Kasachstan, Russland und Georgien 02.10. - 21.10.2016
Die Einreise nach Kasachstan ist in einer Stunde
erledigt, alles korrekt und auf geht`s. Bis zur ersten Tankstelle sollen es
ca. 60km sein. 90 sind es dann, zum Glück haben wir noch mehr als genug
Diesel an Bord. Also hätten wir uns das Tanken in Usbekistan sparen können,
aber sicher ist sicher.
In Kasachstan ist der Diesel um 27% teurer geworden, er kostet nun 30,- Eurocent.
Trotz der massiven Teuerung macht tanken hier noch Spaß. Keinen Spaß
macht uns die Straße, denn es ist eher ein Ackerweg über den heftiger
Fernverkehr rollt. Es muss vor kurzem auch hier geregnet haben, denn vom lehmigen
Belag sind Stücke ausgerissen und doppeln an anderer Stelle den Belag
damit auf. Heftigste Schlaglochpiste über fast 90km lassen uns nur langsam
vorankommen.
Wir wechseln Geld und dabei wird Wolfi auf der Bank von einem homosexuellen
Mann am Schalter heftigst angeflirtet. Wolfis Ohrring war schon den Usbeken
suspekt, nun auch noch den Kasachen hier in Beyneu. Doch Wolfi bleibt seiner
geliebten Verena treu und lässt den Jüngling abblitzen. In Zukunft
wird sie ihn nun auf Bankwegen begleiten :-)
Viele vollbeladene Pkws kommen uns entgegen.
Das Dach ist vollgestapelt mit Zeug, einige haben auch noch einen Anhänger
mit. Wir vermuten, dass es usbekische Gastarbeiter sind, die in Russland oder
in Kasachstan arbeiten und nun auf den Nachhauseweg sind. Irgendwie erinnern
sie uns an die Ungarn, die nach der Öffnung des "Eisernen Vorhangs"
alles was sie nur irgendwie brauchen konnten, von Österreich in ihre
Heimat brachten. Ja brauchen können sie noch sehr viel in Usbekistan....
Und dann sehen wir ihn - den ultimativen Traum
von jedem Langzeitreisenden :-) Ein 8x8 mit riesigem Wohnkoffer, der richtig
Platz bietet. Wo man nicht um jeden Zentimeter feilschen muss, um ja für
alles Platz zu haben. Nein, in diesem Aufbau könnte man sogar ein Wohnzimmer
mit Couch integrieren und so nebenbei auch noch eine Badewanne einbauen. Theoretisch
hätte das alles Platz, wenn da nicht der Verbrauch wäre. Viel weniger
als 50 Liter auf 100km Asphalt wird der sich nicht gönnen...
Wir sehen hier extrem viele Allrad Lkws, ob den Ural mit seiner langen Haube
oder die verschiedensten Kamaz. Fast alle sind 6x6 und wenn sie nicht eine
Mannschaftskabine aufgebaut haben, dann fungieren sie als Zugmaschine mit
einer montierten Sattelkupplung. Asphaltiert ist nur die Hauptroute, zu den
Erdölfeldern geht es nur über Stock und Stein in der Steppe. Wenn
es trocken oder gefroren ist, ist die Steppe brettelhart, aber wehe wenn es
regnet oder Tauwetter herrscht, dann wird es schnell zur wildesten Schlammschlacht.
Auf unseren Spaziergängen mit Apollo sehen wir die Lkw Spuren und die
Zeugnisse der Bergeaktionen, wenn es nass ist. Meistens führt dann letztendlich
noch eine Raupenspur zum Ort der Lkw-Versenkung, um diesen zu bergen.
Ab Beyneu beginnt endlich eine schöne Asphaltbahn,
die uns bis nach Atyrau führt. Hier tritt eine große Wende in unser
Reiseleben ein. Wir verlassen Asien und kommen nach Europa. 2011 haben wir
Europa über eine Brücke bei Istanbul am Bosporus verlassen, hier
kommen wir nun auch wieder über eine Brücke zurück. Wie das
Gefühl ist, wieder in Europa zu sein? Hmmm mal überlegen, also eigentlich
nicht anders als 100m vorher. Europa ist noch weit weg, selbst Istanbul ist
von hier aus noch knappe 2.000km Luftlinie entfernt!!! Also ganz klar, kein
Europa feeling.
