Liberia

12.07. - 24.07.2019

Einreiseort: Bo Waterside
Ausreiseort:
Kpantiaplay
Währung: 1US$ = 200,-Liberia Dollar
Dieselpreis: 1L = 200,- LD

 

"Welcome in Liberia" in amerikanischen Slang werden wir willkommen geheißen. Eine etwas korpulente Beamtin bringt uns zur Einreisestelle, weiter zum Zoll, zur Gesundheitsbehörde (Gelbfieberimpfung ist ein Muss!) und zum Versicherungsschalter. Die "Carte brune", das ist die Kfz-Versicherung, haben wir schon im Mali abgeschlossen. Alle westafrikanischen Länder sind Mitgliedsstaaten, inklusive Liberia. Die Polizze wird überprüft und nicht mehr retour gegeben. 10,-USD im Austausch zur Carte brune - was für eine Unverschämtheit! Die Fage nach dem Chef der Grenze ist umsonst, denn alle spielen zusammen. Dieses Zusatzeinkommen wird wahrscheinlich auf alle aufgeteilt. Auf der Quittung lesen wir: Handling fee. Für was? Für die Erpressung? Wir beschließen, dass wir die Versicherungspolizze zukünftig nicht mehr aus der Hand geben werden.
Bei solch einer Frechheit lacht sogar die Sonne vom Himmel, die grauen Regenwolken haben sich verzogen. Eine gute Investition für die 10 Dollar extra Eintritt... Auf gutem Asphalt fahren wir gen Osten, um dann scharf nach rechts wieder in den Westen abzubiegen. Es soll nach Robertsport gehen, aber da es schon später Nachmittag ist, stellen wir uns irgendwo neben die Straße und richten uns für die erste Nacht in Liberia ein.


Ein paar Stunden später bekommen wir Besuch vom Chief. Die Bewohner seiner Ortschaft wissen nichts mit uns anzufangen, so will sich der Dorfhäuptling selbst ein Bild von den Weißen machen. Wir werden als vertrauenswürdig erachtet und dürfen heute Nacht bleiben. Das Dorf ist uns beim Einparken gar nicht aufgefallen, da es 700m entfernt ist, ansonsten hätten wir natürlich um Erlaubnis gefragt, da wir nun wissen, dass das hier so Brauch ist.

Liberia wurde von den Amerikanern gekauft und von ehemaligen amerikanischen Sklaven aufgebaut. 1862 wurde das Land als eines der ersten afrikanischen Länder unabhängig. Es ist jedoch noch immer eng an Amerika gekoppelt. Nicht nur das amerikanische Englisch, der westliche Lebensstil, sondern auch größere Beträge werden in US Dollar gehandelt, an der Tankstelle kann man nur Gallonen kaufen, angeschrieben in USD und sogar die Landesflagge sieht ähnlich aus, nur sind anstatt 51 Sterne nur einer drauf.

Die Piste nach Robertsport ist gut. Der Regen wird immer intensiver. Das Ufer vom Piso See, das nur wenige Meter von der Straße entfernt ist, können wir nicht sehen - es ist Grau in Grau. Dafür aber jede Menge Wasser neben der Straße, alles ist überschwemmt und die Piste ragt nur wenige Zentimeter über den Wasserspiegel.
Das Leben der Einheimischen läuft normal weiter. Wäsche waschen im Freien, da braucht man nicht so oft Wasser holen, denn bei diesem heftigen Regen sind die Schüsseln immer gut gefüllt;-) Ob die Wäsche trocken wird, ist eine andere Frage. Palmenblätter als behelfsmäßiges Dach für die Kochstelle. Das nasse Holz fürs Kochen, welches von den Kindern herbeigeschleppt wird, wird wahrscheinlich einige Zeit brauchen, bis es brennt oder zumindest gut raucht. Vorratswirtschaft (im Vorfeld schon genug Holz für die Regensaison zu sammeln) - ein Fremdwort? Es wird wahrscheinlich nur an Heute gedacht. Vor den Häusern sind große Pfützen, auf der steilen Passage der Straße laufen Sturzbäche runter. Auf den Wiesen haben sich Seen gebildet.


