Indien Ladakh
Die Straße hat uns wieder!! Wir sind nun schon einige Tage unterwegs und haben uns wieder ans Fahren gewöhnt, ist aber auch keine Kunst in Nepal, denn der Verkehr ist übersichtlich. Wir fahren durch das Terai und wundern uns, dass jedes noch so einfache Haus ein kleines Solarpaneel am Dach hat. Wahrscheinlich für`s Handy laden.
Über einen großen Staudamm mit enger Fahrspur fahren wir von Nepal nach Indien. Ein paar Kilometer über eine Rübenacker-Landstraße, dann sind wir wieder auf einem National Highway. Dieser ist brechend voll mit Lkws, Traktoren, Pkws, Rikschas, Motorrädern, Fahrrädern, Fuhrwerken und noch hunderten Fußgänger, nicht zu vergessen die heiligen Kühe. Willkommen zurück auf den quirligen indischen Straßen! Sämtliches Leben und Sterben spielt sich in Indien auf der Straße ab. Hier im tiefsten Uttarakhand finden sich auch noch genug Bahnübergänge die, wenn einmal geschlossen, immer eine riesige Show abliefern. Dann reihen sich die Verkehrsteilnehmer nicht nacheinander, sondern nebeneinander vor den Schranken auf - beiderseits natürlich. Bis sich der Knoten auflöst dauert es manchmal länger, als der Schranken eigentlich geschlossen war...
Manchmal ist Reisen kein Honiglecken, überhaupt dann nicht, wenn es 44°C hat und kein Lüfterl weht. Da helfen einem Erfrischungen schon sehr und zum Glück ist auch noch Mango-Zeit. Überall entlang der Straßen werden sie angeboten. Unzählige Mangoplantagen ziehen an uns vorbei, oft sind die Äste gestützt, so voll sind sie mit Früchten. Einige gutgekühlte, saftige Mangos sind ein wunderbarer Mittags-Snack.
Da wir der Hitze entfliehen wollen und auf dem Weg in die Berge sind, versuchen wir einige Kilometer pro Tag zu schaffen. Was aber nicht einfach ist, wenn die Straßen voll sind. Hier wird gerade die Straße verbreitert. Dafür müssen die Häuser am Strassenrand dran glauben und werden einfach in der Mitte abgerissen.
Als wir morgens ein richtiges Gewitter haben, freuen wir uns schon auf einen angenehmen kühlen Fahrtag. Leider währt die Abkühlung nur kurz, denn die Sonne kennt keine Gnade, brennt fürchterlich vom Himmel und in kürzester Zeit ist alles wieder trocken. Angeblich hat der Monsun heuer Verspätung und es soll auch wärmer sein als sonst.
Über die Mittagszeit sind die Straße oftmals wie leergefegt. Die Menschen liegen im Schatten der Bäume, oder ihrer Häuser und Hütten, ebenso die Kühe und die Hunde, einzig die Lkw-Fahrer sind unterwegs - und wir. Die dritte Nacht verbringen wir schon in den Hügeln - mit Regen. Innerhalb von 2 Stunden hat es von 45°C auf 20°C abgekühlt - wir brauchen Decken zum Schlafen.