Atyrau ist die Hauptstadt der Öl- und Gasföderunternehmen und es
wird hier gut Geld gemacht. Mächtige Firmensitze stehen neben mächtigen
Regierungsbauten, dahinter ein endloses Meer von Einfamilienhäusern.
Viele Neubauten, wenige alte Häuser.
Hier parken wir uns eine Woche ein, denn das russische
Visum ist wieder datumspezifisch und bis zur Einreise haben wir noch 10 Tage
Zeit. Wenn man die Visa so früh machen muss, ist es immer schwierig,
das richtige Datum für die Einreise zu finden. Lieber ein paar Tage mehr
Zeit einplanen, als dann "rumhudeln" müssen.
Es macht auch nichts, den Artyrau ist eine angenehme Stadt. Es gibt Shoppingmalls,
in denen wir bummeln und es gibt eine wunderschöne Promenade am Ural
entlang, auf der wir abends nun auch wieder joggen. Die Blätter verfärben
sich, der Herbst ist auch hier im Anmarsch, jedoch hat es tagsüber noch
warme 24°C. Die Männer sitzen fischend
am Ufer des Urals und hoffen auf einen guten Fang. Eine Barke mit einem Räucherfischverkaufsladen
darauf, legt gerade am Pier an. Leider ist der Räucherfisch sehr salzig.
Rund um das Regierungsgebäude ist alles sehr gepflegt, der Rasen hat ein saftiges Grün, über dessen Anblick wir uns besonders freuen nach der langen Zeit in der Wüste. Viele Blumen und Bäume wurden gepflanzt und abends werden die Springbrunnen eingeschaltet. Die Kasachen kommen zum Flanieren.
Es ist Samstag und wir sind im Supermarkt, der
die halbe Fläche im Erdgeschoss der Shoppingmall einnimmt. Oje, soviele
Autos am Parkplatz und noch mehr Menschen im Gebäude. Gehen die denn
alle am Wochenende einkaufen? Da haben wir uns ja den besten Tag ausgesucht.
Die Gemüse- und Obstabteilung sieht sehr frisch aus und die Verkäufer
fahren mit Paletten weiterer Schachteln voll mit Gemüse herein und kommen
mit dem Nachlegen kaum nach. Ein paar Tage später, als wir wieder in
diesem Markt sind, wird uns einiges klar. Das Obst und Gemüse ist welk
und fast faulig, richtig unappetitlich. Wahrscheinlich werden sie nur am Wochenende
mit Frischware versorgt und unter der Woche muss der Rest verkauft werden.
Rund um Atyrau ist Wüste, es wächst nichts, kein Getreide, kein
Gemüse, keine Obstbäume - nichts, außer Sand, Steine, Dornengestrüpp
und versalzte Erde, aber darunter liegt eben viel Öl und Gas. Keine Ahnung,
woher sie diese Gemüselieferungen bekommen, aber es muss von weit weg
sein!
Wir schlagen uns die Bäuche mit Kaviar voll, der hier so günstig
ist, dass man kaum widerstehen kann. Die Russen wissen was gut ist, sie essen
Plinis (Palatschinken) mit Fischeier als Nachtisch. Etwas gewöhnungsbedürftig
beim ersten Bissen, doch dann finden wir richtig Gefallen daran.
Es ist Sonntag und die orthodoxe Kirche ist nicht weit entfernt. Verena macht sich auf den Weg um solch eine Messe mitzuerleben. Leider kommt sie fast zu spät, die Menschen stellen sich gerade für die Kommunion an und das dauert, denn es sind einige hundert Menschen in der Kirche. Jeder bekommt ein Stück Brot und einen Schluck Wein, bevor der Priester alles weihräuchert und in ein Sing-Sang verfällt. Bevor die Messe endet, stellen sich die vielen Menschen nochmals an, um sich den Segen für die kommende Woche zu holen. Dafür spritzt er mit einem großen Pinsel den Gläubigen über die Köpfe und ins Gesicht, bis das Weihwasser von den Wangen rinnt. Das goldene Kreuz wird von den Gesegneten geküsst, bevor sie sich vor fast jeder heiligen Ikone nochmals verbeugen und dann endlich verlassen sie die Kirche. Kein Wunder, dass so eine Messe sehr lange dauert.
