Südafrika 13. Teil

06.02. - 04.03.2021

Währung: 1€ = 19,30 Rand
Dieselpreis: 1l = 22,85 Rand


Es ist recht viel Verkehr durch Kapstadt, doch Wolfi manövriert unseren Amigo gut durch die verschiedenen Stadtteile. Da wir ja schon seit einiger Zeit nicht mehr im Berufsleben stehen, haben wir ganz vergessen, dass es eine rush hour gibt...
Nur 20km landeinwärts und das Thermometer zeigt 10 Grad mehr an. Vorbei an Stellenbosch, rein ins Tal bis zum Ende. Hier parken wir für die Nacht, denn morgen wollen wir im Jonkershoek Nationalpark wandern.
Die Zufahrtsstraße wurde vor ein paar Wochen durch den Regen zerstört und so ist das Wandern momentan nicht ganz so lustig. Denn die langen Anfahrtswege bis zum Einstieg vom Wanderweg, müssen nun auch zu Fuß zurückgelegt werden und da kommen schon einige Kilometer zusammen. So beschließen wir, es bei der einen Wanderung zu belassen. Schön, aber auch nicht so schön, als dass man am nächsten Tag wieder den 4km langen Zufahrtsweg reinmarschieren muss. Wieso sie eigentlich keinen Shuttle bereitstellen?!

Unser Plan ist in den nächsten Wochen ein paar Weingüter zu besuchen. Aber wo fangen wir an? Es gibt so viele... Warum nicht gleich in Stellenbosch, das ist gleich um die Ecke. Die Universitätsstadt sprüht nur so vor Leben. Viele nette Cafes, coole Lokale und viele junge Leute. Aus ganz Südafrika kommen die Jugendlichen, um hier zu studieren.
Von weitem hören wir schon Beifallsgeklatsche und Anfeuerungsrufe. Das Schulsystem ist dem amerikanischen sehr ähnlich, der Wettbewerb zwischen den Unis ist gewollt und wird gefördert. Der heutige Sportwettbewerb wird daher ernst genommen, die Schüler sind mit vollem Eifer dabei, geben ihr bestes, um für ihre High School den Sieg nach Hause zu bringen.

Wolfi richtet unsere Fahrräder her, in den nächsten Wochen gibt es "bike & wine". Heute geht es mit der ersten Tour los. Es ist 10.00 Uhr und zum Weintrinken noch zu früh. Aber nur für uns, denn den Südafrikanern macht das nix aus. "Solange ein Flugzeug am Himmel fliegt, darf man Alkohol trinken", erfahren wir von den Einheimischen ;-) Okay, wir werfen unsere Bedenken über Bord und bestellen das "Wine & ice cream pairing". Zu Verkosten gibt es alles mögliche, von Olivenöl, Schokolade, Gin, Nougat bis zum Essig und noch vieles mehr.
Einen Hügel müssen wir noch hoch und wir gelangen zum wohl bekanntesten Schaumweinhersteller des Landes. Wir pausieren und kehren stattdessen beim Kunjani Wine Estate auf einen Kaffee ein. Ein herrlicher Blick auf die Weinstöcke. Die Gegend ist wunderschön.

Südlich von Paarl gibt es den Berg River Camping, der eigentlich recht zentral liegt, besonders wenn man sein eigenes Fahrrad dabei hat. Es ist Wochenende und jeder Platz ist belegt. Besonders die erste Reihe am Flussufer ist bei den Gästen beliebt. Für die Kinder geht es mit einem Lkw-Schlauch flussabwärts und das immer wieder, während der Papa sich um das Braaifeuer kümmert und die Mama recht flott für den Biernachschub sorgt. Viele der Campinggäste wohnen nur wenige Kilometer entfernt und verbringen das Wochenende in der Natur. Wir rauchen eine Wasserpfeife, backen Quiche und beobachten das fröhliche Treiben.

Sandra von der Rezeption, hat uns einen tollen Preis gemacht und so haben wir ihr ein Stück österreichischen Kuchen versprochen. Mit der Handmühle werden Nüsse gemahlen, der Mürbteig geknetet und die Marillenmarmelade geöffnet - wir backen eine Linzer Torte.

