INDIEN
der Nordosten

 

Montag: Wir sind „on the road again“ und es fühlt sich gut an, wieder unterwegs zu sein. Außerdem haben wir mit der NH17 eine richtige Entscheidung getroffen, denn die Straße ist in einem prima Zustand. Auch die NH3 durch die Staaten Maharastra und Madja Pradesh überraschen uns mit 2spuriger Autobahn. Wir erleben ein relaxtes Fahren in Indien! Das kann man kaum glauben. Schon am Wochenende kommen wir nach Allahabad. Alle 12 Jahre ist hier die Kumbh Mela, das größte Volksfest der Welt. Über 100 Millionen Besucher werden in diesen 2 Monaten erwartet.
Bei Allahabad gibt es eine ca. 100 km lange Umfahrung, nein da wollen wir aber nicht hin. Die Polizisten haben die Abfahrt für den Schwerverkehr gesperrt, aber mit hartnäckiger Sturheit, lassen sie uns doch durchfahren. Es ist Freitag und die Stadt vor Allahabad ist in moslemischer Hand, der Muezzin ruft zum Gebet und alle Bewohner sind auf dem Weg zur Moschee. Dazu noch viel Verkehr und es geht nur in stop and go voran. Bevor wir uns hier weiterdurchquälen, beschliessen wir, uns einen Schlafplatz zu suchen. Am nächsten Morgen vor dem Sonnenaufgang starten wir den Amigo, um nach Allahabad zu fahren. Es ist sehr wenig los und wir kommen gut voran, finden das riesige Gelände, wo dieses Volksfest stattfindet und sogar einen super Parkplatz am Polizeigelände für den Amigo. Nach einem ausgiebigen Frühstück marschieren wir los. Schon beim Überqueren der Gangesbrücke haben wir die Ausmaße dieser Zeltstadt wahrgenommen. Das Schwemmland am Gangesufer ist sicher einen Kilometer breit und auf diesem wurde eine komplette Zeltstadt (die Zelte sind so groß wie die auf dem Oktoberfest) mit vielen Zonen errichtet, mit eigens präparierten Straßen mittendurch. Eisenplatten werden auf dem Sand ausgelegt, um das Einsinken der schwereren Fahrzeuge zu verhindern, unzählige Verkehrsschilder aufgestellt und schon können die Pilger mit ihren Autos hier durchfahren.

Es gibt ein eigenes Krankenhaus-Zelt und Geschäfte mit allen Dingen, die man so zum täglichen Leben braucht. Die Händler kommen aus ganz Indien hierher und leben 2 Monaten in dieser Zeltstadt. Decken sind der Verkaufsschlager, da es in der Nacht ganz schön kalt wird. Dazwischen sind die Zelt-Ashrams, in denen die Jogi für ihre Pilger predigen. Kostenloses Essen wird an die Pilger ausgeteilt. Diese sitzen am Boden im Schneidersitz, vor ihnen liegt ein aus Blättern gemachtes Teller. Männer gehen mit riesigen Töpfen durch und geben jedem Reis und Linsen auf den Teller.

Es läuft hier alles so geregelt und geordnet ab, dass wir richtig erstaunt sind. Wir haben ein riesiges Chaos erwartet, so wie es halt überall in Indien herrscht. Auch sind wir positiv überrascht, dass alles so unwirklich sauber ist. Reinigungskräfte mit Besen und Körben ausgestattet, bringen den Abfall weg. Endlich erreichen wir den Ganges. Über den riesigen Fluß haben sie mehrere Ponton-Brücken errichtet, über die man auf die andere Seite des Flußes gelangt.

Am anderen Flußufer strömen die Autos mit Pilgern aus dem ganzen Lande herein. Direkt am Zusammenfluß vom Jamuna und dem Ganges nehmen die Menschen ihr spirituelles Bad. Entlang des Ufers wurde ein Seil gespannt, damit man sich festhalten kann, wenn man den Kopf ins kalte Wasser taucht. Die Pilger stürzen sich mit einer Überzeugung in die Fluten und kommen frierend, aber glücklich wieder heraus. Meistens haben sie Klamotten zum Wechseln mit. Diejenigen, die auf das vergessen haben, geben ihre Saris zum Trocknen ab.