Am Nachmittag treffen sich die Menschen am großen Platz. Süssigkeitenverkäufer und Vermieter von elektrischen Kinderautos sorgen für Rummel. Jedes Kind möchte in einem Mercedes G seine Runden drehen, die etwas Älteren unternehmen Mutproben auf den überdimensionierten Reiterskulpturen, manche üben sich im Schach, andere turnen auf den betonierten Trainingsgeräten vor der großen Moschee.
Jeden Tag bläst uns der Wind um die Ohren, heute ist es auch noch bewölkt, was eine Seltenheit ist. Jeden Tag blauester Himmel mit Sonnenschein. Am nächsten Morgen, als wir erwachen, streiten wir uns fast, wer aus dem Bett zum Kaffekochen sollte. Es ist kalt und wir frieren. 3°C zeigt das Thermometer, tagsüber werden es nur noch 10°C, anstatt den angenehmen 24°C, wie an den Tagen zuvor. Zwei Tage später haben wir schon Minusgrade und der Amigo tut sich beim Starten schwer. Die thailändischen Batterien sind wohl nur Tropentemperaturen gewohnt. Kasachstan hat noch nicht auf Winterdiesel umgestellt, etwas Benzin in den Dieseltank und alles geht leichter.
Nach einer Woche verlassen wir die Stadt und machen
uns auf den Weg zur russischen Grenze, knappe 300km liegen noch vor uns. Die
Landschaft schaut gleich aus, wie von Usbekistan nach Atyrau, etwas langweilig
und eintönig. Unser Navi zeigt an, dass wir erst in 280km links abbiegen
müssen, ansonsten immer gerade aus.
Kasachstan ist reich an Erdöl und Erdgas. Oft sieht man Verkehrsschilder
neben der Straße mit "Halteverbot die nächsten 200m wegen
einer Pipeline". Es gibt viele Erdölpumpen neben der Straße
und hin und wieder sieht man auch, wie das überflüssige Gas bei
der Erdölförderung abgefackelt wird. Wie aus dem Nichts tauchen
immer wieder 6x6 Kamaz mit aufgebauten Mannschaftskabinen aus der Steppe auf,
welche die Mitarbeiter von und zu den Bohrtürmen bringen. Die vorletzte
Nacht in Kasachstan verbringen wir sogar neben einem Helikopterlandeplatz.
Man kann ihn daran erkennen, weil der Platz sehr sauber und mit weißen
Steinen umrandet ist. Wahrscheinlich werden hier die "Erdölfunktionäre"
landen, wenn sie nach dem Rechten schauen.
Das Kaspische Meer ist an manchen Stellen nur 4km entfernt, aber weil das
Land so flach ist, hat man keine Chance einen Blick darauf zu werfen.
Wir wundern uns immer wieder von Neuem, dass sich ein Land, welches soviel
Erdöl/Erdgas besitzt, also nicht unbedingt zu den armen Ländern
zählt, keine besseren Straßen leisten kann. Wir hatten schon im
Osten große Teile mit übelsten Pisten und nun auch im Westen. Die
letzten 30km bis zur russischen Grenze wird es nochmals richtig schlimm. Leider
bekommen wir den Zustand der Straße auf den Fotos nicht annähernd
drauf. In manche Löcher könnte man locker einen Kleinwagen versenken.
Russland
Keine Stunde brauchen wir für beide Grenzen.
Der Beamte auf der russischen Seite spricht sogar Deutsch. In ganz Russland
kommen wir mit Deutsch viel weiter, als mit Englisch. Gleich nach der Grenze
wollen wir eine Autoversicherung abschließen. Das ist auch kein Problem,
denn Container stehen aufgereiht nebeneinander und in jedem ist eine Versicherungsgesellschaft
und will Versicherungen verkaufen. Jedoch will niemand Geld wechseln. Also
wie sollen wir dann eine Versicherung kaufen? Euros und Dollars akzeptieren
sie nicht. Zum Glück ist vor uns ein Fernfahrer, der auch gerade eine
Versicherung kauft und dieser ist so nett, uns die nötigen Dollars zu
wechseln. Obwohl wir nur 5 Tage Transit haben, müssen wir eine 14tägige
Versicherung (das ist das Minimum) für ca. € 30,- kaufen.