Heute wollen wir uns mit Kitty & Urs aus der Schweiz treffen. Die beide haben wir ganz zufällig kennengelernt. Ihr 3achsiger Sprinter wird in Deutschland gerade aufs Schiff verladen und in ca. 4 Wochen können sie ihn in East London im Hafen abholen. Derweil haben sie ein Leihauto und Unterkünfte gemietet und fahren ihrem Fahrzeug langsam entgegen. Wir verbringen einen netten Nachmittag auf der schattigen Terrasse bei einer Flasche Wein auf dem Weingut Fairview, das wir immer wieder gerne besuchen. Nicht nur der Sauvignon blanc schmeckt herrlich, auch im Shop nebenan werden selbstgemachter Käse und Salami, Gebäck und Milchprodukte verkauft, wo wir gerne zuschlagen. Zum Glück gibt es in Südafrika keine Alkoholkontrollen für Fahrradfahrer...

Wein und Garten haben eine lange Tradition im Land. Im 17. Jahrhundert, mit der Ankunft des Holländers Jan van Riebeeck, der den Auftrag zur Errichtung einer Proviantstation bekommen hat, fängt alles an. Die Schiffe, welche von Europa nach Indien unterwegs waren, mussten ihr Vorräte irgendwo auffüllen. Süsswasser war in Fässern nicht so lange haltbar wie Wein, also wurden die Farmer aufgerufen, Weinstöcke zu pflanzen. Außerdem sollte Wein positiv auf Skorbut wirken, welches auf den Schiffen ein großes Problem war. Ein paar Jahre später war der erste Wein fertig, aber nicht richtig delikat, sprich "a Glusn". Erst mit Ankunft der aus Frankreich vertriebenen Hugenotten, wurde er erheblich besser.
Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte dem Weinbau ihre erste Blütezeit. Doch zerstörte leider die Reblaus wenig später viele Stöcke rund um Paarl, sodass einige Bauern auf Obstbau umsattelten, den sie bis heute noch rege betreiben. Marillen, Pfirsiche, Pflaumen, Äpfel, Birnen uvm.
Aufgrund der Apartheidspolitik waren die Märkte sehr beschränkt, da Südafrika wirtschaftlich isoliert war. Mit Aufhebung der Embargos in den 1980er Jahren, durften qualitativ hochwertige Rebsorten ins Land importiert werden. Die alten Rebstöcke wurden ausgetauscht und der Weg für guten Wein war nun frei. Heute produzieren Südafrikas Winzer ausgezeichnete Weine, welche jede Menge internationale Prämierungen erhalten.

Das merken wir auch am Weingut Nederberg. Der Chardonnay im Eichenfass gereift, schmeckt vorzüglich. Mit 95,- Rand die Flasche, darf man auch nicht schimpfen. Ein bekannter heimischer Sänger spielt auf der Gitarre. Seine Stimme ist gut, doch die Liederauswahl für unseren Geschmack etwas zu fad. Vielleicht sollten wir ihm ein Red Bull bestellen? Jedenfalls ist die Atmospähre auf der Terrasse sehr nett, der Blick geht über die Weinstöcke, davor ein großer Park, wo Familien im Schatten der alten Eichenbäume sitzen und picknicken.

Rauf auf die Weinberge mit dem Radl, zwischen den Zeilen voll mit reifen Weintrauben durch, die nur darauf warten, gelesen zu werden. Wir kosten uns durch, schließlich wollen wir auch wissen, wie die Cabernet- oder Shiraztrauben schmecken, bevor sie zu Wein gekeltert werden. Weiter unten lesen die Helfer schon die Trauben, die Kisten werden von einem Traktor mit Anhänger abgeholt. Die meisten Weine sind Estate Weine, das dann zutrifft, wenn angebaut, gekeltert und abgefüllt im selben Betrieb wird.
Die Speisetrauben sind größer, kernlos, nicht so süß, aber dennoch sehr lekker.

