge zur Grenzabfertigung vorgelassen.
Wir bekommen Besuch von einem mongolischen "Helfer", der uns zuerst nach der Versicherung fragt. Als wir ihm die grüne Karte zeigen, ist er enttäuscht und lässt sich schnell etwas anderes einfallen. "road tax, 10,- USDollar" - die bezahlen wir sicher nicht, wo doch Straßen so gut wie gar nicht vorhanden sind und uns nur noch 50m von Russland trennen. Er kehrt uns den Rücken und kommt kurze Zeit später wieder im Auto mit einem Beamten in Uniform zurück. Wahrscheinlich meint er, uns damit beeindrucken zu können. Doch wir bleiben hart und bezahlen nichts. Das kostet uns Zeit, denn das Tor wird genau vor unserer Motorhaube zugemacht und wir müssen warten bis die nächste Gruppe aufs Gelände gelasen wird. Na wenn`s sein muss? Insgesamt vergehen 3 Stunden, bis wir endlich zur Grenzabfertigung kommen. Den Pass ausstempeln und Zollpapiere überprüfen, innerhalb von 15 Minuten ist alles erledigt und wir verlassen die Mongolei.

Russland - das Altai

Es geht ein paar Kilomter durch das Niemandsland, dann stehen wir vor dem russischen Grenztor. Ein Soldat gibt die Autonummer und die Anzahl der Personen im Fahrzeug über Funk zur Grenzstation durch und schon sind wir unterwegs dorthin. In der kleinen Stadt Tashanta werden die Grenzformularitäten erledigt. Auch hier brauchen wir viel Geduld, denn Warten ist angesagt. Die Passkontrolle ist schnell gemacht, aber beim Zoll hat sich schon eine Warteschlange gebildet. 2 Motorradfahrer stehen dort und wollen ihr "Carnet" stempeln lassen, doch die Russen zeigen ihnen die kalte Schulter, "NIX Carnet, Carnet njet!!" Mario & Franco arbeiteten und lebten mehrere Jahre in Australien und sind nun auf dem Weg nach Deutschland bzw. nach Italien. Sie haben leider auch keine australischen Fahrzeugpapiere mit sich, denn dort bekommt man nur mehr einen A4 Zettel mit den Daten und der Versicherungsbestätigung darauf, das schaut nicht sehr offiziell aus! So dauert es, bis sich die Zöllner endlich durchringen und den Wisch akzeptieren. Dann geht endlich was weiter, im Endeffekt verlassen wir noch vor den beiden den Zollhof.
Alle, aber wirklich ausnahmslos alle mongolischen, russischen und kasachischen Fahrzeuge müssen ihr Gepäck aus dem Auto räumen und durch den Scaner lassen. Viele von ihren Autos sind aufgepackelt und vollgestopft, die Dachträger hängen durch. Endlich nach etwas mehr als 6 Stunden haben wir die beiden Grenzabfertigungen hinter uns und wir sind in Russland.

Die erste Nacht verbringen wir kurz vor Kosh Agach an einem kleinen idyllischen See mit vielen Vögeln. Die ersten Schritte zum See - und es schwirrt nur so schwarz um Verenas Kopf und surrt um die Ohren. Also machen auch wir nun Bekanntschaft mit den vielberühmten sibirischen Moskitos. Es bleibt bei wenigen Schritten, denn Verena flüchtet sofort zurück ins Innere vom Amigo. Alleine Apollo nimmt eine ganze Heerschar von den Blutsaugern mit ins Haus und es dauert einige Zeit, bis wir all die Biester vertrieben haben. Endlich damit fertig, klopft es an der Tür. Mario & Franco kommen mit einem kalten Bier vorbei und wir tratschen noch stundenlang. Als sie sich verabschieden, beginnt für uns wieder die Jagd auf die lästigen Moskitos, die die beiden Jungs mitherein gebracht haben.

Nur wenige Kilometer von der Mongolei entfernt, verändert sich die Landschaft abrupt. Von der trockenen Steppe geht es über in Berge mit grünen Sträuchern und Nadelbäumen. Die Dörfer bestehen aus einfachen Holzhäusern, dahinter die schneebedeckten Berge.