Durch ein enges Tal und über einige kleine Berge geht es bis nach Manali, einem Bergdörfchen mit vielen Holzhäusern, die mit Schieferplatten gedeckt sind. So haben wir es in Erinnerung. Aber wir erkennen die Gegend kaum wieder, denn inzwischen ist der indische Tourismus schier explodiert. Entlang vom Fluß reihen sich hunderte Raftinganbieter und ein Hotel ans andere. Im Ort selbst trifft uns fast der Umschlag, als wir sehen was sich hier in den letzten Jahren getan hat. Hotelburgen links und rechts des Weges, mehrstöckige Parkgaragen sehen wir und die sind rammelvoll. Eine endlose Blechlawine rollt, oder besser gesagt, staut sich durch Manali. Keine Chance für uns zu unserem ehemaligen Stellplatz zu kommen, alles ist verstopft. Kurz nach Manali finden wir die erste Parklücke für den Amigo und gehen ins Zentrum. Hier geht es zu wie am Oktoberfest, tausende Inder tummeln sich in den Straßen. Die Hitze in der Ebene und die Ferienzeit treiben die Massen in die Berge. Passfotos und Kontaktlinsenwasser brauchen wir und dann nichts wie weg. Leichter gesagt wie getan, denn vor uns fahren einige Militär-Lkws, die bei Gegenverkehr etwas ins Trudeln kommen und von denen haben wir genügend. Hunderte Pkws kommen vom Rotang-La herunter, die indischen Touristen waren am Pass "Schnee schauen" und sind nun am Heimweg zu ihren Hotels. 10 km nach Manali parken wir für die Nacht, vor einen Winterklamotten-Verleih. Diese Shops gibt es hier zu hunderten, denn am Berg ist es kalt und der gute Tourist fährt artgerecht gekleidet auf den Berg. Wo Schnee ist, dort ist Winter!! Schi, Schischuhe und Stöcke, Gummistiefel, Skioveralls im 80iger Stil werden verliehen, alles was man so braucht.
In der Früh sehen wir einen strahlend blauen Himmel. Der Berg ruft und wir folgen. Auch Apollo ist wie ausgewechselt, das sind die Temperaturen bei denen er sich wohlfühlt. Er springt und läuft wie aufgezogen in der Gegend herum. Wir schauen zu, dass wir auf den Pass kommen, noch bevor die Inder anstürmen. Ein Traum, wir haben die Passstraße fast für uns alleine und das bei herrlichstem Wetter. Verena entdeckt den ersten Geier. Neben der Straße sitzt er auf einer Baumspitze und putzt sein Gefieder. Majetätisch kreisen auch noch weitere durch die Lüfte, Riesendinger mit geschätzten 3m Spannweite. Dann plötzlich sehen wir in den Augenwinkeln, das sich was bewegt. Keine 5 Meter neben dem Amigo hüpfen 2 Geier einige Meter von einem toten Kalb weg. Als wir stehen bleiben und sie beobachten, wird es einem von ihnen zu eng und er fliegt weg, der andere hüpft wieder zum Kalb und futtert weiter.
Noch immer ist nichts los hier am Berg, nur wenige Fahrzeuge kommen uns entgegen. Die Straße ist streckenweise in wunderbarem Zustand und 2-spurig ausgebaut, auch hier hat sich einiges getan. Es gibt aber noch die vielen, engen Serpentinen, mit überhängenden Felsen, auf schmaler Straße.
Kurz vor dem Pass gibt es eine Baustelle, die es in sich hat. Hier wird mit großem Gerät gearbeitet. Tiefe Löcher, Schlamm und große Steine sind zu überwinden. Mit riesigen Baggern wird die Straße neu gerichtet und wir quetschen uns dazwischen durch. Ganz schön knapp, was sie da an Platz für den Verkehr lassen und die armen Autos die hier durch müssen, denken wir uns noch. Man könnte fast ins Schwitzen kommen. Wir erfahren erst später, das heute der Pass eigentlich gesperrt ist. Deshalb ist nix los hier. Auch gut, traurig sind wir darüber nicht.
Am Pass treffen wir auf schweizer Tandem-Fahrer, die von Leh runtergeradelt sind, seit Pokhara die ersten Foreigner. Hier oben auf knapp 4.000m ist es aber zu kalt zum Übernachten, denn ein Wetter zieht auf und der Wind bläst kräftig. Also fahren wir bergab, bis wir ein Platzerl finden. Mitten zwischen Thymianstauden und neben einem Edelweiß parken wir ein.
Wir fahren den Chandra-Fluß entlang auf einer Höhe von 3.000m. Überall wo es möglich ist werden Acker zum Bewirtschaften angelegt, sehr steile Hänge, alles wird von Hand gemacht. Wir sehen vor uns schneebedeckte Berge, die Flüsse führen viel Schmelzwasser und die donnernden Wasserfälle sind beeindruckend.
Kurz etwas über die Straße:
Alles begann mit einem Karawanenweg. Wegen den indisch-pakistanischen Kriegen,
wurde eine Straße für den Nachschub des Militärs angelegt.