Wir sind auf der Suche nach den Sadhus. Die Kumbh Mela ist dafür bekannt, dass sich die Sadhus aus ganz Indien hier treffen. Und wir finden sie. Gleich der erste, den wir entdecken, steht schon seit 10 Jahren auf einem Bein. Sie erzählen uns, dass er noch 2 Jahre vor sich hat. Wir schauen uns fragend an, und denken beide, welche Sünden muß der wohl verbrochen haben, um solch eine Buße zu tun? Die Sadhus sind nackt und haben ihren Körper mit Asche eingerieben, die meisten haben ihren Penis mit einer Perlenkette geschmückt.
Ihre Haare sind zu Dreadlocks gerollt und hochgesteckt. Manche haben sich richtig hübsch gemacht.
Sie sitzen meistens in Gruppen zusammen vor ihren Zelten. Ein dichter Qualm von Mariuhana zieht zu uns rüber, ein dicker Chillum wird durch die Runde gereicht. Nach 2 Stunden sind auch wir etwas benebelt. Kein Wunder, werden doch vor jedem Sadhu Zelt Chillums geraucht. Ein kleines Feuerchen brennt davor, denn die Asche brauchen sie auch für die vielen Pilger, die sich von den Sadhus segnen lassen.
Einer hält seine rechte Hand mit Hilfe eines Stecken seit 20 Jahren in die Höhe. Die Nägel wurden seitdem nicht mehr geschnitten, sie drehen sich schon ein. Um ihn herum sitzen jüngere Sadhus, die ihm bewundernde Blicke zuwerfen. Die vorbeigehenden Inder fragen sich, wie der Mann überhaupt überleben kann. Wenn er die Rechte nicht benützt, mit welcher Hand ißt er denn dann?

Die Autobahn führt am Ganges entlang, wir umfahren Varanasi und gelangen nach Bihar, dem wohl ärmsten Bundesstaat von Indien. Wir sind schon beide neugierig, was uns wohl hier erwarten wird? Erstmal kommen wir zum Zoll, hunderte Lkws warten auf die Abfertigung und die Autobahn ist komplett verstopft. Die Trucker stehen mit Sicherheit einen Tag, bis sie beim Zoll durch sind und das mitten in Indien. Da wir ja keinen Zoll brauchen und auch sie nichts von uns, können wir durchfahren, aber wie? Wir sind nicht die einzigen, die über den erhöhten Mittelstreifen auf die andere Fahrbahn der Autobahn wechseln, denn schon andere vor uns haben den betonierten Randstreifen mit Hammer und Meisel bearbeitet... So werden wir zu Geisterfahrern und umfahren den Zoll auf der Gegenfahrbahn. Danach müssen wir wieder zurück auf die andere Seite, denn ein riesiger Eisenträger verhindert hier ein Durchfahren für Lkws. Aber auch hier ist der Weg schon vorgeebnet und wir queren wieder den Mittelstreifen, um unsere Fahrt, nun wieder auf der richtigen Seite, nach Bihar fortzusetzen. Leider sehen wir sehr viele verunfallte Lkws. Hat ein Lkw eine Panne, bleibt er einfach vor Ort stehen. Keine Vorwarnung.

Die Straße nach Patna, der Hauptstadt Bihars, ist in einem nicht unbedingt guten Zustand, auch sind nur wenige Lkws unterwegs. So fahren wir so durch die Gegend, als auf einmal Sirenen ertönen und ein Konvoi aus 10 Fahrzeugen hinter uns auftaucht. Irgendein wichtiger Mensch wird durchs Land geleitet, wir hängen uns dran und sind nun das 11. Fahrzeug. Gemeinsam brausen wir mit dem Konvoi durch einige Städte, die entlang der Straße liegen. Vorneweg wird all der Verkehr zur Seite gehupt und wir gelangen entspannt durch so manche Städte und Dörfer, bis unsere Augen mit einem Schlag ganz groß werden.

 

Vor uns ist eine Stahlbrücke die über den Fluß Son führt. Nun wissen wir den Grund, warum so wenige Lkws auf der Straße waren.... Wir stehen so schräg vor der Brücke und denken uns: Das war doch ein großer Umweg, wenn wir hier nicht durchpassen, können wir die knapp 200 Kilometer wieder zurückfahren. Der Konvoi braust vor uns auf die Brücke und wir werden hinterher gewunken. Langsam tasten wir uns vor und kommen gerade so durch die Eisenträger untendurch, um dann auf die Brücke zu gelangen. Ca. 2 Kilometer ist sie lang und über dem Amigo sind keine 5 cm Luft. Viele Eisenträger sind beschädigt, weil wegen der löchrigen Fahrbahn "aufschauckelnde Lkws" oben hängen geblieben sind, na wenn das nur gut geht. Im schlimmsten Fall müssen wir halt Luft ablassen, denn zurück kommen wir nimmer, da hinter uns schon 20 hupende Fahrzeuge sind,die uns antreiben wollen. Alles geht gut und wir sind dann doch sehr erleichtert, als wir das Ende der Brücker erreichen. Kein einziges Schild, oder irgendeinen anderen Hinweis auf die Brücke haben wir auf den 200 km davor gesehen...