Mit jedem Kilometer wird der Wald dichter und die Wiesen grüner und saftiger. Die Blumen und Gräser die an uns vorbei ziehen, die kennen wir doch. Bei der nächsten Gelegenheit werfen wir den Blinker an und parken uns neben einen Fluß ein. Wir wollen eine Runde durch die Blumenwiese spazieren. Über die schöne Holzbrücke und wir können einen Forstweg entlang marschieren. Vergissmeinnicht, Glockenblumen, Rittersporn, Schafgarben, Sauerrampfer und wie sie alle heißen. Die gleichen Wiesenblumen und auch der Wald sieht aus wie in Österreich. Wir fühlen uns sofort wohl und heimelig und es kommt sogar ein bisschen Heimweh auf.

Leider haben wir bei der russischen Botschaft in Ulan Baator nur ein 7 Tage Tranist Visum erhalten, dennoch sind wir dankbar dafür. Denn für die knapp 1.300 km, die wir durch Russland fahren, um zur kasachischen Grenze zu gelangen, bräuchten wir keine 7 Tage. Entweder hat der russische Beamte auf der Botschaft keine Ahnung gehabt, denn normalerweise werden 500km am Tag veranschlagt. Vielleicht aber wollte er uns einfach nur eine Freude machen, was er definitiv geschafft hat. Denn so können wir durch das Altai etwas trödeln und bei den vielen unzählig schönen Plätzen länger verweilen.

Als wir in den ersten kleinen Supermarkt gehen, staunen wir gleich nochmals, denn es lachen uns Wurst- und vor allem Käseprodukte an, dazu das herrliche frische Brot. Getrockneter Fisch in allen Varianten. Ein halber Kilo geräucherter Lachs um ca. 3,- €. Auch im Restaurant kommen uns die Speisen sehr bekannt vor. Die Karte können wir zwar nicht lesen, aber in den Töpfen erkennen wir Kartoffelpüree und faschierte Laibchen. Als Nachspeise gibt es Palatschinken. Wir sind doch noch so weit von Europa entfernt und dennoch ist mit einem Male vieles so heimisch.

Vor allem Verena fühlt sich sonst in den ehemaligen kommunistischen Ländern nicht unbedingt wohl. Die Plattenbauten und das viele Grau erdrücken sie. Auf positivste überrascht über so viel landschaftliche Schönheit und gemütliche Dörfer, fahren wir strahlend wie Honigkuchenpferde durch Sibieren. Auch haben wir fast keine Moskitos mehr und das sollte die ganze Woche so bleiben.
Normalerweise wenn man an Sibieren denkt, denkt man automatisch an Kälte und Einsamkeit. Doch wir erleben eine ganz andere Seite von Sibirien.
Die Straße schlängelt sich dem Fluß Katun entlang und e
s gibt so viele Möglichkeiten direkt am Fluß unter schattenspendenden Bäumen zu parken. Auch die Russen machen es nicht anders. Es ist Ferienzeit und viele kommen, um ihren Urlaub hier zu verbringen. Die meisten bauen einfach ihr Zelt an solchen Plätzen auf und genießen ihren Campingurlaub und das Fischen.

In Altai Gorski besuchen wir eine russich-orthodoxe Holzkirche. Ganze Holzstämme wurden beim Bau aufeinander geschlichtet, wie bei einem kanadischen Holzblockhaus. Eine interessante Architektur für eine Kirche. Auch das Innere, das eher einer gemütlichen Bauernstube ähnelt, strahlt Flair und Atmosphäre aus. Als wir dann hören, dass solch eine Messe schon mal 3 Stunden dauern kann, verlassen wir die Kirche....

