Laos, der Norden

 

Hier ein Bild zur gefahrenen Strecke, hoffentlich funktioniert es so, denn leider hat Googlemaps sich verändert und deshalb wissen wir noch nicht, wie es sich auswirkt. Ihr könnt in die Karte klicken und diese dann in die gewünschte Position bringen, verkleinern oder vergrößern.

 

 

Wir verlassen Luang Prabang und fahren nordwärts dem Fluß Ou entlang auf der Hauptstraße Nr. 13, die nach China führt. Entlang der Hauptstraße leben viele Menschen, bedeutet doch die Straße Fortschritt und eine Erleichterung in deren Leben. Üppige grüne Hügel, dazwischen wird Reisanbau betrieben, es wachsen Bananenstauden, Mais, Tabak und Bohnen und des öfteren sieht man Wasserbecken, in denen Fische gezüchtet werden.


Die letzen 90km vor Oudom Xay ist ein wahrer Höllenritt. Auf der Asphaltstraße ist kaum mehr Asphalt vorhanden, eine Schlaglochpiste sondergleichen. Doch die Landschaft entschädigt für vieles. Wir fahren durch Dörfer, wo die Menschen noch ein einfaches, aber körperlich schweres Leben haben. Schule ist nicht selbstverständlich, meistens müssen die Kinder zu Hause beim Arbeiten helfen. Schweine und Hühner laufen frei auf der Straße herum. Ihre kleinen Gemüsegärten haben sie auf Stelzen gebaut, ähnlich wie bei uns die Hochbeete, damit es für die Tiere unerreichbar bleibt.

Man kann den Menschen beim täglichen Leben zusehen. Es wird neben der Straße Papier aus Maulbeerbaumrinde hergestellt oder schöne Körbe, Hocker oder Tische geflochten.

In Oudom Xay parken wir auf einem Volleyballfeld. Während die Männer auf dem Markt nach Gemüse und Obst Ausschau halten, machen sich Marja und Verena auf dem Weg in das Dampfbad. Ein primitiver Bau, von außen würde man nie erahnen, dass sich darin ein Massagesalon und ein Dampfbad befindet. 52.000 Kip (ca. 5,-€) Eintritt bezahlen wir und keine 5 Minuten später liegen wir schon auf einer Matratze in einem abgetrennten Raum und lassen uns von einer Laotin durchkneten.
Das Dampfbad ist ein winziger Raum mit einer Holzbank, auf denen max. 6 Frauen Platz haben. Draußen werden große Töpfe mit Wasser auf offenem Feuer erhitzt, durch den Schlauch wird der Dampf in das Innere gebracht, wo wir sitzen und schwitzen. Daneben ist eine kleine Kammer für die Männer. In den Pausen stehen große Kannen voll mit Tee bereit. Alles sehr primitiv und einfach, dennoch ein Genuß, wenn nur nicht Schuhverbot wäre..............barfuß in der Schwitzkammer - hoffentlich lässt der Pilz nicht grüßen!

Ganz Oudom Xay ist in chinesicher Hand. Die chinesischen Schilder, Restaurants und Hotels zeugen davon. Da Laos in Sachen Infrastruktur noch alles braucht, steht China nicht mehr vor den Toren, sondern ist längst einmarschiert und baut nun die Straßen und vieles mehr für die Laoten. Dafür dürfen sie Holz von den Wäldern nehmen, die Hügel roden, um Bananen anzubauen und die Dörfer werden von chinesischen Produkten regelrecht überschwemmt. Man sieht mehr chinesische als laotische Lkws fahren. Wenn diese eine Werkstatt aufsuchen müssen, fahren sie nicht in die laotische, nein, es werden chinesische Werkstätten eröffnet.


Am lokalen Markt gibt es nur eine kleine Auswahl an Lebensmitteln. Wenn man Glück hat und Bananen am Markt findet, dann sind sie klein, braun und verschrumpelt. Entlang der Straße sieht man genug Bananenplantagen. Chinesische Arbeiter machen blaues Plastik über die Früchte, um sie vor Vögel und anderen Tieren zu schützen, damit sie hier Exportqualität produzieren können.