Ratatatatat... wir rattern über das Wellblech zur Käsefarm Dalewood. Camembert und 18 Monate gereifter Cheddarkäse aus eigener Erzeugung. Da müssen wir doch zuschlagen. Guten Käse gibt es nicht oft, also nutzen wir die Chance.
Weiter geht es zu Babylonstoren. Dieses Weingut ist ein absolutes Muss. Einen ganzen Tag kann man darin verbringen und man hat noch immer nicht alles gesehen.
In den verschiedensten Gärten werden Samen und Setzlinge von überall her angebaut. Diesmal wollen wir uns mehr den anderen Produktionssparten widmen. Denn es werden Fruchtsäfte, Seifen und ätherische Öle, Balsamico und Olivenöl - alles vom eigenen Anbau - produziert und man kann die Mitarbeiter hinter der Glasscheibe bei ihren einzelnen Arbeitsschritten beobachten, bis alles abgepackt und etikettiert ist.
Die Verkaufsshops sehen derart gut aus und sind so toll dekoriert, dass die Waren quasi nur so über die Theke fliegen. Es gibt auch Rinder und Büffel auf der Farm, deren Fleisch verkauft wird. Die Rinderhälften hängen gut gekühlt hinter Glas von der Decke. Das erstandene "matured Steak", welches wir ein paar Tage später braaien, ist super zart und schmeckt vorzüglich. Die Weinverkostung lassen wir heute links liegen, doch das Museum über den Weinanbau bis zum fertigen Erzeugnis in der Flasche ist mega interessant. Besonders das Fasskino, in dem man wie ein Vogel über die große Farm fliegt.

Allee Bleue macht auf uns einen etwas verschlafenen Eindruck. Die Terrasse mit dem Blick auf den Palmengarten und dem Bergpanorama ist sehr beeindruckend, doch es ist wenig los. Verena trinkt Kaffee und Wolfi genehmigt sich zum Frühschoppen Wein. Aber nicht irgendeinen, es ist ein von Platters gekürter 5 Sterne Sauvignan blanc.
In einer Stunde sollen wir wieder zu Hause sein, denn wir erwarten Besuch. Kathrin & Stefan haben wir am Melkbosstrand kennengelernt und sie haben sich spontan zu einem Besuch angemeldet. Das deutsch/österreichische Paar verbringt den europäischen Winter im Süden, denn die beide sind leidenschaftliche Surfer. Während wir noch immer auf unsere Visaverlängerung warten, haben sie einen anderen Weg eingeschlagen. Am Wochenende fliegen sie für einen Wochenendtrip nach Österreich. Bei Wiedereinreise aus Europa bekommt man automatisch 90 Tage Visum.

Freitagabend: Boschendal night market - ein Highlight! Boschendal ist eines der ältesten Weingüter in der Gegend und in den Sommermonaten gibt es jeden Freitag einen sehr tollen Markt mit Livemusik, Street foot und Abhof Erzeugnissen. Gemütlich in den Sitzkissen knotzend rocken wir mit der geilen Band. Neben uns geben die Girls alles, tanzen, Champagner trinken und Austern essen. Wenn die Schwarzen zu Geld kommen, geben sie es mit offenen Armen aus und verstecken ihren Reichtum keineswegs. Understatement - was ist das?

Franschhoek - eine unserer Lieblingsortschaften. Am Kirchenparkplatz mitten im Ort bekommen wir die Erlaubnis zum Parken. Die kapholländische Architektur, gepaart mit viel Kunst und hervorragendem Wein, die traumhafte Landschaft - eine perfekte Mischung.

Das Wein Estate Mont Rochelle - ein tolles Anwesen. Der Besitzer ist Sir Richard Brenson, der vor einiger Zeit Furore mit dem ersten privaten Raketenflug ins Weltall gemacht hat. Im Restaurant lunchen wir und machen dazu ein winetasting. Es ist heiß und die Luft steht auf der Terrasse, die mit Rosmarinbüschen eingerahmt ist. Heute haben wir es nicht weit nach Hause... das ist schön. Das Essen ist auf den Weingütern immer hervorragend, Preis- Leistungsverhätnis stimmt.