Wir haben von der Hippo-Lodge gehört und da wollen wir nun hin. Zuerst geht es durch die Ortschaft, die Kabel hängen sehr tief und es schüttet wie aus Eimern. Unser "Kabelabweiser" funktioniert und lässt uns ohne nass zu werden die Passagen meistern. Die Piste zur Lodge ist heute ziemlich eng. Durch den Dauerregen hängen die Äste tief herein und lassen die Spur kaum erkennen. Ob wir hier richtig sind, denn eine Piste ist im Navi nicht eingezeichnet?? Noch einmal einen steilen Anstieg überwinden und wieder runter, dann liegt die Bucht vor uns. Ein tolles Resort mit coolen Bungalows, westlichem Sanitärblock, einem Swimmingpool mit Wasserfall, ein Restaurant und Bar mit Meerblick. Nur leider hat in der Regensaison alles geschlossen, jedoch dürfen wir bei noch immer strömenden Regen einparken. Wir sind die einzigen Gäste.

Jeden Tag werden Unmengen von Algen an den Strand gespült. "Seit 3 Tagen hat es Nonstopp geregnet", erzählt uns Maurice, einer der "caretaker" vom Resort. Wir haben Glück und das Wetter wird in den kommenden Tagen besser.
Die Jungs erzählen uns auch von einem Schiffswrack, das nur wenige Kilometer den Strand runter, zu finden ist. Auf den Weg dorthin sehen wir den Wellenreitern zu. Eine Gruppe kommt sogar aus Sierra Leone, der "Bureh beach Surf Club". Sie trainieren in Robertsport, weil derzeit hier die besseren Bedingungen anzufinden sind. Die Nachwuchstalente aus Robertsport sind richtig gut und tummeln sich stundenlang im Wasser, immer auf der Suche nach der perfekten Welle!
Nach einer schönen Wanderung sehen wir dann hinter den Felsen den orangen Tanker. Das Klettern auf den Felsen, knapp über den heranbrausenden Wellen ist nicht ohne, aber unsere Flipflops meistern das ohne Probleme.
Um das Schiff ranken sich viele Mythen, angeblich ist er in einem Sturm auf Grund gelaufen, das Rettungsboot fehlt und von der Besatzung wurde nie jemand gefunden. Sehr verdächtig?!? Hoch versichern und tief auflaufen??? Ein Schelm, wer da Böses denkt. :-) Wir werden neugierig!! Nach Recherchen im Internet strandete der Tanker am 3. Mai 2016 in der Nähe von Robertsport, mitte Mai besuchte einer der Eigentümer in Begleitung von 2 Besatzungsmitgliedern den Schauplatz. Ein Feuer hatte das Schiff unsteuerbar gemacht und die Besatzung zur Aufgabe gezwungen. Diese rettete sich in einem Rettungsboot und wurde von einem Fischtrawler an Bord genommen.

Es gibt noch ein weiteres recht nett wirkendes Resort den Strand entlang Richtung Stadt. Einige Hotelkomplexe sind verlassen und zugewachsen. Angeblich soll es in den 80er Jahren schon einiges an Tourismus im Land gegeben haben. Doch der Bürgerkrieg hat alles vernichtet.


Auch im Dorf sieht es irgendwie depremierend aus. Viele leerstehende Häuserruinen und die Wohnstätten der Einheimischen sind zusammengestückelt aus Wellblech, Holz und alles was so zu finden ist. Der Bürgerkrieg ist doch nun schon einige Jahre vorbei?

Am Markt wollen wir uns eine SIM Karte kaufen, doch die bekommt man nur in Monrovia, der Hauptstadt. Auch der Markt bietet nicht viel an Ware, aber wir haben Glück und können wenigstens frischen Barrakuda und Barsch kaufen, Gemüse - Fehlanzeige. Die Fischer fahren jeden Tag, auch bei hohen Wellengang, mit ihren Einbäumen raus aufs Meer. Manche haben einen Segel, um leichter nach Hause zu kommen, andere müssen das mit Rudern wettmachen. Kein einziges der Boote hat einen Motor, sowas haben wir bisher noch nie gesehen!! Geld fehlt an allen Ecken und Enden.

Auf einer unseren Dschungeltouren stoßen wir immer wieder auf Menschen, die auf der Suche nach Holz sind. Nicht die dicken Stämme, sondern jene, die sie mit der Machete gerade noch umhacken können, tragen sie am Kopf nach Hause. Gas für die Feuerstelle gibt es nicht und würde auch Geld kosten, das Holz kommt kostenlos aus dem Dschungel und dieser wuchert bis direkt an den Strand heran. Der Dschungel gibt zum Überleben vieles her - man muss nur wissen, wie man es holen und finden kann. Neben uns ein 30cm hoher Zaun, hier sind Fallen aufgestellt. Buschratten, Stachelschweine und anderes Kleintier. Wenn die Tiere bei den Zaunöffnungen durchhuschen, erwartet sie eine Drahtschlinge, die sich um ihren Hals zieht. Mit der Steinschleuder werden Vögel gejagt - der Bauch muss schließlich irgendwie gefüllt werden.