Auch der Infrastruktur für die Bevölkerung Ladakhs kommt die Straße
zugute und so wurde sie immer besser ausgebaut. Von Juni bis September ist
die Straße von Manali nach Leh offen. Die restlichen Monate sind Wintersperre.
Vor ein paar Jahren wurde ein Bollywood-Film in Ladakh gedreht, welcher den
indischen Tourismus zu einem ungeahntem Höhenflug verhalf. Mittlerweile
wird der Rothang Pass teilweise 2 spurig ausgebaut und sogar ein Tunnel ist
im Bau. 2016 wird der von der österreichischen Firma Strabag gebaute
Tunnel eröffnet. Er wird ca. 9 km lang sein und auf 3.000 m Seehöhe
unter dem Rothang Pass durchführen. Jetzt knapp nach der Wintersperre
sind Teile der Straße in einem wilden Zustand, Murenabgänge, Hangrutschungen
und Lawinen werden gerade beseitigt. Tiefe Schlaglöcher, schlammige,
rutschige und extrem enge Passagen im steilem Gelände sorgen für
einige Adrenalinkicks. Nur wenige Touristen nehmen diese beschwerlichen 500
km von Manali nach Leh in traumhafter Kulisse auf sich, die meisten fliegen
nach Leh. Nicht nur die Straßenverhältnisse sondern auch die Höhe
kann Probleme bereiten. Man muß 5 Pässe queren, davon sind 4 Pässe
über 5.000 m und der tiefste Punkt dazwischen ist 3.200 m. Zwischen den
4 hohen Pässen kommt man nicht unter 4.150 m.
Überall entlang der Straße wird gearbeitet, die großen Steine werden händisch zu Schotter zerschlagen. Sogar den Asphalt bereiten sie selbst zu, Teer wird gekocht und dann Schotter beigemischt, um damit die Schlaglöcher zu verschließen. Vor einer Brücke warten wir eine Stunde bis die beschädigten Eisentraversen ausgetauscht sind. Wir sind die Versuchskaninchen und dürfen als erstes über die Brücke.
Kurz vor Dacha erwartet uns eine schöne Überraschung, wir müssen auf 2 Brücken den Fluß queren. Die erste Brücke ist auf 9t beschränkt, hat aber eine Umleitung durch den Fluß. Bei der zweiten Brücke gibt es keine Umleitung mehr, sie ist aber auch auf 9t beschränkt. Zum Glück sind unsere 2 Dieseltanks noch fast voll und wir knapp bei 12t. Wir schalten die Musik ab, um das Krachen der Brücke zu hören, falls sie unter uns zusammenbricht. Unsere Sorge ist unbegründet, denn auch die anderen Lkws müssen hier drüber und die sind wahrscheinlich schwerer als wir.
Vor uns liegt der Baralacha Pass mit 5.000 m. Wir haben Winterlandschaft. Die Schneewand nimmt einen Teil der Straße ein und bei Gegenverkehr wird es knapp. Kaum ausgesprochen, kommt uns eine Kolonne von Lkws entgegen. Wir fahren retour bis wir eine Ausweiche finden. Die indischen Trucker schwitzen und wollen, dass wir auf die andere Seite wechseln, dort wo der Abgrund ist. Der viele Schnee macht manche Passagen zur Millimeter-Arbeit.
Wir verlassen den Bundesstaat Himachal Pradesh und sind nun in Jammu & Kashmir in der Region Ladakh - dem Land der Pässe. Nach dem Baralacha Pass ändert sich das Landschaftsbild schlagartig. Vorbei ist es mit grünen Hängen, stattdessen haben wir Mondlandschaft. Fels, Schotter, Sand und alle Grau- und Brauntöne sind vorhanden. Kein einziger Baum oder Busch weit und breit. Links und rechts der Straße pfeift es, wir entdecken Murmeltiere.