Wir haben das Gebirge hinter uns gelassen, bis Bysk sind es nur wenige Kilometer. Nun geht es nur noch zur kasachischen Grenze. Mittlerweile ist alles eine einzige Ebene. Wir wundern uns über die vielen parkenden Autos in den Wiesen. Ganze Familien hocken zwischen den hohen Gräsern und machen was? Wolfi will das genauer wissen und stapft durch das hohe Gras zu ihnen. Er kommt mit einer Handvoll roter Früchte zurück. "Wau, das sind ja Erdbeeren." Die ganzen Wiesen hier sind voll davon!!
Vorbei an aufgelassenen Kolchosen und kilometerlangen Ackerflächen, die mit Weizen, Sonnenblumen, Soja oder Roggen angebaut sind, fahren wir eine "Abkürzung" entlang vom Fluß Ob quer durchs ländliche Altai und kommen vor Rubzowsk wieder auf die Hauptstraße zurück. So haben wir ein Stück Landleben von Sibirien gesehen. Einige Male haben wir mit dem Tacho mitgestoppt, um die Größe der riesigen Felder auszumessen, meist einige Kilometer lang und ca. einen Kilometer breit. Dementsprechend groß sind auch die Traktoren, die hier oftmals zu zweit nebeneinader fahren und die Felder kultivieren. Wir schauen ihnen zu und als sie einmal hin und her gefahren sind, ist das restliche zu bearbeitende Feld nicht kleiner geworden, zumindest nicht ersichtlich...

 

Kasachstan

 

Beide Grenzen sind sehr schnell und unkompliziert passiert. Wir wollen noch eine kasachische Autoversicherung kaufen, bevor wir die Fahrt aufnehmen. Der Versicherungsagent spricht kein Englisch und mit Hilfe vom Google-Übersetzer spricht nun eine computergesteuerte Frau über Lautsprecher mit uns. Ihr verzerrtes Englisch ist nur schwer zu verstehen, doch irgendwie geht es schon. Nur leider haben wir noch keine Landeswährung. Wie der Zufall es oft will, kommen genau in diesem Moment Ruth & Jürgen mit ihrem MAN angerauscht. Die beiden Deutschen sind auch schon längere Zeit unterwegs und nun in die entgegengesetzte Richtung unterwegs. Sie haben noch kasachische Tenge, die sie uns in Euros tauschen, Danke!! Den restlichen Nachmittag verplaudern wir mit ihnen direkt auf der Straße zum Grenztor. Sie haben Informationen für uns und umgekehrt auch wir für sie. Die ersten 100 km in Kasachstan sind noch sehr fruchtbar. Riesige Äcker, dahinter Wald und große Kuhherden auf endlosen Wiesen, die von einem Hirten begleitet werden.


An der ersten Tankstelle machen wir Halt, um unsere Dieselvorräte zu füllen. Diesel ist hier günstiger (ca. € 0,25,-), als in Russland. Dort treffen wir auf eine Kasachen-Deutsche, die hier in der Nähe in einem Dorf wohnt. Vor 105 Jahren sind ihre Vorfahren hierher gekommen und einige Dorfbewohner sprechen noch immer Deutsch. Leider ist sie auf dem Weg nach Semey zu ihrer Tochter, wäre nett gewesen so eine deutsche Gemeinschaft kennenzulernen.

 

In Semey angekommen, suchen wir zuerst einen Bankomaten. Mit etwas Geld in der Tasche steuern wir dann den Markt an. Frisches Obst und Gemüse lachen uns an. Marillen, Pflaumen, Zucchini und Auberginen, Radieschen......Alles sieht sehr frisch und gut aus. Am nächsten Stand gibt es getrocknete Früchte und Nüsse. In den kleinen Läden kann man Bonboniere, ohne Schachtel, zum Kilopreis in Selbstbedienung kaufen. Auch verschiedenste Kekse liegen in den Schachteln.
Wir besorgen uns eine SIM-Karte und kaufen Datenguthaben. Die junge Verkäuferin ist sehr nett und ist uns bei der komplizierten Abwicklung behilflich. Während wir auf die SMS warten, damit wir unser Guthaben auf das Smartphone bekommen, gehen wir Mittagessen.
Die Schaschlickspieße vom Grill schauen super aus. In überdachten Zelten stehen Tische und Sessel. Am oberen Ende gibt es eine Biertheke mit Zapfhähnen. Wir fühlen uns wie auf einem Zeltfest, nur die Polkamusik fehlt.