Nach nur wenigen Tagen verlassen wir den bekanntesten Touristenort Liberias. Beim Verlassen des Dorfes hat eine der Wasserstellen gerade geöffnet. Also füllen wir unseren Tank auf, 20l kosten 10,- LD. Durch diese Wasserstellen ist gesichert, dass die Bevölkerung zu sauberem Trinkwasser kommt.

Wir befinden uns auf dem Dakar-Lagos-Highway. Entlang der Hauptstraße wurde der ganze Dschungel abgeholzt und Palmölplantagen errichtet. Während das Palmöl exportiert wird, wird das rote Palmkernöl am Markt verkauft. Auch wir finden Gefallen daran und nehmen das recht geschmacksintensive Öl für Eintöpfe und zum Fritieren her.
Wenn mal keine Plantage ist, fahren wir einer grünen Mauer aus Bäumen und Buschen entlang , alles ist überwuchert. In der Regenzeit kann man zuschauen, wie schnell die Ranken an nur einem Tag wachsen. Entlang der Straße stehen unzählige Säcke, voll bepackt mit Holzkohle, welche die lokale Bevölkerung produziert,

An einem Checkpost von der MOT steht ein Mann in einer flammenbestickten Uniform und will unbedingt unseren Feuerlöscher sehen. Verena steigt zurück in den Wohnraum, um diesen zu holen. "Acha, da fehlt ja was", meint er und will uns den fehlenden "Sicherheitssticker" verkaufen. Das ist ein Feuerlöscher aus Europa - also sicher geprüft. 5,-USD will er von uns haben und wir kommen ihm nicht mal aus, da die Straße vollkommen verstopft ist. Wolfi wird es zu blöd, steigt aus, stellt sich ihm gegenüber, die Nasen berühren sich fast und faucht ihn an, dass er gefälligst verschwinden soll. Der Mann schaut ganz groß, dreht sich tatsächlich um und geht. Na, geht ja wohl... ;-)

 

Kurz vor der Hauptstadt Monrovia wird der Verkehr zur Katastrophe. Der Asphalt ist sehr schlecht, riesige Löcher, die mit Regenwasser gefüllt sind. Man weiß nie, wie tief das Loch ist. Für unsere Reifen, ist es ja nicht so schlimm, doch die Tuktuk Fahrer versinken da leicht mal zu tief. Ganz gemein, sind die Kananlöffnungen, an denen die Deckel fehlen. Stoßstange an Stoßstange schieben wir uns im Zentimetertakt vorwärts. Marktstände, fliegende Verkäufer, Tuktuks und dazwischen ein heillos überforderter Polizist, der den Verkehr mehr hindert als regelt. Links und rechts neben der Straße liegt der Müll und das Wasser steht mehr als knöcheltief im Dreck .



Vorbei an der großen Hafenanlage und über die Brücke geht es in die "Neustadt" mit großen Straßen und Boulevards. Das Gebäude, in dem die UNO untergebracht war, schaut verlassen aus - wir hören, dass sie abgezogen sind. Seit Ende des Bürgerkrieges 2002 waren sie hier stationiert. Ein neues Renault Autohaus, einige libanesische Supermärkte, Botschaftsgebäude und unzählige Kirchen sehen wir. Wir sind unterwegs zur Botschaft der Cote d`Ivoire, geben unsere Anträge ab und dürfen sie nächste Woche am Montag wieder abholen.

Wo sollen wir nun die nächsten 4 Tage parken? Vor uns eine lutherianische Kirche mit einem Parkplatz davor. Wir fragen mal. Der Pastor ist sogar anwesend und meint: "Sicher könnt ihr hier parken, jedoch habe ich heute ein Begräbnis, morgen eine Hochzeit und am Sonntag Gottesdienst." Während dieser Zeit braucht er den Parkplatz für die Besucher, doch dazwischen sei es mit dem Parken ok. Sehr nett, doch das Hin- und Herparken ist uns ein bißchen zu aufwendig.
Wir bekommen eine Führung in der Kirche, in den hohen Fenstern sind noch immer Einschusslöcher zu sehen. Leider wurde dieser heilige Ort im Jahre 1996 sechshundert Menschen, vorwiegend Alte und Frauen mit Kindern, zum Verhängnis. Die Rebellen haben einfach in die Menge geschossen und mit Macheten weitergewütet. Tief betroffen verlassen wir den Schauplatz.
Isaac, der Pastor, hat eine andere Idee und klettert in unseren Lkw. "Wir fahren zum Hauptgebäude der lutherianischen Kirche, im Innenhof wäre Platz genug, wenn die Verantwortlichen es gut heißen", meint er. Diese sind gerade in einer Konferenz, nach dem Mittagessen bekommen wir das Ok. Das freut uns.