Je weiter wir in den Norden vordringen, umso ländlicher wird die Gegend. Hier leben viele Bergstämme und die wollen wir sehen. Ethnografen haben mehr als 100 verschiedene Stämme nachweisen können.
Im Ort Pak Nam Noi stoppen wir, um unsere Lebensmittelvorräte aufzustocken. Das ist gar nicht einfach. Es gibt Kraut, verschiedene Wurzeln, mit denen Verena nichts anfangen kann, ein paar Bananen und Rhambuthan, gegrillte Ratten oder noch lebendige Insekten. OK, wir verzichten in den nächsten Tagen auf Fleisch.
Wir setzen uns in ein Restaurant und beobachten das Geschehen. Neben uns hockt ein junger Bursche auf einem Schemmel und sortiert die große Box an Insekten. Den Grillen schneidet er unter Zirpen die Flügel ab, den Grashüpfern reisst er die Beine aus und die verschiedenen Käfer lässt er zum Teil ganz.
Die Frauen vom Ko Loma Volk, gekleidet in ihren traditionellen Kleidern, bieten Produkte vom eigenen Garten an oder auch selbstgemachten Schmuck. Die bunten Armbänder sind sehr nett und Verena kauft sich eines.

Seit 15 Jahren gibt es eine Straße nach Phongsaly. Dadurch hat sich für die Einheimischen viel verändert, in positiver Art und Weise. Für uns Touristen natürlich eher im negativen Sinne, da viel von der Ursprünglichkeit verloren gegangen ist.
Wir kommen nur langsam weiter. Die Straße kann nach jeder Kurve für Überraschung sorgen. Teilweise ist die komplette Fahrspur weggebrochen oder unterspült, große Felsbrocken liegen auf der Straße, tiefhängende Äste oder Wasserbüffel, die die Straße kreuzen oder auch Menschen, die auf der Straße ihre Waren anbieten oder einfach einen Fisch grillen. Alles ist möglich.
Die Landschaft ist grandios. Grüne Hügel, tiefer Dschungel, der Fluß maändert der Straße entlang.

Plötzlich passiert uns das, was sich absolut keiner wünscht. In einer langgezogenen Linkskurve auf der schmalen Bergstraße, nur 11 km von unserem Ziel entfernt, kommt ein Toyota Pickup runtergeschossen. Der junge Fahrer ist viel zu schnell unterwegs, erschreckt sich, als er den Amigo sieht, bremst und knallt voll in uns hinein. Durch das Bremsen blockieren die Reifen, er kann nicht mehr lenken und verfängt sich im Hinterrad. Den Toyota katapultiert es in den Graben. Wolfi hilft dem Fahrer aus dem Auto, die anderen beiden Jungs stehen schon auf der Straße. Der Fahrer dürfte durch den Aufprall auf das Lenkrad geknallt sein. Bei manchen Ausführungen gibt es keinen Airbag. Ein bißchen benommen und leicht schockiert setzt er sich ins Gras neben der Straße und stammelt sorry, sorry. Zum Glück ist den Insassen nichts schlimmes passiert.

Wolfi parkt den Amigo an den Rand, um einen weiteren Zusammenstoss und ein Verkehrschaos zu verhindern, denn schon kommt der nächste Kamikaze den Berg runter. Im ersten Moment scheint Amigo nicht so viel abbekommen zu haben. Doch bei genauerer Betrachtung kommt das volle Ausmaß des Schadens ans Licht. Durch den gewaltigen Impakt hat es beim Amigo die Aufhängung der Federung ausgerissen und den Kotflügel verunstaltet. Die Hinterachse wurde nach hinten verschoben, wobei die Edelstahlstaubox eingedrückt wurde. Der neue Reifen ist komplett aufgeschlitzt und verliert seine Luft, der Wagenheber kommt grade noch rechtzeitig unter die Achse.