1.250km liegen vor uns bis Almaty. Die mehrigen Kilometer dieser Strecke sind ausgefahren und voll mit Schlaglöchern. Wenn wir zu langsam fahren, holpern wir von einem Loch ins andere und werden durchgeschüttelt. Bei einer Geschwindigkeit von mehr als 70km/h fliegt der Amigo über die Löcher, doch dafür muss Wolfi sehr konzentriert fahren, weil ja doch ein etwas größeres Schlagloch vor uns auftauchen könnte, über das wir nicht so darüberfliegen würden. Die Fahrtage sind sehr ermüdend. Auch die Landschaft ist eintönig, Steppe mit grünen Bewuchs und ein paar kleine Hügeln. Eine Kurve ist schon etwas Besonderes, denn sonst verläuft die Straße schnurgerade. Die Steppe ist hier im Gegensatz zur Mongolei kaum bewohnt, kleine Dörfer sind eine Seltenheit. Auch sieht man keine Schafherden. Friedhöfe, die hier sehr eigen aussehen, sind die einzige Abwechslung.

Wir sind am Kapshagay See angekommen und suchen einen Platz am Nordufer zum Parken. Aber das ist schwieriger, als gedacht. Entweder sind es Privatgrundstücke oder sumpfiges Terrain verhindert ein Nahekommen ans Wasser. Schließlich werden wir doch noch fündig. Ein Schotterplatz dirket am Wasser. Es ist Wochenende und die Städter zieht es zum Baden an den See. Da es keine Bäume gibt, werden Planen über die geöffneten Kofferraumdeckeln gespannt, um sich im Schatten eine Linderung von der Hitze zu verschaffen. Auch Amigos Schatten ist sehr beliebt. Die Kasachen gehen auf Kuschelkurs und breiten ihre Picknickdecken direkt vor unserer Stiege aus. Es wird gejausnet und natürlich darf der Wolka nicht fehlen.
Am Abend klopft es an unsere Haustüre. 3 Jungs stecken mit dem Auto fest, wir sollten sie doch bitte rausziehen. Ja, ja, wir haben schon gesehen, wie sie ihren Mercedes auf den schmalen Weg zum Hügel raufgequält haben. Ein paar mal müssen sie auch aufgesessen sein, denn es hat ordentlich gekracht. Wir wollen jetzt nicht wirklich diesen schmalen Pfad mit dem Amigo rauffahren und dann im Retourgang wieder runterzirkeln. Denn Umkehrmöglichkeit gibt es zwischen den Felsen nicht. Nur um ihre jugendliche Dummheit zu unterstützen. Außerdem parken auch noch 2 andere Autos hier, sollen sie doch die erstmal fragen. Es kommt noch ein Bursche dazu und plötzlich schubsen sie einander herum. Wir haben schon bemerkt, dass sie bereits etwas "blau" sind (zu viel Alkohol intus haben). Plötzlich wird einer von hinten festgehalten und der andere schlägt gnadenlos in sein Gesicht ein. Immer und immer wieder. Als er schon am Boden liegt, wird noch mit den Füßen nachgetreten. Blutüberströmt und mit geschwollenen Gesicht schubsen sie ihn den Abhang zum Wasser hinunter. Wir sind sprachlos. Was tun in solch einer Situation? Dazwischen gehen und riskieren, selber zusammengeschlagen zu werden? Hinschauen oder gar Wegschauen? Als der Kampf vorbei ist, steigt Wolfi raus und geht mit einer Flasche Wasser zum Verletzten, der sich zum Glück schon wieder bewegen kann. Es kommen dann "Freunde" von ihm und helfen ihm ins Wasser, um sich waschen zu können. Ganz benommen stapft er mit deren Hilfe durchs seichte Nass.
Hier geht es doch etwas rauer zu, es wird nicht lange gefackelt, bis es zu einer Schlägerei kommt. Dann kommen noch mehr Jugendliche, keiner weiß, was nun passieren wird. Wir wollen nur noch weg, denn alles spielt sich unmittelbar vor unserem Amigo ab. Mittlerweile ist es schon finster, dennoch packen wir alles zusammen und verlassen den Platz. Keine Lust auf so ein Theater.