Wie kann man sich ein Wine tasting vorstellen?
Die meisten Weingüter bieten Weinverkostungen an. Man wählt zwischen Weiß-, Rose- oder Rotweinen. Auch MCC, wie der Schampus hier heißt, wird sehr oft angeboten. Dann hat man noch die Auswahl zwischen Standard oder Premiumweinen. Es geht ganz leger und ungezwungen zu. Hat man seinen Lieblingswein gefunden, kauft man eine Flasche oder auch gern mehrere und setzt sich damit in den Garten, während die Mitarbeiter die Kisten in den Kofferraum schlichten :-) Eigentlich ist es wie im Lokal, man trifft sich, quatscht, trinkt gemeinsam und das schöne daran ist: Jedes Jahr schmeckt der Wein anders!

Anthonie Rupert ist ein Begriff bei Weinkennern. Ein traditionsreiches Haus mit eleganter Ausstattung. Man sitzt auf einer Chesterfield vor dem Kamin, wenn man keine Reservierung für den außerordentlich schönen Garten hat und verkostet die edlen Tropfen.
Am Eingang wurde eine eigene Verkostungsstelle vom beliebten Proteawein errichtet. Sehr modern ausgestattet, mit einem Glas Schampus versorgt sucht man sich einen Platz im Restaurant, bummelt durch den Shop oder geht an die Weinverkostungstheke.

Wir sind mit Schweizern verabredet, die schon seit 10 Jahren in Franschhoek wohnen. Von ihnen erfahren wir, dass im Weingut La Motte eine Bäckerei eröffnet und die Eröffnungsfeier am nächsten Tag stattfindet. Um 11.00 Uhr zum Kaffee wollen wir uns treffen. An der Hauptstraße gibt es einen breiten Radstreifen, so dass die vorbeifahrenden Fahrzeuge nicht zu nahe kommen, was Verena besonders freut. Denn oft gibt es dergleichen nicht und man sollte immer auf der Hut sein. Kommt Gegenverkehr und von hinten ein Sattelschlepper, kann es schon sein, dass sie einen von der Straße hupen.
Eine Artisan Bakery mit köstlichem Gebäck. Focchachia, Ciabatta, Sauerteigbrot und Rosinenbrötchen... alles unter österreichischer Aufsicht gefertigt. Alex hat sich sein Können selber beigebracht und leitet nun den Aufbau der Bäckerei. Bei Cappucchino und Rosinenbrötchen nach Wachauer Art, haben wir ein nettes Gespräch mit unser schweizer Bekanntschaft.
Ein kurzes Hoppala passiert um Punkt 12 Uhr. Load Shedding (geregelte Stromabschaltung), bis jemand den Generator einschaltet, öffnet sich keine der beiden Glastüren mehr. Wir beobachten die Leute, die nun nicht mehr raus- oder rein können. Zum Glück ist ein paar Minuten später, der Strom für die Türen wieder da.

Adieu Franschhoek! Wir ziehen weiter, aber nur wenige Kilometer auf der R44 Richtung Somerset West, wo es die nächsten tollen Weingüter gibt. Es ist Familientag auf dem Blaauwklippen Estate. Musik spielt, Verkaufsstände sind aufgebaut, wir sitzen mit Kaffee am Tisch und beobachten das Treiben.

Weingüter sind Ausflugsziele vieler Südafrikaner am Wochenende. Es geht nicht nur um Weinverkostung, man streift in den schönen Gärten umher, kauft bei den Läden hofeigene Waren ein, trinkt Kaffee, nimmt sein Mittagessen zu sich oder ganz beliebt bei Familien: Man bestellt einen Picknickkorb, welcher vom Weingut zusammengestellt wird und sucht sich einen netten Platz auf dem großen Gelände, wo es man sich auf einer Decke gemütlich macht. Das Wetter ist herrlich und man genießt den tollen Sommertag.

Wir statten Peter Falke einen Besuch ab. Bei uns bekannt durch seine Sportsocken, hier im Lande noch zusätzlich für seine Weine. Der Garten ist voll, wir bekommen nur noch ein Plätzchen drinnen. Macht nix, so ist es wenigstens kühler. Wolfi ist ganz hingerissen vom Bouquet des Sauvignon blanc. Er riecht nach Aprikosen und Blaubeeren. So wie oft beim Tee der Fall, riechen die Produkte besser, als sie schmecken. Zumindest ist es bei diesem Weißwein so. An den Wänden hängen viele Prämierungen von diversen Weinen.