An ein Weiterfahren ist nicht zu denken, da die Achse schief steht, der Amigo hinten links runterhängt und der Reifen noch dazu einen Platten hat. Als die Polizei den Unfall aufnimmt, wird Wolfi der Pass abgenommen. Das dient als Sicherheitsleistung, bis die Unfallverhandlungen abgewickelt werden. Die Polizei macht uns deutlich, dass wir auf das 11 km entfernte Polizeirevier fahren sollten, um den Unfallhergang auf Papier zu bringen. Zum Glück sind wir mit unseren holländischen Freunden Marja & Paul unterwegs. Mit ihrem Auto Wobbel machen wir uns auf den Weg in die Stadt. Es ist bereits 18.00 Uhr, die Suche nach dem Poliezeirevier gestaltet sich als äußerst schwierig. Wir können die laotische Gekringelschrift nicht lesen, die Menschen verstehen kein Wort Englisch. "Morgen 9.00 Uhr" hören wir immer wieder. Nach einem Essen in der Stadt kehren wir zum Amigo zurück. Marja & Paul parken nicht weit weg von uns, abseits der Straße.
Auf dem Schock trinken wir ein paar Gläser und überlegen bereits, was wir morgen machen werden. Da Amigo mitten auf der Straße steht, hat dieser Priorität und die Jungs beschliessen, zuerst Amigo zu reparieren und danach erst auf das Polizeirevier zu fahren. Die Nacht verbringen wir im bergaufstehenden Amigo auf der Straße, wir schlafen nicht gut...

Die Straße ist 4,07m breit, der Amigo misst 2,50m, also sind wir über der Mitte gewesen und daher haben wir Schuld, Tempolimit gibt es keines - so erklärt uns die Polizei am nächsten Tag in der Bretterbude, in welcher die Verhandlungen stattfinden. Zum Glück ist zu dem Zeitpunkt der Amigo schon wieder fahrbereit, denn am frühen Morgen fangen Wolfi und Paul bereits an, den kaputten Reifen zu wechseln und dann den Amigo hinten anzuheben, um die Federlager wieder einrichten zu können. Gleichzeitig muß die Hinterachse wieder nach vorne gezogen werden. Als sie gerade so beim Arbeiten sind, kommt ein Kranwagen vorbei, der den kaputten Toyota aufladen will. Der Fahrer erklärt sich sofort bereit, unseren Amigo hinten anzuheben, sodass wir uns sehr viel Zeit und mühevolle Arbeit ersparen. So ist die Arbeit schneller erledigt, als gedacht und Amigo wieder fahrbereit.


Mittags sind wir fertig und können die restlichen 11 km nach Phongsaly fahren. Dort parken wir direkt vor der Parteizentrale der kommunistischen Partei von Laos. Am erstem Tag der außergerichtlichen Verhandlungen sind 5 Polizisten, die 3 Jungs aus dem Auto, die Eltern des Fahrers und wir am Polizeirevier, sprich Bretterbude, anwesend.

Die Polizei gibt 4 Möglichkeiten vor, die uns der beigestellte Dolmetscher übersetzt:

1. 50:50 Schuld
2. 2/3 zu 1/3 Schuld
3. wir sollen eine Summe vorschlagen, die wir zahlen wollen
4. die Angelegenheit wird ans Gericht weitergegeben und das dauert in Laos einige Zeit, wobei wir dann sowieso die Schuld aufgebrummt bekommen, und weiter
5. die 3 Insassen würden sich einer Untersuchung im Hospital unterziehen.

Es erklärt sich der Vater vom Unfalllenker, der von einem familiären Verhältnis zwischen ihnen, der Polizei und uns spricht, bereit, einen Teil der Schuld zu Übernehmen, 2/3 zu 1/3 hätten wir Schuld meint er. Wir wollen 50:50, da ja der Sohn viel zu schnell gefahren und durch sein Bremsen in unseren Lkw reingeknallt ist. Das kommt gar nicht in Frage für den Vater, da ginge er lieber vor Gericht und er verlässt zornig die Verhandlung. Wir lassen uns den Führerschein des Jungen zeigen und staunen nicht schlecht, als er uns so einen laminierten Wisch zeigt. Das sei ein vorläufiger Führerschein, denn nach einem Jahr bekommt man aus der Hauptstadt Vientiane dann den Originalen zugeschickt, das ist dann einer im Scheckkarten-Format, so wie bei uns auch. Wir glauben das nicht so recht und fotografieren ihn ab.