 

In Almaty finden wir im Norden vom Zentrum einen Parkplatz neben einer Promenade an einem Kanal und gleich nebenan einen großen Park mit vielen Spazierwegen und altem Baumbestand. Das muss einmal eine wunderschöne Parkanlage gewesen sein, jetzt allerdings ein wenig runtergekommen. Trotzdem ideal für uns, so können wir uns etwas sportlich betätigen und mit dem Apollo spazieren gehen.
Gleich gegenüber ist auch eine Bushaltestelle, mit dem Bus brauchen wir ca. 15min ins Zentrum, eigentlich ein cooler Platz. Es ist Sonntag Nachmittag, heiß und dementsprechend viel los, die Leute kommen zum Baden an den Kanal und legen sich auf die Wiese, die von den großen Bäumen gut mit Schatten versorgt werden. Wo Licht ist, dort ist auch immer Schatten. So auch hier, viele laufen mit Bierdosen und den Bier gefüllten Petflaschen herum und es dauert auch nicht lange bis die Polizei mit Folgetonhorn und Blaulich auftaucht. Wird wohl irgendwo wieder jemand zugelangt haben. Als wir dann mit Apollo auf dem Weg in den Wald sind, sehen wir die Exekutive patrouillieren und ein Rettungswagen versorgt einen Verletzten oder eine Alkleiche.... Sobald wir von der Promenade weg zwischen den Bäumen sind, ist Lärm und Hektik hinter uns und nur noch das Zwitschern der Vögel rund um uns.

Herrlich dieser Frieden hier mitten in dieser Millionenstadt. Bei Sonnenuntergang leert sich die Promenade und wir haben den Platz fast für uns alleine. Nur wenige kommen und fragen uns etwas auf russisch oder wollen eine Zigarette schnorren, da wir weder das Eine verstehen noch das Andere haben, spricht es sich wohl bald herum und wir haben hier für einige Tage unsere Ruhe. Der Straßenkehrer weckt uns am nächsten Morgen als er ziemlich knapp neben dem Amigo mit seinem Drahtbesen allen Müll vom Wochenende beseitigt.
Nach dem Frühstück geht es los, wir wollen Almaty erkunden, Apollo bleibt im Auto, da er sowieso nicht so auf sightseeing steht. Kurz nach Mittag haben wir schon Schatten auf dem Amigo, so wird es auch nicht heiß im Haus. Wieder einmal bewährt sich die neue Batterie!! LiFePo4 Zellen machen es möglich, dass wir auf die nachmittägliche Sonneneinstahlung verzichten können, es ist Strom genug vorhanden.