Das goldene Dreieck, so wie diese Region auch genannt wird, produziert hauptsächlich Rotweine. Shiraz, Cabernet Sauvignon, Merlot und Pinotage gedeihen sehr gut. Auch das Verschneiden verschiedener Rebsorten ist weit verbreitet, nicht nur mit Rotweinen, sondern in den letzten Jahren auch mit den Weißen zu Cuvées aus Sauvignon blanc und Semillontrauben.

Uva Mira ist eigentlich ein recht junges Weingut und wir kommen nicht zufällig zu diesem tollen Anwesen. Vor 2 Jahren haben wir einen Schlafplatz in der Karroo gesucht und nichts gefunden, bis wir an einer Farm vorbei kamen, an der ein Parkplatz unter einem Baum vor einem Einfahrtstor war. Auf Nachfrage erlaubte uns der Farmer dort zu nächtigen. Am Abend kam er nochmals, um zu sehen, ob alles in Ordnung sei. Mit dabei hatte er einen Sack Zwiebeln (denn er ist Zwiebelbauer) und eine Flasche Chardonnay von Uva Mira. Seine Tochter und sein Schwiegersohn würden ein Weingut in der Nähe von Kapstadt betreiben, auf dem sie diesen Wein herstellen. Der Wein hat ausgezeichnet geschmeckt und wir haben uns vorgenommen, wenn wir in der Nähe sind, würden wir ihnen einen Besuch abstatten. Und voila... da sind wir.

Mit dem Amigo ist die Zufahrt fast zu eng, also beschließen wir, die letzten 2 Kilometer zu Fuß weiter zu laufen. Es ist das höchstgelegene Weingut in der Region. Viele Bauern haben ihre Ernte schon eingeholt, doch hier sind die Trauben fast alle noch am Stock. Mit Wolfi ist kein Weiterkommen, denn er muss von jeder Traubensorte kosten und das dauert ;-)
Endlich erreichen wir die Mountain Winery. Wow, was für ein Ausblick von der Terrasse. Man sieht die gesamte Kaphalbinsel, die Falsbay - sehr cool! Nur leider sind die wenigen Tische reserviert, sodass wir wieder nur einen Platz im Inneren bekommen. Die Weine sind toll. Der Somelier, der uns jeden Wein ausführlich erklärt, macht seine Sache richtig gut. Auch die Käseplatte ist der Hammer! Wir sind begeistert und können jeden ein Tasting bei Uva Mira empfehlen. Nein, wir bekommen keine Provision... ;-)

Leicht angeheitert wollen wir noch nicht nach Hause, denn ums Eck ist das nächste sehr bekannte Weingut namens Rust en Vrede. Wir parken den Amigo hinter dem großen Eingangstor zwischen den Weinstöcken und marschieren durch eine schattige Allee bis zum Restaurant. Doch wir haben leider gar nicht dran gedacht, dass um 16.00 Uhr fast alle Weingüter ihre Pforten schließen. 10 Minuten zu spät, heute gibt es für uns nichts mehr. Zurück am Gate treffen wir auf einen sehr netten Wachmann. Auf unsere Frage: "Can we sleep here tonight?" sagt er prompt "Ja!" Er schreibt in seinen Ankunftsbuch, dass wir schon vor 3 Stunden mit dem Fahrzeug reingekommen sind und ein paar Gläschen zu viel getrunken haben. Seinem Chef erklärt er, dass wir kurz schlafen gegangen sind und aus kurz wird halt einfach Morgen früh. Das ist Afrika! Alles ist biegsam und man macht es sich passend! Wir sind froh, dass wir nicht mehr fahren müssen und freuen uns über den tollen Parkplatz.