Wir suchen uns ein nettes Übernachtungsplatzerl auf 4.400m. Das Fahren macht hungrig und wir backen eine Gemüsequiche. Es ist kalt und die Luft ist trocken, wir schlafen nicht gut. Am Morgen haben wir 2°C Außentemperatur, innen haben wir noch 18°C. Zu kalt zum Frühstücken, so schalten wir die Standheizung ein und nach einigen Minuten ist es wohlig warm im Amigo. Das die Standheizungen auf diesen Höhen Probleme bereiten, haben wir schon öfters gehört. Die Heizungen haben nur noch einen Bruchteil ihrer ursprünglichen Leistung. Das Diesel-Luftgemisch stimmt wegen der dünnen Höhenluft nicht mehr und so verbrennt der Diesel schlecht und die Heizung versottet. Nach einer Kontrolle des Auspuffs der Standheizung sind wir erleichtert, dass dies nicht der Fall ist. Auf ein weichgekochtes Ei verzichten wir heute lieber, da ein 4 Minuten-Ei hier oben wahrscheinlich 6 Minuten dauern würde. Das Wasser kocht auf dieser Höhe sehr viel früher, eigentlich müsste es dann früher fertig werden...................aber das Wasser kocht nicht schneller, nur früher, nämlich schon bei ca. 80°C statt bei 100°C. Daher braucht das Ei um einiges länger. Verena bekommt Kopfschmerzen, evt. von der Höhe, also machen wir uns auf den Weg zum nächsten Pass, um auf der anderen Seite wieder tiefer zu kommen. Auf dem Weg treffen wir ein schweizer Pärchen mit ihrem Landrover, der auf dieser Höhe nur noch im Notprogramm läuft.
Wir unterhalten uns nicht so lange, da Verenas Kopfschmerzen, Schwindelgefühle und Übelkeit schlimmer werden. Unzählige Serpentinen geht es den Berg hoch, um dann oben zu sehen, dass der Pass zweigeteilt ist. Die Straße führt wieder einige hundert Meter tiefer, um dann erst zum eigentlichen 5.059 m Pass zu gelangen. Nach einigen Malen Erbrechen geht es Verena besser. Wir ereichen eine Hochebene auf 4.700 m und wir beschliessen, auch den nächsten Pass in Angriff zu nehmen, damit wir die nächste Nacht unter 4.000 m schlafen können, da wir den Symptomen nach auf Höhenkrankheit tippen. Schade, denn eigentlich wollten wir hier mehr Zeit verbringen, da die Landschaft wunderschön ist. Aber wir fahren ja den gleichen Weg wieder zurück und da werden wir bestimmt richtig akklimatisiert sein.
Über den 2. höchsten Pass der Welt, den Taglang La mit 5.328 m fahren wir Richtung Norden. Dieser Pass ist bergauf eine einzige Baustelle, den er wird 2spurig ausgebaut.
Nach unzähligen Kurven am heutigen Tag erreichen wir das Indus-Tal. Zu unserem Erstaunen sehen wir einen Militärabschleppwagen mit großen Reifen, genau die richtige Größe für den Amigo. Wir haben immer gedacht, dass diese Reifen hier nicht zu bekommen sind, aber anscheinend gibt es doch welche, sehr zu unserer Freude.
Die ersten Siedler im Indus Tal waren Buddhisten, die auf dem Weg zum heiligen Kailash gepilgert sind und sich hier sesshaft gemacht haben. Sehr viele tibetanische Flüchtlinge haben sich hier angesiedelt, so wird es auch "little tibet" genannt. Das Landschaftsbild ist geprägt von Stupas, Manimauern und Klöstern. Die Häuser sind aus Lehmziegeln und Steinen gebaut, verputzt, oft haben sie große, aus Holz geschnitzte Fenster und immer ein flaches Dach, auf dem Heu und Kuhfladen getrocknet werden.
An einem Checkpost treffen wir auf 4 Oberöstereicher, die hier in Ladakh mit ihren gemieteten Enfields, eine Runde drehen. Sie erzählen uns von einem Maskentanz im Kloster Hemis, dem größten Kloster dieser Region. Na das trifft sich ja genau richtig, es liegt am Weg, also nichts wie hin. Schon von weitem glitzert uns die Blechlawine der Autos entgegen. Der Parkplatz ist übervoll. Wir halten ein Stück entfernt und machen uns zu Fuß auf den Weg ins Dorf. Ein steiler Weg und ein paar Treppen noch und dann haben wir das Kloster des Rotmützenordens erreicht.