Wir wählen die kurze Strecke nach Astrachan, die erste große Stadt
und auch die Provinzhauptstadt von der gleichnamigen Provinz. Nur wenige Kilometer
später stehen wir vor einer Pontonbrücke, auf der nur Pkws zugelassen
sind. Die Leute winken uns nach nebenan, denn da können die Lkws und
Busse auf einem Ponton auf die andere Seite gezogen werden. Eine etwas rustikale
Fähre, die wir da mitten in Russlands Hinterland benutzen.
In Astrachan wollen wir uns den dortigen Kreml ansehen. Wir ziehen uns die dicken Jacken drüber, denn es hat nur ein paar Grad über Null und außerdem regnet es schon seit dem frühen Morgen. Doch wir lassen uns vom schlechten Wetter nicht abhalten und marschieren in das Stadtzentrum. Vorbei an alten Häusern, deren Fasaden renoviert wurden, über die Brücke von einem Fluss, der in die Wolga fließt und schon kurze Zeit später stehen wir vor der riesigen Festungsmauer. Durch ein mächtiges Tor gelangen wir in den Innenhof, indem sich zwei wunderschöne Kirchen befinden. Immer wieder ist die Mauer von Beobachtungstürmen unterbrochen, von wo sie früher Ausschau nach Feinden gehalten haben. Heute ist in einem der Türme ein Museum untergebracht. Hier war im Zarenreich der südlichste Außenposten Russlands.
Im Supermarkt kaufen wir noch ein, bevor wir die
Stadt verlassen. Die Brücke, die den mächtigen Wolga-Fluß
überquert, ist bestimmt mehr als einen Kilometer lang. Die Wolga mündet
ins Kaspische Meer und dieses Mündungsdelta anzusehen, wäre super,
doch leider haben wir keine Zeit... Es liegen
1.080km vor uns und dafür haben wir 5 Tage Zeit, also sehr viel trödeln
brauchen wir nicht.
Wir fahren durch die Provinz Kalmückien, die der Landschaft Kasachstans
sehr ähnelt, Ausnahmen sind die vielen Teiche neben der Straße.
Die Fahrt ist etwas eintönig. In Elista nehmen wir die Umfahrung und
glauben eine Fata Morgana zu erspähen. Ein buddhistisches Kloster in
einem Sekularstaat wie Russland? Leider kann uns drauf keiner eine Antwort
geben, denn niemand öffnet auf unser Klopfen.
Die Hauptstraße ist im perfekten Zustand.
Nur bei Kreuzungen, wo kleine Nebenstraßen weggehen, sieht man das diese
nicht mehr asphaltiert sind und durch den vielen Regen matschig sind. Auch
die Zufahrtsstraßen zu den Wohnhäusern sind eine einzige Gatschpiste.
Kein Wunder, dass die Russen am Land noch immer ihrem Lada Niva 4x4 treu bleiben.
Die beste Fußbekleidung sind Gummistiefeln und das tragen die Einheimischen
hier auch.
Der Unterschied zwischen Land und Stadt ist enorm. Während viele am Land
noch Selbstversorger sind und die Frauen das Klischee der bäuerlichen
Russin mit Kopftuch gerecht werden, trifft man in der Stadt die eleganten
Russinnen mit chicen Stiefeln, Pelzjacken, gestylten langen Haaren und hübsch
geschminkten Gesichtern. Dicke SUV´s lösen dann auch den Lada Niva
ab.
Die Landschaft wird nun etwas hügeliger, dennoch sieht man kilometerlange Felder und Äcker. Wolfi ist immer wieder begeistert von diesen Dimensionen, da hat ein Maisfeld gleich mal eine Fläche von etwa 5-6km². Auch die landwirtschaftlichen Geräte sind hier um ein vielfaches größer, als wie wir sie in Österreich kennen.
Wir parken in Pjatigorsk. Ein Kurort mit vielen
alten Villen, eleganten Spa-Hotels, schönen Spazierwegen durch die hügelige
Stadt und einer eleganten Einkaufsmeile. Es gibt verschiedene Aussichstpunkte
mit schönen Pavillons, die man über Steinstufen erreicht, die bereits
mit bunten Blättern geschmückt sind. Es herbstelt auch hier.