Hier im Kirchenzentrum, sowie in allen öffentlichen Gebäuden, Hotels, Supermärkte und Privathäuser, die es sich leisten können, übernimmt der hauseigene Generator die Stromversorgung. Die Strom- und Wasserversorgung wurde im Bürgerkrieg komplett zerstört und bisher nur unzureichend in Stand gesetzt.
Es ist Vormittag, es regnet wieder mal - kein Wunder - sind wir doch in der regenreichsten Hauptstadt Westafrikas mit über 5m Regen innerhalb von wenigen Monaten. Es ist unglaublich, welche Massen vom Himmel kommen. Es fühlt sich an, als ob man in einer Waschstraße parken würde, ein Lärmpegel, dass uns sogar das Schlafen schwer fällt.

Den regenfreien Vormittag nutzen wir zum Wäsche waschen und hoffen, dass sie bei der hohen Luftfeuchtigkeit noch am gleichen Tag trocken wird. Eine graue Regenwolke ist in Anmarsch, schnell die Wäsche runter, eine halbe Stunde später wieder aufhängen. Bis die nächste Regenwolke heranzieht, dann beginnt das Spiel von vorne. Am Abend ist sie dennoch trocken.


Beim Orange Shop wollen wir uns eine SIM Karte kaufen, für dieses Vorhaben brauchen wir jedoch unseren Reisepass und der liegt gut in der Botschaft. "No, a copie is not enough, for registration I need your passport!" Wahrscheinlich haben wir ein so trauriges Gesicht gemacht, denn die Orange Verkäuferin schenkt uns ihre eigene SIM Karte. Jetzt brauchen wir nur noch Datenguthaben aufladen und wir können wieder Kontakt mit Familie und Freunden aufnehmen.

Alle sind im westlichen Kleiderstil unterwegs, ob Jeans, kurze Hosen, Kleider oder Miniröcke... nur die wenigsten tragen Wickelröcke, die ansonsten in Westafrika so beliebt sind. Auch Haarperücken sind ganz hipp, denn die moderne Frau möchte glatte Haare haben und das ist mit den Naturkrausen nicht möglich. Liberia hat sich generell sehr am Westen orientiert, lange schon bevor der Bürgerkrieg ausgebrochen ist, was damals bei den Nachbarländern nicht so große Freude hervorrief, denn diese waren oft dem kommunistischem Osten zugewandt.

Die Preise für ein Hotelzimmer und Restaurant sind europäisch. Neben uns liegt ein kleines unscheinbares Haus, welches Gästezimmer um 70,- USD vermietet. Eine Pizza mit Bier kostet im Restaurant 15,- USD aufwärts. Die Einheimischen können sich das nie und nimmer leisten. Also welche Gäste sind bereit, solche Summen zu bezahlen? Touristen gibt es hier nicht, vereinzelt Geschäftsleute.
Uns wird erzählt, dass dies leider den diversen NGOs und der UN zuzuschreiben ist, welche die Preise in der Stadt über Jahre versaut haben. Der Westen spendet bereitwillig Geld für diverse Organisationen, welche in Liberia tätig sind. Diese Organisationen haben jede Menge Mitarbeiter, für die sie dann Büroräume und Unterkünfte brauchen, neue Geländewägen runden die ganze Sache ab. Die Mitarbeiter, die natürlich zurecht gutes Geld verdienen und für einige Zeit im Land arbeiten, geben bereitwillig Geld für diverse Annehmlichkeiten aus. So kommen diese Preise zustande.
Man ist schon gespannt wie die Sache sich nun weiterentwickeln wird, die UN ist bereits abgezogen und auch die NGOs werden weniger, eine große Einnahmequelle bricht weg.