Dieses Fest wird einmal im Jahr abgehalten und die Mönche tanzen in Kostümen und Masken religiöse Tänze, in denen am Ende immer das Gute über das Böse siegt. Die Masken sehen zum Teil sehr furchterregend aus, mit Totenköpfen und grässlichen Gesichtern. Andere Mönche trommeln und blasen auf Musikinstrumenten und geben so den Takt an.
Die erste Reihe ist für Mönche reserviert. Die Balkone sind für geladene Gäste gedacht und der restliche Platz wird von den Zuschauern belagert, die sich überall breit machen. Sie sitzen am Boden, am Dach, einfach überall wo noch Platz ist. Die Hälfte sind Touristen, die andere Hälfte Einheimische, die ihren "Kirchtag" besuchen. Die alte Generation ist in ihren typischen Trachten gekleidet. Ein dickes Woll- oder Lodenkleid, das in der Taille geschnürrt ist. Man zieht es über eine Hose und Pullover an. Das eigentliche Accessoire sind die Haare. Sie sind sehr lange, man könnte meinen, dass sie ihre Haare nie schneiden. Zu mehreren Zöpfen geflochten werden sie am Rücken zusammengebunden und wenn die Haarlänge reicht, auch noch um die Taille gebunden. Geschmückt wird das Haupt mit Schmuckstücken und frischen Blumen.
Es dauert noch bis in den späten Abend, bis alle Gäste das Kloster verlassen haben und am Parkgelände Ruhe einkehrt. Wir schlafen am Platz und fahren am nächsten Morgen weiter nach Leh, es sind nur noch 47 km. An der Straße nach Leh ist der Bauboom ausgebrochen. Auch Leh wird seit geraumer Zeit von den indischen Touristen überrollt. Das macht es für uns nicht unbedingt einfach, einen geeigneten Stellplatz zu finden. So parken wir uns auf den Busbahnhof, aber der üble Uringeruch und der flohbehaftete, ständig bellende Hunderudel vertreiben uns recht bald. Als "Alternativplatzerl" finden wir einen großen, geschotterten Platz außerhalb der Stadt beim alten Fort. Wir stehen auf einem Militärgelände, wo sich die Wasserversorgung für die vielen Armee-Einheiten befindet. Die dort stationierten Soldaten freuen sich über Abwechslung und wir uns über einen ruhigen Platz. Unsere Fahrräder kommen wieder in Einsatz. Aber das Radln auf 3.500 m braucht sehr viel Luft, nicht in den Reifen, sondern wir für unsere Lungen. Bis ins Zentrum geht es nur bergauf und wir schnaufen ganz schön. Leh ist ein quirliger Mix aus verschiedenen Religionen, Buddhisten, Hinduisten, Muslime und Christen leben in Eintracht. Am Gehsteig hocken Frauen und verkaufen Grünzeug aus ihren Gärten. So erstehen wir Mangold, Spinat und Salat.
Heute sind wir zu Fuß unterwegs, weil wir
Apollo dabei haben. Seine Freude ist groß, so wie immer, wenn wir spazieren
gehen. Er hüpft und läuft und pinkelt zum Strommasten. Plötzlich
jault er grauenhaft auf und wirbelt fast einen Meter in der Luft herum. Wir
erschrecken uns und der erste Gedanke ist: Schlangenbiss. Aber dann entdecken
wir die losen Kabeln am Strommasten herunterhängen. Also hat er einen
anständigen Stromschlag erhalten. Zum Glück erholt er sich bald
wieder, nur das Markieren und Pinkeln an strommastenähnlichen Pfosten
dauert ein Weilchen.
Wir suchen wir uns einen neuen Weg rauf in Richtung Zentrum und entdecken
dabei, einen gepflasterten Weg entlang eines Bewässerungskanals. Es ist
schön schattig unter den vielen Pappelbäumen, die Grundstücke
sind eingezäunt mit Mauern aus Lehm oder Steinen. Das letzte Stück
zur Shanti Stupa, eine riesige Pagode, müssen wir über hunderte
Stufen steil bergauf. Dafür werden wir mit einem herrlichen Ausblick
auf die Stadt Leh belohnt.