Beim Raufgehen zum letzten Aussichtspunkt werden wir von ein paar Einheimischen
herangewunken. Die zwei Andrés und die zwei Svetlanas stehen beieinander,
lachen und trinken Cognac. "Zuerst wollen wir den Hügel hoch,
dann kommen wir gerne vorbei!". Als wir beim Runtergehen sind, stehen
sie natürlich noch immer in der Kälte. Sofort wird ein Stamperl
mit Cognac für uns gefüllt. Dazu gibt es eine dicke Scheibe Salami
und ein kleines Stückerl Brot. Und das bei jeder Runde, denn 3 müssen
wir mindestens trinken, denn so sagt es der russische Brauch. Der Cognac wärmt
uns von innen raus ;-) und bald ist das schlechte Wetter gar nimmer sooo schlecht.
Abends geht der
Regen in Schnee über. Wir können es kaum fassen, so früh haben
wir eigentlich nicht mit dem Winter gerechnet. Hoffentlich ist es nur eine
Schlechtwetterfront, die bald wieder vorüberzieht.
Hinter unserem Parkplatz geht eine Seilbahn auf den Stadtberg hoch, von dem
man bei schönem Wetter einen Blick auf den höchsten Berg Europas
werfen kann. Wir schnappen uns den Apollo oder vielleicht auch umgekehrt und
marschieren los, denn es gibt auch Wanderwege bis zum Gipfel. Der Elbrus ist
zwar 5.642m hoch, doch leider bleibt uns sein Anblick verwehrt, denn je höher
wir kommen, desto schlechter wird die Sicht.
In der Provinz Karbadino Balkarien gibt es dann
verstärkt Polizei- und Militärkontrollen. Diesmal werden auch wir
angehalten, das erste Mal seit wir in Russland sind. Es werden nur kurz die
Papiere kontrolliert, dann sind wir wieder entlassen. Die Beamten sind zwar
mit Kalaschnikovs geschmückt, doch überaus freundlich und korrekt.
Keine Spur von der "haarsträubenden Korruptheit" von denen
einige Durchreisende berichten. Einmal mehr sind wir erstaunt, was anderen
Reisenden immer wieder so passiert.....Zum Glück sind wir bis jetzt mehr
oder weniger verschont geblieben von solchen Stories.
Um die Provinzhauptstadt Naltschik gibt es eine neu gemachte Umfahrung, die
an endlos langen, riesiggroßen Apfelplantagen entlangführt und
es werden immer noch neue Plantagen errichtet. Da werden sich die steirischen
Apfelbauern in Zukunft warm anziehen müssen, denn selbst nach dem EU-Embargo
könnte sich der Export nicht wirklich erholen...
In den kleinen Dörfern entlang der Straße beobachten wir, wie die
Bewohner improvisierte Verkaufsstände vor ihren Häusern aufbauen,
um Äpfel aus ihrem Garten zu verkaufen. Ganz eifrige Hausfrauen bieten
auch eingelegtes Gemüse, Kartoffeln oder Gänse an. Auf die, auf
der Motorhaube angebotenen Gänse, verzichten wir, sie sind viel zu groß.
Dafür halten wir bei einem Imker und erstehen einen Waldhonig, der ausgezeichnet
schmeckt.
In der Stadt Wladikawkas verbringen wir die letzte Nacht, bevor wir Russland verlassen. Wir sind auf der Suche nach Isoliermatten, um damit unsere Starterbatterien einzupacken. Auch unseren Entleerungshahn vom Fäkaltank wollen wir einpacken, damit dieser nicht gefriert, denn sonst wird es heiklig. Wir finden partout nicht das richtige Geschäft, wo wir das Zeug bekommen, doch neben unseren Nächtigungsplatz ist eine Baustelle. Wolfi quatscht mit den Arbeitern und prompt kommt einer von ihnen mit einer ganzen Rolle Isolierungungsmaterial angerannt. Wir freuen uns darüber und er freut sich über die Bier, die wir ihm in Gegenzug schenken.
Schon 5km bevor wir die Grenze erreichen, fängt
die Lkw-Kolonne an und wir fahren daran vorbei. Was ist denn hier los? Es
wird doch nicht der Jvari Pass in Georgien wegen Eis und Schnee gesperrt sein?
Na hoffentlich müssen wir nicht zurück und in der Lkw-Spur einreihen,
denn dann wäre großes Warten angesagt. Außerdem hätten
wir dann ein Problem, denn wir müssen heute ausreisen, das Transit Visum
ist zu Ende.