Am Sonntag wollen wir ins Zentrum von Monrovia marschieren. Von überall her ertönt Live-Musik, die Menschen sind adrett gekleidet, das schönste Kleid und High Heels, die Männer in Anzug und Krawatte. Die kleinen Mädels sehen aus wie Prinzessinnen - sie wollen bestimmt in eine der vielen Kirchen. Aha, das sind Kirchengebäude, aus denen die Musik ertönt. Ganz normale Häuser oder Lagerhallen, manchesmal im 2.Stock eines Wohngebäudes - bei genauerer Betrachtung sieht man nur das Schild, das auf ein Gotteshaus hinweist. Auch daran orientieren sich die Liberianer an Amerika. Wir lesen methodistische, protestantische, katholische, lutherianische Kirchen, auch die Zeugen Jahovas sind vertreten und alle sind zum Bersten voll.

Die Straßen im Zentrum sind leer, die Geschäfte haben geschlossen. Die Fassaden vieler Gebäude sind mit schwarzem Schimmel und grüner Moosschicht überzogen, dass vom heißschwülen Klima rührt, was der Stadt in einem morbiden, leicht depressiven Touch erscheinen lässt. Viele Kinder laufen in zerrissenen Kleidern umher, die Jungs spielen auf der Straße Fussball, die Mama macht auf dem halbmorschen Hocker ein Mittagsschläfchen, dazwischen wuseln die Sporthühner (weil sie so mager sind) und verfilzten Hunde umher.


Wir laufen den Ducor Hügel hoch und wollen uns das ehemals vornehmste Hotel Westafrikas ansehen. In bester Lage thront das Ducor Intercontinental Hotel, welches in den 70er Jahren ihre Pforten geöffnet hatte. Es wurde aber 1989 aufgrund des Bürgerkrieges geschlossen, infolgedessen mehrmals geplündert und in Brand gesteckt. Heute ist es nur noch eine Ruine, dennoch eingezäunt und bewacht..
Die Geschütze nebenan auf einem Plateau rosten vor sich hin, der Ort wo früher die ehemalige Luftabwehr stationiert war, ist heute eine öffentliche Toilette. Die Jungs, die uns den Weg durch ihre Slums zeigen, meinen noch: "Don`t breath - shit everywhere!" Auch der schöne Ausblick aufs Meer lässt uns nicht länger verweilen.


Die Steinstufen hoch und wir erblicken das Monument von J.J.Roberts, dem ersten liberianischen Präsidenten. "J.J. Roberts junior" kommt herbeigeeilt, an seinen Fingern klebt noch weiße Farbe, er pinselt gerade seine Hauswand neu. Den Namen haben ihm die Bewohner von Monrovia gegeben, denn er hält hier rund ums Denkmal alles sauber. Doch für uns Touristen macht er eine Pause und erklärt die Tafel, auf der die Geschichte Liberias festgehalten ist. Seine letzten Worte sind: Unsere Säulen des Landes sind - Aufbau, Landwirtschaft, Handel und Bildung. Leider ist ihnen das noch nicht so recht gelungen, denn Monrovia darf taurigerweise den Titel als "kaputteste Hauptstadt weltweit" tragen.
Einige Jugendliche verschönern uns die Zeit, immer wieder nehmen sie einen Schluck Palmwein aus ihrer Plastikflasche. "Today ist sunday", rechtfertigen sie sich. Mittlerweile sind auch die Nachbarkinder angelaufen gekommen und erfreuen sich über das eigenartige europäische Haar. Die netten Mädels wollen gar nicht mehr von Verenas Seite weichen. Nach einiger Zeit beginnen wir uns gegenseitig Lieder vorzusingen und zu tanzen, bei denen Verena mitmachen muss. Beim Verlassen des Platzes bedanken sich zwei ältere Herren bei Verena für die nette Tanzvorführung ;-)

Wir wollen zum Strand, aber dort qualmt es schwarz, der Müll wird verbrennt. Okay, der Gang zum Meer hat sich erübrigt. Beim Bäcker kaufen wir noch Kokoskekse und Dattelgebäck, bevor wir von einem Tuktuk nach Hause gebracht werden. Am Nachmittag kommt Isaak mit seiner Frau auf "Bier und Kuchen". Er hat uns verraten, dass er sehr gerne Bier trinkt und so nutzen wir die Gelegenheit, um ihm für das Parken hier zu danken.

Es ist Montag - es regnet wieder mal - zuerst füllen wir unseren Wassertank voll und dann fahren wir patschnass zur ivorischen Botschaft, um unsere Pässe in Empfang zu nehmen.