Als wir Patna erreichen, stehen schon hunderte Lkws entlang der Straße neben und auch auf der Fahrbahn. Was ist denn hier wieder los? Sonntag ist es und kein Lkw darf nach Patna rein - Foreigner ausgenommen, keiner schert sich um uns und so haben wir freie Fahrt, die wir auch brauchen, denn die Straßen sind eng und überfüllt. Endlich gelangen wir über einen Fly-over zur Stadtautobahn, die uns aus dem Gewühle rausführt. Da haben wir wohl die falsche Straße durch Bihar gewählt ;-)

Die Freude währt nur kurz, denn aus der Autobahn wird wieder eine normale Straße, die durch jede Siedlung mittendurch führt. Hier in Bihar sehen wir nun wieder ein Indien, das wir noch von der ersten Reise her kennen. Entlang der gesamten Straße liegt Müll, auf dem die Menschen leben. Hütten, Verkaufsstände und Restaurants ragen aus dem Abfallhaufen hervor. G´schmackig! So wild wie hier schaut es im restlichen Indien bei weitem nicht mehr aus.

Mitten aus dem Nichts haben wir dann plötzlich einen nigelnagelneue Autobahn vor uns, die uns nach Westbengal bringt. Den Zoll können wir wieder schön umfahren, sodass wir nicht einen Tag im Stau verbringen müssen.

Nach soviel Ländlichem freuen wir uns wieder auf urbane Abwechslung. Wir sind in Siliguri, stehen vor einem Einkaufstempel und besuchen den Backhendlwirten KFC. Auch treffen wir auf Marja & Paul, mit denen wir gemeinsam in den Nordosten fahren werden. Es gibt viel zu Erzählen und deswegen schlagen wir im nächsten Flußbett unser Camp für die nächsten 3 Tage auf. Wolfi erneuert den gebrochenen Fahrradträger, während Verena den Campingsessel flickt.

Assam kennen wir nur als Teeproduzent, aber von den Teeplantagen ist weit und breit nichts zu sehen. Bei Guwahati überqueren wir den Brahmaputra, einen der größten Flüsse der Welt. Unglaublich wie breit dieser Fluß hier noch ist, obwohl wir ihn an einen der schmalsten Stellen überqueren.

Je weiter wir in den Osten kommen, desto mehr Teeplantagen sehen wir. Diese Tee-Estates sind wunderbar gepflegt und eingezäunt, damit die Kühe, Ziegen und Wildtiere nichts beschädigen können oder gar die kostbaren Teepflanzen fressen. Die Wohnhäuser in Assam sind nette gepflegte Häuser mit eigener Veranda, einem Zaun herum und einige wenige haben sogar eine Garage. Im Vorgarten sieht man oft einen liebevoll gepflanzten Gemüsegarten.

Die Menschen sind sehr neugierig, wahrscheinlich haben sie noch nicht oft Touristen mit so einem großen Auto gesehen. Und dann steigen "nur" 2 Personen aus. Ihre Häuser sind meist nicht größer, als unser mobiles Heim. Aber darin leben meist 10-15 Personen. An unseren Schlafplätzen werden wir belagert. Eine große Menschenmenge beobachtet alles was wir machen mit Argusaugen. Sie gehen erst nach Hause, wenn die Sonne untergeht. Morgens um 05.00 Uhr, bei Sonnenaufgang, stehen sie wieder neugierig vor unseren Fahrzeugen. Geschnatter, Gelächter und permanente indische Musik aus ihren Handys lassen uns etwas früher erwachen, als wir eigentlich im Sinn gehabt hätten.

Wir sind in Kaziranga Nationalpark angekommen. Um 08.00 Uhr morgens geht es mit dem Jeep auf Safari. Kaum betreten wir den Nationalpark, sehen wir schon ein Nashorn, welches nur ein paar Meter hinter uns die Piste quert. Ein paar Meter weiter, wieder ein Nashorn und wieder eins und wieder eins. Dieser Nationalpark beheimatet 2.396 Stück Nashörner und hat damit die größte Population weltweit. Wir glauben es kaum, aber den ganzen Tag lang sehen wir über 80 Nashörner, mehr als 100 Stück Wild (asiatische Sumpfhirsche), viele mächtige Büffel, 3 Otter, jede Menge Vögel (groß und klein) und zu guter Letzt noch ein paar Elefanten. Nur der Tiger hat sich sehr gut vor uns versteckt - den haben wir leider nicht gesehen.