Magda haben wir vor 2 Jahren im Norden von Südafrika am Thermen Camping getroffen. Die nun 71jährige wohnt in der Nähe und so fragen wir sie, ob sie Lust auf ein Wiedersehen hat. Spontan sagt sie zu und wir machen ein Treffen am Weingut Vergelegen aus. Ein tolles Weingut.
Der romantische Gedanke, dass seit Generationen ein und dieselbe Familie solch ein Anwesen betreibt, ist verführerisch, doch in den meisten Fällen nicht der Fall. Vergelegen gehört der Anglo American Company, welche hauptsächlich im Bergbau tätig ist. Der Nachmittag verläuft viel zu schnell und als wir später noch durch die prächtige Gartenanlage schlendern, kommen wir in den Genuss von Violinen, Querflöten und Trommelklängen. Wir finden auf einer Lichtung eine riesige Bühnenanlage. Bald darauf haben wir die Information, was es da auf sich hat. Starlight Classics Konzerte am Wochende. Ja, da müssen wir hin und bestellen noch vor Ort 2 Karten im Internet.


Eigentlich wollten wir weiter, doch man kann bekanntlich Pläne immer wieder umschmeißen und flexibel sind wir. Unter den alten Kastanienbäumen liegen deren Früchte am Boden, niemand sammelt sie ein, eine gute Gelegenheit für uns. Wir lieben Kastanien und haben schon lange keine mehr gegessen. Große Früchte, 3 Stück in der stacheligen Schale. Die Handtasche und unsere Hosensäcke sind voll. Ganze 4kg haben wir eingesammelt, wovon wir nun die nächsten Tage geröstete Kastanien schnabulieren und uns an den ersten hausgemachten Kastanienreis wagen. Durch die Kartoffelpresse gedrückt mit Schlagobers und Schokosauce - sehr lekker!

Nicht weit entfernt finden wir einen netten Wildcampingspot in der Nähe eines Hundeparks. Somerset West ist bekannt für deutschsprachige Rentner und Auswanderer, die natürlich alle mindestens einen Wachhund haben, aber auch viele Einheimische besitzen einen oder mehr Hunde. Schon früh morgens kommen sie angefahren, um ihren Liebling Auslauf zu geben. Am Ende des Parkplatzes verkauft eine junge Frau selbstgebackene Hundekekse aus Erdnußbutter und Haferflocken aus dem Kofferraum. Im Park ist liebevoll ein Regal aus Palettenholz gezimmert, indem sich eine Doggy Library befindet. Holzsteckerl in allen Größen, mit denen die verschiedensten Hunde schon gespielt haben. Eine nette Idee.

Da Wolfi sein erstes Hämorrhoidalleiden hat, wird aufs Radfahren verzichtet und wir wandern halt zu den Weingütern. Aufhalten lassen wir uns wegen so einer Kleinigkeit nicht.
Das Lourensford Wine Estate ist groß und bietet verschiedene Shops mit Süssigkeiten, Perserteppichen oder außergewöhnlicher Mode. Daneben liegt die Kaffeerösterei mit Möglichkeit zum Lunch, das Restaurant ist gut besucht und von der Weinverkostungslounge hat man einen tollen Blick auf den Weinkeller, wo all die Eichenfässer mit den wertvollen Tropfen gelagert werden.

Morgenster - es dreht sich alles um Oliven und Wein. Während dem Weißweintasting gibt es hausgemachte Olivenpaste zum Probieren. Wein nehmen wir keinen mit, doch ein kaltgepresstes Olivenöl wandert in unseren Rucksack.

Heute fahren wir Einkaufen. Im Sportgeschäft gibt es ein Angebot von Falke. Nimm 4 Paar Laufsocken, zahl 3. Wir schlagen zu. Als wir vor dem Kühlregal im Checkers Supermarkt stehen, geht mit einm Schlag das Licht aus, es ist stockdunkel. Gemächlich gehen bei vielen Smartphones die Taschenlampenfunktion an. Jeder leuchtet auf die Produkte, die er einkaufen möchte. Es ist gespenstisch, wie im Film "Nachts im Museum". Was würde man nur ohne Handy machen? Wolfi meint noch, jetzt ist die beste Zeit für die Kuchenecke. Er denkt schon wieder nur an Süßspeisen. Blöd nur, wenn das Licht dann angeht und der Mund voller Doughnuts und Schlagsahne ist. Nach endlosen 3 Minuten geht der hauseigene Generator an und das Licht kommt zurück. Nein, Wolfi hat keine Melktart genascht... auch keinen Malvepudding ;-) Die Südafrikaner nehmen das mit einer stoischen Gelassenheit hin....bewundernswert.