Die Ausfahrt aus der Stadt ist noch schlimmer, als beim Reinfahren. Für 500m brauchen wir mehr als eine Stunde. Verkäuferinnen mit Plastikhäubchen und einem Plastiksacküberhang trotzen dem Regen. Bei heiklen Waren, wie Bekleidung oder Matratzen werden schnell Plastikplanen über die Verkaufsstände geworfen. Bei den anderen Sachen, ist es nicht so schlimm, wenn es nass wird. Das angebotene Gemüse und Obst liegt auf Planen am Boden ausgebreitet - es ist nahezu am Wegschwimmen. Die angehäuften Müllberge können dem Regen nicht mehr trotzen und so schwimmt der Unrat mit dem Regenfluss durch die Verkaufsstände. Ein unglaubliches Chaos - und das monatelang! Regen - Fluch und Segen zugleich.
Der meiste Asphalt ist kaputt und die Straße ist meistens kaum mehr breit genug für 2 Autos. Die Verkäufer sitzen auch lieber im Trockenen und nicht im Gatsch, also bauen sie ihre Stände auf der Straße auf. Somit ist kaum ein Durchkommen, funktioniert aber trotzdem irgendwie. Was aussieht wie eine Einbahn ist eine 2spurige Hauptstraße, die aus Monrovia in die Provinz führt. Vom Asphalt geht es 20-30cm tiefer auf die Parkplätze nebenan und für so manchen Autofahrer wird das zum Verhängnis, weil das Auto aufsitzt. Doch es findet sich dann schnell ein Parkwächter, welcher das Steuer übernimmt und den Pkw "ohne Rücksicht auf Verluste" aus der misslichen Lage befreit. Großes Kino vor unserer Windschutzscheibe!!

Sehr oft werden wir mit dem Begriff "unterernährten Menschen" konfrontiert, wenn wir Berichte von Westafrika lesen. Ja, Liberia ist arm und zählt zu einen der ärmsten Ländern der Welt. Das Pro-Kopf Einkommen beträgt ca 60,- USD/ Monat. Wir verstehen das nicht, denn sehr viele Menschen sind übergewichtig, um nicht zu sagen dick. Wir beobachten das nicht nur in der Stadt, sondern auch am Land. Statt Unterernährung würden wir das eher als "Mangelernährung" bezeichnen. Viele Kohlenhydrate, Fett und Zucker - wenig Vitamine und Mineralstoffe. Das meiste Essen wird fritiert, egal ob Fisch, Kuchen und Gebäck oder das wenige Gemüse. Es wird sehr einseitig und immer das gleiche gegessen.

In Liberia hat ein unglaublich schlimmer Bürgerkrieg von 1989 bis 2003 getobt. Viele Rebellengruppen unter der Führung von sogenannten Warlords haben sich gegenseitig und auch die Bevölkerung niedergemetzelt. Vor dem Krieg ist das Land wirtschaftlich gar nicht schlecht dagestanden, eine gute Infrastruktur, etwas Tourismus... 2006 wurde die hochmotivierte Ellen Johnson Sirleaf Staatspräsidentin von Liberia, die erste Präsidentin Afrikas!
Doch wo sollte man ansetzen, wenn das Land komplett zerstört ist? 250.000 Tote, 800.000 Vertriebene, die in der Hauptstadt Zuflucht gesucht haben, deren Dörfer komplett zerstört wurden, Strom- und Wasserversorgung sind nicht mehr vorhanden, Straßen und Brücken zerstört, Korruption und Armut, 95% Arbeitslosigkeit, der Gesundheitssektor am Boden. Dazu kommen 200.000 traumatisierte Kindersoldaten, 2/3 der Frauen wurden vergewaltigt, viele Kriegsverletzte...... wie fängt man da an ein Land zu regieren?
Der fragile Frieden konnte gefestigt werden. Viele Menschen, mit denen wir gesprochen haben, haben von der Gewalt genug und wollen keinen Krieg mehr. Straßen und Brücken wurden wieder aufgebaut, Schulen errichtet, in den Dörfern wurde eine gewisse Infrastruktur geschaffen, sodass die Menschen wieder zurückkehren konnten. Einige Menschen haben sich sogar bei uns entschuldigt, dass ihre Stadt noch immer in so einem desolaten Zustand ist.....
Frau Sirleaf ist es auch gelungen, einige Investoren ins Land zu holen, um neue Geschäfte, Hotels und eine kleine Industrie zu errichten. Vieles lief also bereits in die richtige Richtung, bis dann 2011 die Ebolaepidemie ausbrach, die bis 2013 anhielt. Viele der Investoren sind abgezogen und man muss bei vielen wieder neu beginnen.
Wir fühlen uns unter den Liberianern sehr wohl, spüren ihre Lebensfreude und ihre Positivität, was bei all den Erlebten ja nicht selbstverständlich ist.