 

Wir vereinbaren einen neuen Termin für den nächsten Nachmittag - Donnerstag. Recherchen bei Leuten, die wir in Laos bereits getroffen haben, bringen uns die Erkenntnis, dass der Ausweis des Jungen OK ist. Dass wir Ausländer (auf laot. Falang), die Blöden sind und zahlen müssen, ist uns ziemlich klar. Es geht eigentlich nur darum, wieviel. Wir machen uns im Internet schlau, was denn so eine Reparatur von einem Toyota kosten könnte und stellen eine Schadensaufstellung für den Amigo auf. Wir rechnen mit dem schlimmsten, dass sie eine utopische Summe auf dem Kostenvoranschlag der Werkstatt schreiben werden.
Die Jungs haben keine Verletzungen durch den Unfall erlitten, das haben die Untersuchungen im Hospital ergeben. Ihre Summe, ca. 6.000,-USD (50.500.000,-KIP) sind erstmal nicht so wild, wie wir dachten. Wir haben 3.000,-USD Schaden, die Summen werden addiert. Laut Adam Riese macht das dann 3.000,- Dollar für die Laoten aus, welche wir zu zahlen hätten, da wir 2/3 der Schuld haben. Aber nicht so in Laos. Es wird vom Polizisten gerechnet und es kommt eine Summe raus, die alle im Raum erstaunt..... Irgendwann nach ca. einer Stunde, kommen sie auf 6.000,- und 3.000.- und erklären, das wir 6.000,- USD zahlen müssen, die Laoten nichts. Wir geben uns damit nicht zufrieden, denn wir hätten ja auch Schaden und der Unfallgegner hätte ja ein Drittel Schuld. Auf dem Tisch stehen Wasserflaschen und wir erklären ihnen mit Hilfe von 3 Flaschen, wie das mit 1/3 und 2/3 funktioniert. Der Dolmetscher übersetzt die Volksschulaufgabe und die Laoten schauen erstaunt drein. Sie beharren darauf, dass nur wir bezahlen müssen, denn wir haben mehr Schuld. Achso, dann geben wir gar keinen Schaden an und die Summe reduziert sich auf 6.000,- und wir zahlen 4.000,- schlagen wir vor. Nein, dass geht auch nicht. Erst nachdem sie Hilfe aus dem Hauptquartier bekommen, wird die Sache nochmals neu durchgerechnet. Sie wollen 33.666.000,- laotische KIP (4.208,-USD) für den Unfall. Ansonsten treffen wir uns am Montag im Hauptquartier der Polizei wieder und die Angelegenheit wird offiziell.

Was würde passieren? Das Land ist definitiv etwas korrupt. Der Vater des Unfallgegners ist Polizist. Wir haben noch eine gute Woche Visum in Laos. Wie viele Dollar müssten wir am Gericht hinterlegen, um unseren Pass zurück zu bekommen und weiterfahren zu können? Besteht eine reelle Chance, dass wir vor Gericht nur 50:50 Schuld zugesprochen bekommen, denn auf mehr wollen wir nicht einmal in unseren kühnsten Träumen hoffen.
Verena geht zum Auto und legt 2.000,- USD (16.000.000,-KIP) auf den Tisch. Das zeigt absolut keine Wirkung bei den Laoten, sie rücken nicht von ihrer Summe ab. Nach längerem Hin und Her schlagen wir ihnen vor, dass wir bereit wären 30.000.000,- (3.750,-USD) zu bezahlen. Auch das wird von ihnen abgelehnt. Erst als die Polizei ihre "Felle" davonschwimmen sieht, reden sie auf die Unfallgegner ein und schließlich, erklären sie sich einverstanden.