Eines Morgens, Wolfi ist gerade mit dem Rad in
der Stadt, bekommt Verena Besuch von einem höheren Militär-Fuzzi.
Ganz freundlich fragt er, ob er einen Blick in den Amigo werfen könnte.
Am Treppenpodest angekommen, meint er dass das Badezimmer sehr klein sei und
wo denn die anderen Räume sind. Es ist doch alles etwas beengt. Verenas
Misstrauen wächst und sie ist sehr erstaunt, als er ihr erklärt,
dass dies Sperrgebiet sei und wir wegfahren sollten. Ansonsten schickt er
jemanden....................... Verena ist baff! Ist das nun eine Drohung?
Aber die anderen Autos, die hier parken, für die gilt es nicht, denn
das sind ja Einheimische. Wir fahren nicht! Am Abend bekommen wir wieder Besuch,
diesmal von der Polizei. Sie erklären uns, dass sie einen Anruf vom militärischen
Geheimdienst bekommen haben und wir sollten doch so freundlich sein, uns einige
Meter weiter entfernt, aber doch noch am gleichen Gelände, umzuparken.
So machen wir es. Am nächsten Abend steht die Polizei wieder vor unserer
Türe. Dieses Mal fordert dieser Militär-Fuzzi, dass wir endgültig
vom Platz verschwinden sollen. Als Alternative zeigt uns die Polizei einen
anderen Platz. Gut zu wissen, dass es so einen Platz gibt, denn wir kommen
wieder zurück nach Leh. Vorerst haben wir die Nase vom Militär voll.
Wir fahren ins Nubra-Valley. Ein paar Tage zuvor haben wir um die Genehmigung
angesucht. Wenn man in die grenznahen Gebiete fahren will, braucht man eine
spezielle Genehmigung. Mit dem Permit in der Hand machen wir uns auf dem Weg
zum höchsten befahrbaren Pass der Welt, dem Khardung La, er wird mit
5.602m angegeben. Aber bei der Höhe müssen sich die Inder wohl ein
bißchen "vermessen" haben. Denn das GPS und der Höhenmeter
von der Uhr zeigen deutlich weniger an, nämlich 5.350m. Trotzdem ist
es ein schönes Gefühl so hoch zu stehen. Amigo hat seinen Job wunderbar
gemacht. Mit 1.200 U/min geht es ohne Rauch den Berg hoch. Sobald wir mehr
Gas geben, qualmt es links und rechts dick schwarz aus den Auspuffen.
Der letzte Schrei der Touristenbüros ist: Mit dem Pickup vollgeladen
mit Fahrrädern auf den Pass zu fahren, um dann mit den Fahrrädern
die ca. 48 km runter zu brausen. In Leh hat es unter Tags 30°C und so
haben sich so manche Radler mit der Kleidung verschätzt, denn am Pass
sind Flip-Flops und kurze Hosen etwas dürftig. Und dann noch der Fahrtwind......brrrr.........Wir
sehen viele Motorradfahrer mit Enfields, meistens in Gruppen, die sich das
Erlebnis Khardung La nicht entgehen lassen wollen. Auch Wolfi träumt
von solch einer Tour durch die Berge des Himalayas.
Robert host ka Lust???
Der Pass ist ganzjährig geöffnet, um den Nachschub der Armee zu
gewährleisten. Möglich ist das Ganze durch Schneefräsen aus
Österreich. Zwar meinen die Inder, dass diese Maschinen aus Rußland
kommen, aber noch liegt Steyr in Österreich, was halt keiner kennt......
Steil geht es den Berg auf der anderen Seite runter. Das Nubra Valley liegt auf ca. 3.100m. Ein weites Tal tut sich vor uns auf und der breite, schmelzwasserführende Fluß Shyok braucht teilweise die gesamte Talsohle.