Auf den Straßen ist nicht viel los, kaum private Autos, wenige Lkws, nur Mopeds. Wir haben das schöne Asphaltband fast für uns alleine. Zum Glück, denn die besten Autofahrer sind sie nicht. "So schöne Einmachgläser, ist das Honig?" fragt Verena. Hahaha, nein, das ist Benzin! Wieviele Gläser würden wir wohl für den Amigo brauchen? Im Landesinneren gibt es nur "Einmachgläsertankstellen".


Wir biegen in eine Seitenstraße ab und landen bei den Steinklopfern. Heute ist es schon zu spät, wir sind müde und die Arbeiter verabschieden sich mit einem "see you tomorrow". Es ist 9.00 Uhr, wir sitzen beim Frühstück, als wir jemanden rufen hören, "this is Africa, we don`t sleep that long". Beide fangen wir zu lachen an und es dauert nicht lange, bis Wolfi den Weg zu den Arbeitern findet. Sie warten schon gespannt auf ihn, denn sie haben unzählige Fragen. Während sie im Sitzen auf ihre Steine klopfen, muss Wolfi eine Frage nach der anderen beantworten. Wie ist es in Europa, die Lebensweise, habt ihr auch solche Art von Arbeit und wie kommen sie am besten dorthin?
Jetzt in der Regenzeit ist nur wenig Geschäft, doch in der Trockenzeit ist die Nachfrage nach Schotter größer. Für einen Sack Schotter bekommt die Community 40,-LD.

Während Wolfi mit den Arbeitern redet, wird Verena von den Kinderarbeitern umringt. Eltern gibt es keine mehr, er lebt mit seinem Bruder beim Onkel, erzählt Rokko. Als die Palmweinverkäuferin vorbei geht, meint er: "Die Arbeiter da oben trinken diesen Palmwein, weil sie nicht in die Kirche gehen. Jene Christen, die am Sonntag brav die Messe besuchen, bekommen vom Pfarrer erzählt, dass Palmwein und Zigaretten nicht gut sind." Deswegen trinkt er den Alkohol nicht. Rokko ist gerade mal 9 Jahre alt.

Es geht vorbei an Reisfelder, Maisäcker, Kassavapflanzen, Bambus sowie an großen Palm- und Kautschukplantagen. An der eingeritzen Baumrinde hängt ein kleines Schüsserl, in das der wertvolle Kautschuk aufgefangen wird. Die amerikanische Firma Firestone hat schon Anfang des letzten Jahrhunderts riesige Plantagen setzen lassen und auf 99 Jahre gepachtet.

Neben der Straße wird mit den Macheten das Grün gekürzt, über hunderte Kilometer weit!!! Wir wundern uns über solche Gründlichkeit, sehen wir es doch das erste Mal in Westafrika, dass die Böschungen und die Entwässerungsrinnen in Schuß gehalten werden. Einige Kilometer weiter, stehen Arbeiter mit Motorsägen und schneiden die Bäume um, wieder einige Meter weiter bohrt jemand Löcher in den Boden, die Masten liegen daneben. Der Norden wird mit Strom versorgt!!

Ein verlockendes Angebot an Gemüse, wir sind bereits in Nimba, der Provinz im Nordosten von Liberia - wir halten an und kaufen jeder Verkäuferin ein bißchen was ab, sodass jede etwas Geschäft macht. Süßkartoffel, lokale Kartoffel, Auberginen, Chilis, Tomaten und einen Kürbis - das wird einen schmackhaften Eintopf ergeben und unser Gemüsekeller ist wieder gut gefüllt.