Am nächsten Morgen versammeln wir uns wieder in der Baracke. Die Polizei füllt die Verträge in Lao und Englisch aus, wir unterschreiben. Die Mutter bringt Trinkwasserflaschen für alle mit. Sie erzählt etwas und alle lächeln, außer uns, wir verstehen ja nichts. Wir lassen es uns übersetzen und der Dolmetscher sagt uns, dass sie darüber reden, dass wir gestern nur eine Flasche Wasser für uns mitdabei gehabt hätten. Darauf antworten wir, dass bei uns zu hause die Polizisten genug Geld verdienen würden, dass sie sich ihre Getränke selber bezahlen könnten. Darauf senken sich die Köpfe der Beamten Richtung Tischplatte....
Der Polizist hält noch eine Ansprache über das freundschaftliche Verhältnis von Laos zu seinen vielen Gästen. Er hoffe, auf weiterhin gutes Zusammenleben mit den "Falang" und entschuldigt sich noch, für die verlorene Zeit, die wir hatten. Wir lassen ihm übersetzen, dass wir in Laos ohnehin nicht wahlberechtigt seien. Da ja wir die ganze Show hier bezahlen, wollen wir keine Propagandareden hören. Darauf spricht noch die Mutter des Unfallgegners ein paar Worte und entschuldigt sich für die Unannehmlichkeiten und den Zeitverlust, den wir hatten. Es dauert noch bis um 11.00 Uhr, bis die ganzen Zettel ausgefüllt und unterschrieben sind. Marja & Paul unterschreiben auch als Zeugen, sie haben uns in den letzten Tage wirklich viel geholfen, haben uns beigestanden und uns aufgemuntert. Danke Euch beiden!!!
Nachdem auch noch der Chef der Stadt seinen Sanktus auf die Papiere gesetzt hat und Wolfi seinen Pass wieder hat, überreichen wir der Polizei die 30.000.000.- KIP. 3 Polizisten zählen die 3 dicken Bündel zu je 100 Scheinen. Nur einer von ihnen bringt es ohne zu stocken fertig, bei den anderen beiden ist bei ca. 60 der Wurm drinnen.
Nachdem endlich alles erledigt ist, spricht Wolfi noch über den Dolmetscher zur Mutter. Sie solle ihrem Sohn nahelegen, dass er großes Glück hatte, den Unfall mit einem Lkw überlebt zu haben. Dass er froh sein kann, den Unfall mit einem "Falang" gehabt zu haben. Wenn er das nächste Mal auf einen Laoten trifft, wird es wahrscheinlich nicht so günstig für ihn ausgehen. Die Mutter bedankt sich noch mehrmals, wir verabschieden uns von ihr und verlassen mit einer Erfahrung reicher und 2.700,- Euro ärmer die Bretterbude.

Phongsaly liegt auf 1.400m Seehöhe. Verena muß ihren Kopf ein wenig frei bekommen und steigt den Berg zur Stupa hoch, wo sie mit einem schönen Blick auf die Stadt belohnt wird. Auch Apollo freut sich über die Abwechslung, wurde er doch in den letzten Tagen etwas vernachlässigt.


Die Altstadt ist absolut nichts Besonderes und wir vier haben alle das Gefühl, die Stadt so schnell wie möglich verlassen zu wollen. Wir fühlen uns nicht willkommen, ziemlich ausgenutzt und verletzt. Also packen wir zusammen und machen uns auf den Weg, den Berg hinunter. Die ersten Kilometer krallt Verena ihre Fingernägel in den Sitz, wenn in einer unübersichtlichen Kurve ein Fahrzeug etwas schneller dahergefahren kommt. Durch das Beobachten der Menschen, wie sie neben der Straße leben und wohnen, verdrängt die Neugierde langsam wieder die Angst.

 

Nach ca. 40 km erreichen wir die erste Kreuzung. Wir wollen uns um eine Werkstätte umschauen. Amigo wurde so weit gerichtet, dass wir wieder fahren können. Nun sollten die restlichen "Feinarbeiten" erledigt werden. Eigentlich sind wir immer darauf bedacht, die hiesige Bevölkerung zu unterstützen, aber die chinesischen Werkstätten sind einfach besser ausgestattet und etwas arbeitswilliger. Man darf sich vom ersten Eindruck nicht täuschen lassen. Wir suchen nicht die schönste Werkstatt, sondern eine, die auch Werkzeug hat.