Mit schlechten Gewissen den Lkw-Fahrern gegenüber, rollen wir an ihnen
vorbei und hoffen, dass wir uns an der Grenze in die Pkw-Spur einreihen dürfen.
Die Brummilenker sind gut drauf und winken uns zu, deuten sogar "Weiter
zur Grenze". Dort treffen wir prompt auf einen Beamten, der uns nicht
abfertigen will, wir sollen tatsächlich retour und uns bei den Lastwagen
einreihen. Das wir kein Lkw sind, sondern ein "Sonder Kfz über 3,5t"(das
natürlich niemand lesen kann) und wir keine
Frachtpapiere haben, interessiert ihm nicht. Zum Glück kommt
ein anderer Beamter des Weges und übernimmt die Sache. Tschüss Russland,
war wieder wunderschön, wir kommen wieder!!
GEORGIEN
Wir stehen auf der modernen georgischen Grenze,
seit langen mussten wir kein Visum im Vorfeld organisieren. Bei der Passkontrolle
bekommen wir einen Stempel in den Pass, der uns erlaubt die nächsten
365 Tage im Land zu verweilen und das ohne etwas zu bezahlen - fängt
ja schon richtig gut an.
100m nach der Grenze thront schon das erste fotogene Kloster.
Das Tal, durch welches der Fluss Terek fließt, ist sehr eng. Man sieht
noch immer die Reste des Hochwassers, welches Ende Juni 2016 die Strecke tagelang
blockiert hat. Teile der Straße wurden weggerissen und es dauerte einige
Tage bis der Fluss wieder in seinem ursprünglichen Flussbett war. Noch
immer ist die Straße mehr oder weniger eine Baustelle.
Als das Tal etwas weiter wird, hat auch der Fluss wieder mehr Platz und die
Hauptverbindung Georgiens nach Norden ist wieder intakt, kaum zu glauben,
dass all die vielen Sattelzüge über diese Baustelle rollen müssen.
Wenige Kilomter später erreichen wir Kazbegi. Wir parken am Dorfrand
und marschieren ins Zentrum, um Geld zu wechseln. Die Währung in Georgien
ist der Lari und der Kurs, den wir hier bekommen ist "lari-fari"
- wie immer direkt nach der Grenze, sehr schlecht.
Es hat die letzten Tage geschneit, es ist
bitterkalt und wir wollen zur Sameba Kirche hochmarschieren, welche auf 2.200m
liegt und eines der Wahrzeichen Georgiens ist. Es geht die Dorfstraße
durch Gergeti hoch, auf der uns Kühe und Schafe begegnen. Wir erspähen
die dick und fett gemästeten Schweine hinter den Zäunen. Fast ein
jedes Haus hat einen riesengroßen Hund an der Kette, sie schauen den
türkischen Kangals ähnlich und sollen die Bewohner und deren Vieh
nachts vor Wölfen und Bären warnen.
Am Ende des Dorfes geht ein schmaler Pfad steil durch den Wald hoch. Wir können
ihn kaum erkennen, da Schnee darüberliegt. Es ist rutschig und wir sind
froh, als wir die Abkürzung hinter uns haben und die Straße erreichen.
Von hier aus bleiben wir nun auf diesem Weg, der zwar erheblich weiter, doch
bei weitem nicht so steil und rutschig ist.
Die Sameba Kirche thront auf einem Hügel am Rande eines Plateaus hoch
über Kazbegi. Sie stammt aus dem 14.Jhd. und ist eines der meist fotografiertesten
Objekte Georgiens. Wir haben einen wunderbaren Blick auf die beiden Ansiedlungen
unter uns, aber der vielgerühmte Ausblick auf den über 5.000m hohen
Mount Kazbek und seinem Gletscher bleibt uns verwehrt, schade...
Abends hören wir dann die ersten Lkw-Züge
auf der Straße Richtung Tiflis rollen. Ein gutes Zeichen, dass sich
die Lage am Pass gebessert hat.