Vor uns Sanddünen und 2-höckrige Kamele............und das auf dieser Höhe. Sehen wir eine Fata Morgana? Am Wein kann es auch nicht liegen, haben wir doch schon monatelang keinen mehr getrunken. Also muß es doch wahr sein. Mitten in der Dünenlandschaft schlagen wir unser Lager auf.
Seit heuer ist die Straße fast bis zur Grenze zu Pakistan geöffnet. Wir nutzen das aus und fahren los. Eine kahle Landschaft unterbrochen nur durch Militärcamps. Aber davon reichlich, sogar einen großen Flugplatz haben sie aus dem Boden gestampft. Der Grund für die hohe Militärpräsenz ist der lange anhaltende Kampf um dieses Gebiet. Nicht weit entfernt ist der Siachen-Gletscher, das höchst gelegenste Kampfgebiet der Erde. Es sind mehr Soldaten an Höhenkrankheit gestorben, als im Kampf getötet worden sind. Seit Jahren ist es nun schon ruhig.
Das Tal wird immer enger und die Felswände immer steiler. Die Straße ist nur für das Militär gebaut und die Lkws sind nicht so hoch wie Amigo, so wird es bei den Felsüberhängen sehr knapp. Wir beschließen, dass wir genug gesehen haben, drehen um und besuchen das verfallene Fort von Hunder. Es geht steil bergauf, diesmal zu Fuß. An der Gebetsmühle, Manimauer und vielen Stupas vorbei gelangen wir an ein kleines Kloster. Dahinter wird wegen, der wahrscheinlich hohen Einnahmen vom Tourismus, gleich ein neues gebaut. Von ganz oben hat man einen wunderschönen Ausblick auf Hunder und die Dünenlandschaft. Hunder gleicht einer Oase.
Die Klöster liegen immer ewas abseits von den Dörfern in den Felswänden. Wahrscheinlich haben die Mönche früher schon gewusst, dass Bewegung nicht schadet. In Diskit erklimmen wir ein Kloster aus dem 16. Jahrundert. Heute werden junge Novizen-Mönche im Alter von 7-15 Jahren dort ausgebildet. Ihre Tage sind ausgefüllt durch Lernen von Philosophie, Mathematik, Meditation und vieles mehr, nur unterbrochen von Mahlzeiten und Schlafen. Gleich daneben ist eine große Statue von Maitreya Buddha. Innerhalb befindet sich ein Raum, indem Pujas abgehalten werden.
Die 7 Tage sind um und wir machen uns wieder auf den Weg nach Leh. Luftlinie müsste Leh nicht weig weg sein, ist doch gerade mal ein hoher Berg dazwischen. Aber am Landweg sind es doch etwas mehr als 100km. Auf dem Weg zum höchsten, befahrbaren Paß treffen wir auf 2 Radler, Erich aus Graz und Peter aus Bayern. Mit ihren Fahrrädern im Gepäck haben sie sich mit dem Flugzeug auf den Weg nach Ladakh gemacht und sind schon 1.000 km in den Bergen geradelt. Sie haben ein Begleitfahrzeug mit, das aber meistens vorausfährt und die Zelte am vereinbarten Ort aufschlägt und das Essen zubereitet, sodass es schon gut riecht, wenn sie ankommen. Mit den beiden verabreden wir uns in Leh. Wir müssen hier mal festhalten, dass wir nirgends so viele Österreicher getroffen haben, wie hier in Ladakh. Kurz darauf gefolgt von Nepals-Bergwelt. Wir kommen zum Entschluß, dass wir Österreicher "Bergler" im positiven Sinne sind. "Doat wo Berg san, sam ma daham."
Mit dem Wetter haben wir leider nicht so großes
Glück. Wir vermuten, dass der Monsun im Flachland voll im Gange ist und
das dies der Grund der vielen Wolkentürme hier in der Bergwelt ist. Nebel
versperrt uns die Sicht und wir haben Regen, der dann auf 4.500m in leichten
Schneefall übergeht. Hungrig und müde erreichen wir am Abend Leh.
Hier ist einer von vielen weisen Sprüchen an den Straßensteinen,
über die wir uns oft amüsieren.
Mehr über unser Abenteuer Ladakh im nächsten Bericht.