Highlight des Tages war das Panorama vom letzten Aussichtspunkt. Hier sehen wir noch einmal alle Tiere, die im Park leben, auf einem Schlag. Ein traumhafter Tag neigt sich dem Ende zu.

Weiter geht es ins Nagaland. Mittlerweile brauchen ausländische Besucher kein aufwendiges Permit mehr und so wird uns der Besuch leicht gemacht. Kaum betreten wir Nagaland, ändert sich alles. Die Straße ist schlecht bis miserabel, abenteuerliche Brücken sind zu überqueren, die Häuser werden immer weniger, dafür die Hütten immer mehr. Diese sind aus gespaltenem Bambus geflochten, das dicke Dach aus getrockneten Palmblättern.

Die Naga waren früher Jäger und Sammler, um als vollständiger Mann in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden, mußten die Jungen den Kopf eines Feindes erbeuten. Sie waren gefürchtete Kopfjäger. Je mehr Köpfe ein Krieger besaß, umso höher war sein Ansehen. Im Dorf, das wir besuchen, entdecken wir einen Gedenkstein an einen großen Häuptling, der 25 Köpfe erkämpft und 4 Tiger getötet hat. In den 40er Jahren hat die indische Regierung dieses Ritual verboten und 1963 wurde der letzte offizielle Kopf erbeutet.

 

Wir sind im Dorf Tangnyu beim Stamme der Konyak und auf der Suche nach dem Häuptling. Seine Einwilligung brauchen wir, um uns im Dorf umzusehen. Doch der Häuptling ist mit den anderen Dorfmitgliedern in der Kirche. Ja, es ist wirklich wahr, er ist in der Kirche. Mittlerweile sind 90% der Nagas Christen, genauer gesagt Baptisten. Wir treffen vor seinem Haus auf seine Enkeltochter, die englisch spricht. Sie lädt uns ins Haus ein, um dort auf ihn zu warten. Das gibt uns die Möglichkeit, ein Nagahaus von innen zu sehen. Die große Küche bildet den Mittelpunkt.

Wir bekommen sein OK und mit vielen Kindern im Schlepptau ziehen wir durchs Dorf. Auch hier hat die Zeit nicht angehalten. Statt Lendenschurz laufen die Menschen mit westlicher Kleidung umher, in vielen Hütten gibt es einen Fernseher und einige wenige haben sogar ein Auto.

Im Langhaus hat sich die Gemeinschaft zu Beratungen getroffen. Es ist der Mittelpunkt des Dorfes und mit vielen Fruchtbarkeitssymbolen geschmückt. Auch hängen Hirschköpfe und Macheten an der Wand - ob das wohl die Macheten sind, mit denen die Köpfe abgetrennt wurden?

Obwohl von ursprünglichen Riten und Lebensformen nicht mehr viel zu sehen ist, ist es dennoch sehenswert.


In Mon kaufen wir noch Gemüse ein. Der Fleischmarkt neben der staubigen Straße sieht nicht so einladend aus, deswegen verzichten wir heute auf Fleisch.

Das Nagaland ist sehr hügelig. Mit vielen Menschenhänden wird die Straße verbessert und so dauert es.... bis sie dann endlich fertig ist, können sie wieder von vorne anfangen.

In Mokokchung checken wir sicherheitshalber in einem Internetcafe unsere Mailbox. Der Einreisetermin nach Myanmar rückt immer näher. Unzählige Formulare und Anträge wurden bereits ausgestellt und via Internet verschickt. Hin und wieder mußten noch fehlende Daten nachgereicht werden. Und was lesen wir nun? Sofort zurück nach Guwahati, dort ist Treffpunkt für ALLE Reisenden. Laut Anweisung der zuständigen Behörden in Assam ist ein Alleinreisen nach der Stadt Guwahati nicht möglich. Keinesfalls wollen wir die Myanmar Durchreise der ganzen Gruppe gefährden und kehren sofort um. Leider entgehen uns so einige Dörfer von verschiedenen Ethnien in Nagaland, auf die wir uns sehr gefreut hätten. 2 Tage später erreichen wir den Treffpunkt und warten nun auf unsere Reisegruppe. In ein paar Tagen sollten wir in Myanmar sein, wie es uns dort ergehen wird erfährt ihr im nächsten Bericht.

 

 

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