Die Federbrieden müssen geöffnet und geradegebogen werden, die Bolzen der Federaufhängung, die wir provisorisch gerichtet haben, brauchen wir neu, der Kotflügel und die Staubox sollen auch angepasst werden. Während die Jungs mit den Brieden beschäftigt sind, tauschen Wolfi und Paul die Schrauben und dengeln die Staukiste aus. Mit Hilfe einer Hydraulikpresse wird sie wieder in Form gebracht, sodass sie wieder schließt. Wenn wir auf einen Edelstahlschweißer treffen, werden wir die Naht schweißen lassen. Aber bis dahin, muß es so halten.
Das 2. Reserverad wird auch getauscht, sodass wir nun vorne die 2 neuen und hinten die 2 alten Reifen fahren. Die Achse wird in Position gebracht, die Federbrieden wieder eingebaut und angezogen. Sie sind zwar noch immer gebogen, aber bei weitem nicht mehr so schlimm, wie vorher.

Nach 3 Stunden Boxenstopp sind wir wieder auf Achse und suchen uns einen ruhigen Platz zum Nächtigen, denn in der Nähe der Karaokebars will niemand von uns, auch nur noch eine Stunde länger bleiben...

 

Am nächsten Tag suchen wir uns auf dem Weg zurück in den Süden ein Platzerl an einem Fluß, wo wir noch ein paar gemeinsame Tage mit Marja & Paul verbringen wollen, bevor sich unsere Wege nun endgültig trennen. Wir werden fündig und stehen idyllisch neben einem Wasser auf einer kleinen Wiese, etwas weg von der Straße.
Hier können wir die ganze Geschichte etwas verdauen und verarbeiten, waren die letzten 5 Tage doch sehr stressig. Wir sind erleichtert, dass alles vorbei ist. Natürlich ist es viel Geld, aber Geld ist auch nicht alles im Leben! Es hätte noch viel schlimmer kommen können, wären die Jungs verletzt oder gar getötet worden. Wir richten unseren Blick wieder nach vorne.

Wolfi ist noch immer mit Schadensbehebung beschäftigt. Die Werkzeugboxen aus der Staubox sehen etwas mitgenommen aus. Sie werden mit Alublech ummantelt und geklebt.

Nicht weit von hier muß ein Dorf sein, denn viele Frauen kommen hierher, um sich zu Waschen. Eine ist ganz neugierig. Verena ist gerade mit dem Wäsche waschen fertig und so trifft es sich gut, dass sich die Frau die Faltschüssel ausborgen kann und sogar Waschpulver bekommt. Waschmittel ist purer Luxus, den sie sich nicht immer leisten können. Vielleicht weil wir so freundlich zu ihr sind, wird sie nun richtig neugierig und traut sich näher an die Fahrzeuge ran. Ganz gespannt schaut sie auf Pauls Laptop und schnorrt nach Zigaretten.
Viele Frauen sind mit Tragkörbe unterwegs. Sie wollen uns Rhambutan verkaufen. Aber diese sind noch nicht reif und so sauer, dass es die Flip-Flops in die Höhe biegt. So müssen wir leider ablehnen.


Wir beobachten die kleinen Jungs, die jeden Tag hierher zum Fluß kommen, um mit Taucherbrille und kleinen Speeren nach Fischen zu angeln. Barfuß waten sie im seichten Wasser, ein paar Jungs schlagen mit Stöcken auf die Wasseroberfläche, um die Fische in eine Richtung zu locken, die anderen marschieren gebückt mit dem Gesicht unter Wasser, auf der Suche nach den Fischen. Erblicken sie einen, stossen sie mit ihrem Speer mit großer Geschwindigkeit zu, sodass sie meist als Sieger aus dem Kampf hervorgehen.
Wahrscheinlich werden sie zu Hause nur Klebreis bekommen. Um den mageren Speiseplan etwas aufzupeppen und auch, um für die Familie einen Beitrag zu leisten, kommen sie jeden Nachmittag hierher. Winzige Fische oder Frösche, alles was sie zwischen den Fingern kriegen, nehmen sie als Beute mit. In Laos gibt es kaum mehr Vögel, denn auch diese sind günstige Eiweißlieferanten für die Einheimischen.
Irgendwie macht es uns traurig, zu sehen, dass die kleinen Kinder arbeiten müssen, um ihr Leben erträglicher zu machen. Wolfi freundet sich mit ihnen an und probiert den wissbegierigen Kindern Englisch beizubringen. Sie widerholen alles, was ihnen Wolfi vorspricht. Sie merken sich ziemlich schnell die Wörter und probieren es nun andersrum, Wolfi das Laotische näher zu bringen. Zum Abschluß gibt es auch noch einen gemeinsamen Tanz.