Almaty erinnert ein wenig an Salzburg, doch nur von der Ferne. Schuld sind die schneebedeckten Berge im Hintergrund. Es ist eine riesige Stadt mit vielen Parkanlagen und vielen breiten Alleen, daneben noch genügend Platz für den beschatteten Gehweg. Das ist bei dieser Hitze (mehr als 35°C) sehr angenehm. Es ist eine ehemalige kommunistische Stadt und das sieht man an jeder Ecke, viele graue, unförmige Bauten nullachtfünfzehn Stil, dafür aber wuchtig, richtig erdrückend. Das Erdgeschoß ist vielerorts von Edelmarken gemietet und dementsprechend gestylt, die darüber liegenden Stockwerke sind etwas vernachlässigt worden....
Wir schlendern durch einen Park und besuchen eine wunderschöne Kirche, die aus Holz gebaut ist. Davon sieht man allerdings nichts mehr, denn sie ist Innen wie auch Außen komplett verputzt.
Es ist Montag - der Basar hat geschlossen, wir glauben es kaum. An fast jeder Ecke gibt es noch kleine Tante Emma Läden und winzige Süssigkeitengeschäfte, wo man Bonbonieres und Kekse einzeln zusammensuchen kann. Wolfi ist diesen kleinen Schokokugeln komplett verfallen ;-)
Naja, einen Kaffe trinken wir noch und dann fahren wir zurück zum Apollo. Begeistert sind wir nicht unbedingt von der Stadt, aber wir wollen es morgen nochmals versuchen und einen anderen Teil der Stadt besichtigen. Tatsächlich schaut es hier dann etwas anders aus. Rund um das ehemalige Parlament und den Präsidentenpalast wird gebaut was das Zeug hält.
Almaty war bis 1997 Hauptstadt von Kasachstan, danach wurde in Astana investiert. So unser Eindruck, denn die Anlagen sind zwar riesig, aber wirken doch ungepflegt. Mit der Weltausstellung 2017 wartet nun eine neue Herausforderung auf die Stadtherren und das sieht man an den vielen Baustellen hier im Süden der Stadt. U
ltramoderne Shoppingmalls mit großen Supermärkten und super exklusiven Apartmenthäusern mit Blick auf die schneebedeckten Berge im Süden oder auf die unter ihnen liegende Stadt im Norden. Die Einfahrten zu den Apartments gleichen Hochsicherheitsanlagen, mit Stahlbarrieren die nicht einmal ein Panzer überwinden könnte. An Fotografieren brauchen wir nicht mal zu denken, sofort winkt ein Wachmann energisch ab...
Almaty und wahrscheinlich Astana auch, haben eine ziemlich hohe "Strechlimodichte". Unglaublich wie viele von denen hier rumstehen und natürlich auch rumfahren, 3achsige Mercedes G strech, 3achsige Porsche Cayenne strech, 2achsige Hummer strech und natürlich andere verlängerte Ami-Kisten. Wie auch schon in Ulan Bator wird auch hier gerne V8 gefahren, rund um uns blubbert es aus G Klassen, Toyotas und Lexus. Der gemeine Kasache fährt dicke Mercedes, BMW und Audi aus den 90ern.

Öfters werden wir an der Straße angesprochen, einer fragt nach dem Weg, der andere will uns ein Handy-Package verkaufen. Das ist ziemlich ungewöhnlich für uns. Waren wir doch in den letzten Jahren immer die Langnasen, also sofort und auch für Blinde erkennbar, dass wir nicht "Einheimische" sind. Oft auch im positiven, weil man in Warteschlangen z.B. den Vortritt bekam, ein Extra-Lächeln oder ein kleines Geschenk, weil man uns besonders willkommen heißen wollte. Hier nun und auch bereits schon in Russland, gehen wir komplett als Einheimische durch. Keine Andersartigkeit mehr im Aussehen, kein Sonderstatus mehr ;-) aus und Schluss mit den Privilegien. Nix mehr mit "wandelnder ATM" nein, wir zahlen nun den selben Betrag, wie die Einheimischen, zumindest im Supermarkt und solange kein ausländisches Wort über unsere Lippen kommt.
Unser Weg führt uns am Basar vorbei und tatsächlich hat er heute auf. Es gibt viele tolle Sachen und alles ist schön sortiert. Eine Gasse mit getrockneten Früchten und Nüssen. Eine Gasse mit Wurstwaren, daneben beginnt die mit Obst und Gemüse. Ein Abteil ist nur für Milchprodukte, da werden getrockneter Käse und Topfen angeboten. Eingelegtes Gemüse und ganz hinten finden wir das Fleisch. In Kasachstan wird viel Pferd gegessen. So probieren wir uns durch geräucherte und gekochte Pferdewurst. Black Beauty schmeckt sehr gut;-)

In der großen Fußgängerzone gibt es einige nette Cafes und Restaurants, in denen man wunderbar die Zeit totschlagen kann. Cafe latte trinken, einen Marillenkuchen schlemmen und dabei die vorüberziehenden Menschen beobachten. Obwohl in Kasachstan die Mehrheit der Bevölkerung dem islamischen Glauben angehört, sieht man nur wenige Frauen mit Kopftuch. Die meisten sind geradezu offenherzig unterwegs. Kurze Kleider, enge Tops und hohe Stöckelschuhe die zu den langen Beinen passen.