Am nächsten Morgen, kurz bevor wir den Jvari Pass erreichen, sehen wir
wieder eine ewig lange Lkw-Kolonne. Hier ist endgültig Stopp für
die Brummis, denn es gibt nun Blockabfertigung. Wir kommen noch durch die
Sperre und haben kurz darauf die Lkw Karawane erreicht, die sich den Berg
hinauf kämpft. Die Passstraße ist 2spurig und es stehen einige
Lkw auf oder neben der Fahrbahn, die eine Panne haben. So macht es auch Sinn,
dass immer nur eine gewisse Anzahl von Schwerkraftfahrzeugen die steile Straße
zum Pass befahren darf. Noch dazu ist die Straße nur halbherzig geräumt,
doch wie es scheint stört es keinen. Man stelle sich sowas in Österreich
vor, dass eine Hauptverbindung wegen 15cm Schnee mehrere Tage geschlossen
wird - undenkbar!!! Hier im Kaukasus ticken die Uhren noch ein wenig langsamer
und die Brummifahrer nehmen es gelassen, wahrscheinlich auch die Unternehmer,
denn was würde es bringen sich aufzuregen??
Die Hirten neben der Straße bauen gerade ihre Zelte ab und die Tiere
warten auf den Abtransport. Der Sommer ist definitiv vorüber, Zeit um
das Winterquartier im Dorf aufzusuchen. Der Pass selbst auf 2.379m ist unspektaktulär.
Bergab geht es durch den Winterskiort Gudauri. Überall wir fleißig
gearbeitet, bevor die Saison los geht. Auch sie sind vom ersten Schnee überrascht
worden. Es gibt verschiedene Liftanlagen (vom Österreicher Doppelmayr),
welche die Skifahrer bis auf eine Höhe von 3.270m bringen. Der Ort hat
einige nette Hotels, es gibt Skiverleihgeschäfte und große Sonnenterrassen,
also sollte ja auch ab und zu die Sonnne scheinen, nur eben nicht jetzt :-(
Je tiefer wir kommen, destso höher werden
wieder die Temperaturen. Es pendelt sich um die 8°C ein, was für
uns ja schon ein Fortschritt ist. Wir sehen wieder Wiesen und bunte Blätter
leuchten uns von den herbstlichen Wäldern entgegen. Auch hier treffen
wir wieder wartende Lastwagen, diesmal eine 6km Kolonne, die auf das Weiterfahren
Richtung Russland wartet.
In Ananuri parken wir uns am Zhinvali Staudamm ein und besichtigen das aus
dem 13Jhd. stammende Fort, in das zwei Kirchen gebaut wurden. Es ist gerade
eine deutsche Reisegruppe auf Besichtigungstour im Kircheninneren und so lauschen
wir der interessanten Erklärung über seltene Abbildungen der Hölle
auf den Fresken in Kirchen.
Neben der Straße werden Granatäpfel,
Khaki, Weintrauben, Äpfel, Birnen, Mandarinen, Orangen, Haselnüsse,
Walnüsse und Kastanien verkauft. Kurz vor Tiflis sehen wir das erste
Einkaufszentrum mit einem großen Supermarkt darin. Hier fallen uns fast
die Augen aus den Köpfen, als wir die Riesenauswahl sichten und das Service
erleben. An der Weinabteilung stehen 3 Damen, die die Kunden bei den vielen
verschiedenen Weinen beraten, auf englisch natürlich!! Käsetheke
vom Feinsten, ebenso die Feinkostabteilung. Der Hammer ist aber die Bäckerei,
wo es unter anderem einen Brotofen gibt, wo im Minutentakt frischestes Fladenbrot
herauskommt. Daneben auch noch eine Konditorei. Fotos haben wir keine gemacht,
denn wir wollten ja nicht wie die letzten Hinterwäldler aussehen, aber
wir glauben, dass es uns trotzdem alle an unserem offenen Mündern angesehen
haben.
Am Abend gibt es geröstete Maroni und den ersten georgischen Rotwein
- hmmm ganz schön lecker!!! Georgien
gefällt uns sehr gut, dennoch entschließen wir uns, vorerst nur
Transit durch das Land zu fahren. Es ist bereits Mitte Oktober und der Winter
kommt in großen Schritten. Wir wollen uns auch noch das Nachbarland
Armenien ansehen und da es ein Gebirgsland ist, hätten wir es gerne noch
vor dem Winter gesehen. Es sind nur noch knappe 80km bis zur Grenze und so
reisen wir schon am nächsten Tag nach Armenien ein.