Marja & Paul haben uns bereits verlassen. Auch wir machen uns auf den Weg in den Osten von Laos. In der Stadt Muang Khua wollen wir Martina treffen. Sie kommt aus Deutschland und ist ganz alleine mit ihrer Hündin Perla mit einem Toyota Land Cruiser unterwegs. Geimeinsam wollen wir probieren, nach Vietnam rein zu kommen.

Aber zuerst müssen wir uns nochmals um eine Werkstatt umsehen, denn die Hinterachse hat sich wieder um 2cm verschoben. Das ist nicht sehr schlimm, aber die Reifen werden dadurch sehr schnell abgefahren. Da keine Werkstatt zu finden ist, suchen wir einen ebenen Platz, außerhalb der Stadt und versuchen es selber, mit dem kurz davor gekauften 36er Schlüssel. Mit dem großen Schraubenschlüssel werden die Muttern der Federbrieden geöffnet. Mit einem Ratschengurt und Wolfis vollem Körpereinsatz bringen wir die beiden Achsen wieder in den gleichen Abstand. Auch die Spurstange ist ein klein wenig verbogen und wird neu eingestellt.

Am Markt kaufen wir noch Lebensmittel für die Weiterfahrt ein. Gegrillter Bambus, etwas Gemüse, Eier und laotisches Bier, das übrigens ausgezeichnet schmeckt. Wie schön, dass wir ein großes Gefrierfach im Kühlschrank haben, so müssen wir nicht komplett auf Fleisch verzichten. Wir haben das Fach in Thailand prall gefüllt. Wolfi hätte ja weniger Probleme mit dem Fleisch hier in Nordlaos während Verena lieber darauf verzichtet.

Es sind noch 3 Tage und ca. 40 km bis zur Grenze. Übernächtigungsplätze sind in den Bergen Laos schwierig zu finden. Die Hauptstraße ist geteert, es gehen so gut wie keine Seitenstraßen weg, nur kleine Pfade, die die Menschen nehmen, um in die Dörfer auf den Bergen zu gelangen. Hin und wieder findet man Pisten, die zum Fluß runterführen, wo sie die Klein-Lkws mit Steinen laden.
Einige Dörfer liegen auf der gegenüberliegenden Seite des Flußes. Es werden Bambusbrücken gebaut, auf denen man max. mit einem Motorrad queren kann.

Es ist Sonntag der 18. Mai. Wir erreichen die nördlichste Grenze in Laos nach Vietnam. Unser vietnamesisches Visum läuft ab Morgen. Also werden wir die Nacht hier an der Grenze verbringen, um am nächsten Tag gleich in der Früh einreisen zu können. Was ist nun so besonders an Vietnam?
Sie wollen keine ausländischen Fahrzeuge ins Land lassen. Dafür braucht man eine temporäre Fahrerlaubnis, vietnamesische Nummerntafeln, der Führerschein wird umgeschrieben und man braucht ein Import-Export-Transit paper. All das muß man in der ersten Provinzhauptstadt bei der Polizei und dem örtlichen Transportministerium erledigen. So die Theorie.
Verena bleibt bei den Hunden und den Fahrzeugen, während Wolfi und Martina es versuchen, in die Provinzhaupstadt zu gelangen und all die Papiere zu besorgen.
Persönlich kennen wir keine Overlander, die es in den Vietnam geschafft haben. Nur vom Hören sagen wissen wir von jemanden, die vor 4 Jahren all die Papiere für ihr Fahrzeug besorgen konnten.
Also sind wir gespannt, wo wir in den nächsten Tagen sein werden. Ob wir in den Vietnam einreisen dürfen, was einfach supergeil wäre, oder ob wir wieder zurück nach Laos müssen.

 

LAOS: Mitte

 

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