Wir erreichen die letzte größere Stadt namens Ganta. Die Asphaltstraße geht weiter hoch nach Guinea. Doch wir wollen in die Elfenbeinküste. Wir vertanken unsere letzten Liberia Dollar. Beim Bezahlen bettelt ein junger Mann Wolfi an und er fragt ihn: "Are you from Sierra Leone?" Und tatsächlich ist der bettelnde Bursche aus dem Nachbarland. Auch der Tankwart beginnt zu lachen, als Wolfi ihm erzählt, dass wenn wir in Liberia angebettelt wurden, es immer nur Menschen aus SL waren. Bei den Polizeikontrollen im Lande werden wir nie nach Geld gefragt!!! Auch wird nie eine Liste von Dingen abgearbeitet, was wir alles dabeihaben müssten. Alles läuft sehr freundlich und korrekt ab.
Wir fragen nochmals nach dem Weg, denn in der Landkarte sind 2 Grenzübergänge mit jeweils "roter Straße" eingezeichnet. "Gerade aus weiter bis Sanniquellie, dann rechts die Piste abbiegen bis zum Dorf Loe Lay und dann links der nächsten Piste folgen. Das ist der Weg zum Hauptgrenzübergang." Die Piste beginnt sofort nach dem Ortsende und die rote Straße ist tasächlich rot - rote Erde.

Bis Sanniquellie ist die Piste recht gut, es wird an einer neuen Straße gebaut. In der Ortschaft biegen wir dann rechts in eine schmale Urwaldpiste ab - das ist die Hauptverkehrsroute nach Cote d`Ivoire?? Es gibt kaum Grenzverkehr, die meisten die uns entgegen kommen, fahren heim in ihre Dörfer. Es regnet wieder mal, einige kleine Lkws sind hängengeblieben. Auch wenn ein technisches Problem auftritt, wird es vor Ort repariert und so parken sie dann oft für Tage am Straßenrand, je nachdem wie lange es dauert, die notwendigen Teile aus der nächstgrößeren Stadt zu besorgen. Es geht durch kleine ursprüngliche Dörfer, deren Lehmhäuser oft vom vielen Regen beschädigt sind. Die Nacht verbringen wir mitten im Dschungel.


Der Regen hat aufgehört, doch die lehmige Piste ist recht rutschig. Wir befinden uns in einer wunderschönen Hügellandschaft mit vielen Teakbäumen, großen Urwaldriesen, Palmen und Bambussträuchern. Die langen Auf- und Abfahrten stellen für die überladenen Lkws eine Herausforderung dar. Vor uns steckt ein Renault schon seit einer Stunde fest. Auf der glatten Piste ist ihm das Heck weggedriftet und die Böschung hat ihn vor schlimmeren bewahrt. Ein Moped ist unterwegs, um vom nächstgelegenen Dorf Grillkohle zu besorgen. Grillkohle - wollen die nun ein Barbecue veranstalten?? Nein, diese wird dann als "Antirutschhilfe" auf die voher vom nassen Schlamm befreite Spur, gestreut. Meter für Meter kämpfen sie sich nun so vorwärts, bis endlich die Kuppe erreicht ist. Oben warten wir schon hinter 2 anderen Fahrzeugen um die Rampe hinuntergleiten zu können.


Das Moped ist fast das verlässlichste Fahrzeug in der Regenzeit. Ob 3 Ziegen, 9 Kisten Bier, 5 Personen oder 120kg Bananenstauden - man kann schon einiges damit transportieren, mit gemeinsamer Manneskraft kann man es die rutschigen Hügel raufschieben und schnell und wendig ist man auch, wenn im Zickzackkurs die Wasserlöcher umfahren werden müssen.
Das Buschtaxi vor uns hat einen Platten, genau mitten in der Fahrbahn. Wieder ist Warten angesagt, mittlerweile sind wir damit auch schon fast so gut wie die Afrikaner selbst. Das gesamte Gepäck muss erst mal abgeladen werden, um den Pickup aufbocken zu können, damit man zum kaputten Reifen kommt.
Ein paar Kilometer weiter: Oje, wieder ein Lkw von der Piste abgekommen. Dieser ist seitlich so sehr weggerutscht, dass er schließlich gekippt ist. Zum Glück ist bereits ein Grader im Einsatz, der die Piste verbreitert hat und nun eine Fläche ebnet, um den Sattelzug wieder aufzustellen. Wir können daran vorbeifahren und auch die Auffahrt ist neu gerichtet. Und selbst wenn man es kaum glauben kann, aber ALLE müssen auch über diese zugewachsene Brücke...


Nach ca. 80km recht nasser Piste erreichen wir die Grenze. Zuerst parken wir uns auf dem Hauptplatz ein, um etwas zu Kochen, denn hungriger die Grenze zu queren, ist keine gute Idee - man weiß ja nie, was kommt. Doch alles verläuft rasch und unkompliziert, die nette Chefin von der Immigration bedankt sich sogar noch für den Besuch in ihrem Land und wünscht uns eine gute Weiterreise.

 

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