Präsident Nazarbaev, der seit der Unabhängigkeit im Jahre 1991 an der Macht ist, will bis 2017 den Umstieg von der kyrillischen Schrift auf die lateinischen Schriftzeichen umsetzen lassen. Das sei zur Annäherung an den Westen und wegen mehr Unabhängigkeit von Rußland angedacht worden. Wir bemerken davon nichts, denn die meisten Schilder und Schriftzüge sind für uns unleserlich. Auch sollte das Kasachische gefördert werden, denn die Mehrzahl der Menschen spricht Russisch!! Wir unterhalten uns mit vielen Kasachen, aber kasachisch können nur die wenigsten. Da sprechen sie schon eher deutsch, denn das haben einige in der Schule gelernt.

Abends, wenn es kühler wird, ist bei unserem Stellplatz einiges los. Radfahrer, Spaziergänger, herumtollende Kinder und auch einige Halbstarke, die sich in Gruppen mit ihrem Bier auf die Kaimauer setzen. Wir werden von ihnen in Ruhe gelassen, aber die Mädels die vorbeischlendern, sind schon eher ihr Ziel... Leider können die wenigsten englisch, so ist die Verständigung auf Hände und Füße beschränkt, trotzdem lernen wir viele Leute kennen und sollen fast bei jedem zu Hause vorbeikommen. "Barbeque!! Shashlik!!" Nein danke, wir haben ja gerade gegessen. "Macht auch nix, dann eben nur Bier trinken" :-) "Paris - Dakar?" das ist auch eine häufig gestellte Frage "Nein, Vienna - Almaty!" unsere Antwort.

 

Von Ruth & Jürgen haben wir erfahren, dass es am Rande der Stadt eine MAN und Mercedes Werkstatt gibt. Das trifft sich sehr gut. Ein Ölwechsel steht wieder an und der Amigo ist etwas undicht. Anfangs hat es nur leicht getropft, doch mittlerweile suppt ziemlich viel Öl vom Motor, ist zwar gut gegen Rost, aber... Wolfis Vermutung, dass der Simmering oder zumindest der Deckel rundherum undicht ist, bewahrheitet sich nicht. Rafael, der Manager von der Werkstatt, teilt uns einen Platz in der geräumigen Halle zu und Wolfi beginnt alles abzubauen, damit der Mechaniker dann zum Simmerring dazu kommt und diesen wechseln kann. Doch das Öl kommt noch von weiter oben! Die Abdichtung der Einspritzpumpe ist undicht. Beim Ausbau kommt dann zu Tage, dass nicht alle Schrauben der Einspritzpumpe richtig fest angezogen waren, zumindest sind nicht alle schwer zu lösen. Abends, die Arbeiter haben Feierarbend und sind nach Hause gegangen, so aber noch nicht für Wolfi. Für ihn geht die Arbeit weiter, es muss ja schließlich alles sauber gemacht werden, denn zwischen den Zylinderreihen ist dick Öl-Sand Gemisch und das gehört weg.

Während die Männer fleißig am Arbeiten sind, wird Verena ständig von einer zu Mittag schon leicht benebelten und am Abend dann schwer angegriffenen Olga entführt. Sie arbeitet nebenan im Lkw-Waschsalon. Hat sie mal keine Arbeit, zieht sie Verena am Ärmel durchs Firmengelände auf die Straße und stellt ihr den Grillhendlverkäufer, die Greislerin und die Wassermelonenverkäuferin vor. Ist ja nett gemeint, doch Verenas sehr rudimentäres Russisch (dada, njet und spassiba), noch dazu ist Olgas Aussprache sehr feucht und dann noch ihre Bierfahne......Verena versteckt sich lieber im Aufbau.