Es ist soweit. Morgen ist das große Konzert. Vielleicht dürfen wir heute schon auf die große Wiese, auf der die Autos der Gäste parken werden. Der Wachmann weiß zuerst nicht, was mit uns machen, dann winkt er uns aber durch.
Als wir am Abwaschen sind, hören wir Musik rüber. Heute schon ein Konzert? Davon ist im Internet nichts gestanden. Neugierig gehen wir mal der Musik nach und werden am Eingang aufgehalten. Tickets? Haben wir keine, erst für Morgen. Nach Wimpernklimpern und netten Lächeln bekommen wir schließlich Tickets von den Kontrolleuren in die Hand gedrückt. Er nimmt die Tickets Verena nochmals aus der Hand und entwertet sie. Drinnen sind wir. Es ist die Generalprobe und die 200 Leute Personal vom Weingut Vergelegen haben alle 4 Tickets bekommen, für Familie und Freunde. Das ist sehr cool!

Am nächsten Tag ist um 16.00 Uhr Einlass. Doch es verzögert sich ein wenig, da sie mit ihren Vorbereitungen nicht ganz fertig geworden sind. Wir stellen uns nicht an, denn unsere Stühle haben wir schon vor 2 Stunden reingetragen. Also gehen wir zum Eingang, als der erste Schwung weg ist und prompt stehen wir mitten in einer Menschentraube, fast alle reden deutsch. Viele nette Pensionisten, die hier ihren Lebensabend verbringen und auch welche, die nur wenige Wochen im Jahr, vorwiegend im Sommer, hier sind (die dann Schwalben genannt werden) besuchen heute das Konzert. Unser Amigo ist Gesprächsthema! Wir stellen uns taubstumm und machen einen auf Hase. Niemand weiß, dass wir zum Lkw gehören, als dann eine blonde Dame meint: "Das sind die Leute, die in die gefährlichen Gebiete fahren und dann von der Botschaft gerettet werden müssen, weil sie kein Geld haben!" Einige gehen drauf ein und geben Kalauer zum Besten. Wir können uns ein Grinsen nicht verkneifen und denken nur "So eine blöde Kuh, wer euch wohl alle ausgeflogen hat bei Corona?".
Unter dem Motto "first come, first serve" bekommt man einen Platz in der Wiese und deshalb sind wir, weil wir unsere Stühle schon vorab auf den Platz stellten, mitten unter deutschen Rentnern, zum Glück nicht dieselben vom Eingang.
Die Location ist einfach nur hammermäßig. Auf einer großen Lichtung neben hundert Jahre alten Eichenbäumen und dreihundert Jahre alten Kampferbäumen kann man seinen Campingsessel aufstellen. Den Südafrikanern ist nichts zu blöd. Polster, Decken, Sonnenschirm, eine Kühltasche mit reichlich Essen und eine zweite nur für Getränke dürfen nicht fehlen. Schließlich dauert es noch 3,5 Stunden, bis die Show beginnt. Wir haben gelernt und passen uns an, so haben auch wir alles für ein gemütliches Picknick mit.

Das Konzert ist ein voller Erfolg. Südafrikanische Stars treten auf. Opernsänger, darunter Lukhanyo Moyake, der an der Wiener Staatsoper sein Engagement hatte, der Ndlovu Youth Choir - ein Jugendchor, der seine Chance genutzt hat, um aus dem Township rauszukommen. Sie covern Songs und interpretieren sie mit Klicksprache und anderen afrikanischen Lauten. Akrobaten und vieles mehr. Der Abend geht einfach viel zu schnell rum.

Nach dem ausgedehnten Morgenspaziergang am tollen Anwesen verabschieden wir uns aus der Weinregion. Es geht zur Küste und weiter nach Hermanus. Leider ist das Wetter heute sehr trüb und regnerisch. Zyklon Freddy ist an die mosambikanische Küste getroffen, vielleicht sind das nun seine Ausläufer?

 

 

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Südafrika 14

 


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