Problemlos können wir auch in der Werkstatt im Amigo übernachten. Tags drauf in der Mittagspause lassen wir den Amigo noch eine Stunde laufen. Mal schauen ob noch Öl tropft, doch es sieht gut aus. So verabschieden wir uns am späten Nachmittag von der Mannschaft und wollen Almaty verlassen. Nur noch schnell in den nebenan liegenden Supermarkt und zur Tankstelle. "Njet, es gibt keinen Diesel" Große Fragezeichen in unseren Augen. Ok, wir probieren es bei der nächsten Tanke, die ist ja schon in Sichtweite. Aber auch da das gleiche: Kein Diesel. Man bräuchte so eine Art Gutschein, die man im jeweiligen Büro in Almaty kaufen kann. Der Diesel kostet hier nur 25 Cent und so wollten wir unsere Tanks eigentlich voll machen. Jede Tankstelle auf dieser Ausfallstraße fahren wir an, doch immer wieder das gleiche, wir bekommen keinen Diesel. Wir beschließen, nochmals zurück zur Werkstatt zu fahren, denn Wolfi hat eine Ölspur am Motor entdeckt und vielleicht können sie uns helfen, an Diesel zu kommen. Der Wachmann kennt uns bereits und lässt uns sofort ins Gelände. Doch die Mechaniker sind alle schon nach Hause gegangen. Ach herje, es ist schon nach 18.00 Uhr, morgen ist Samstag und somit der Werkstatt geschlossen, natürlich auch am Sonntag. Wir übernachten erstmal am Gelände.
Am nächsten Morgen ist der Chef da und ist verwundert, uns wieder zu sehen. Er fragt einen seiner Lkw-Fahrer wegen des Dieselproblems. Dieser fährt dann los und nach einer halben Stunde ist es soweit. Jetzt muss es schnell gehen, sofort starten und dem Chef nach, eine Tankstelle hat Diesel und wir bekommen unsere Tanks vollgemacht. Ach wie schön!! 800 Liter zu 25 Cent, da kann man auch nicht jammmern.
Da Wolfi das Gefühl hat, dass es noch immer vom Motor tropfen könnte, entscheiden wir uns, das Wochenende nochmals auf dem Parkplatz beim Kanal zu verbringen. So könnten wir noch einige Kilometer fahren und sehen, wieviel Öl der Amigo verliert und außerdem hat man dort auch mehr Möglichkeiten, etwas zu unternehmen.

Am Montag stehen wir pünktlich um 8.00 in der Werkstatt. Eine deutliche Ölspur ist vorne an den Anbauteilen des Motors zu erkennen. Wieder muss das Führerhaus leergeräumt und gekippt werden. Schon kurze Zeit später ist es klar, nicht der Simmering tropft, sondern es ist einfach noch immer zu viel Öldreck an den verstecktesten Stellen am Motor.....Da wir schon beim Arbeiten sind, werden auch noch die Ventile neu eingestellt. Dann soll es endlich losgehen aus Almaty.
Rafael kommt und erzählt uns, dass es heute im Zentrum von Almaty einen Anschlag gegeben hat. Angeblich haben sie eine Polizeistation angegriffen und dabei wurden einige Menschen getötet. Niemand weiß noch genaues und viele Spekulationen sind im Umlauf. Der Bazar und andere öffentlich Gebäude wurden darauf hin geschlossen. Die Polizei geht von einem Terroranschlag aus. Unglaublich, hier in Kasachstan??? Nein, ins Zentrum wollen wir sowieso nicht mehr fahren, das Polizeiaufkommen ist dort sicher enorm und wir nehmen eine längere Umfahrung in Kauf, um auf die westliche Ausfahrtsstraße von Almaty zu gelangen.

Auf der rechten Seite sind die Berge, links ist alles flach, so fahren wir zur Grenze nach Kirgistan. Die letzte Nacht in Kasachstan verbringen wir beim Sharyn Canyon und erfreuen uns bei einer Wasserpfeife an der Farbenpracht der Felsen, die die Sonne am späten Nachmittag hervorzaubert.

Die letzten Kilometer in Kasachstan fahren wir durchs Vorgebirge und über einen Pass Richtung Süden, hier schaut Kasachstan wieder etwas "lebendiger" aus, vorbei ist das ewig Flache. Kurz vor der Grenze wird die Straße nochmals so richtig schlecht, so wie es sich für eine Grenzstraße eben gehört :-)

 

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